Entscheidungsstichwort (Thema)
Anerkennung und Entschädigung von Gesundheitsstörungen als Folgen eines Arbeitsunfalls. ausschließlicher Schutz des Gesundheitszustandes der vor dem Unfall bestand
Orientierungssatz
1. Im Hinblick auf den Schutzzweck der gesetzlichen Unfallversicherung ist jeder Versicherte grundsätzlich in dem Gesundheitszustand geschützt, in dem er sich bei Eintritt des schädigenden Ereignisses befunden hat.
2. Einbezogen sind alle im Schädigungszeitpunkt bestehenden Schadensanlagen und konstitutionellen Schwächen, die selbst noch keinen Krankheitswert aufweisen.
3. Es kommt allein darauf an, ob der unfallbedingte Kausalanteil an der eingetretenen Gesundheitsstörung als wesentlich zu bewerten ist.
4. Eine Krankheitsanlage war dann von überragender Bedeutung, wenn sie so stark oder so leicht ansprechbar ist, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlich äußerer Einwirkungen bedarf, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu etwa derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte.
5. War die Krankheitsanlage von überragender Bedeutung, so ist die versicherte naturwissenschaftliche Ursache nicht als wesentlich anzusehen und scheidet als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts aus; sie ist dann bloß eine so genannte Gelegenheitsursache (Anschluss: BSG, 2005-04-12, B 2 U 27/04 R, BSGE 94, 269).
6. Um diese wertende Gegenüberstellung vornehmen zu können, müssen die konkurrierenden Ursachen zunächst sicher feststehen. Ebenso wie die betriebsbedingte Ursache müssen auch die körpereigenen Ursachen erwiesen sein.
7. Kann eine Ursache nicht sicher festgestellt werden, stellt sich nicht einmal die Frage, ob sie im konkreten Einzelfall auch nur als Ursache im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne in Betracht zu ziehen ist.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Anerkennung und Entschädigung von Gesundheitsstörungen als Folgen eines Arbeitsunfalls.
Der am 14. Dezember 1965 geborene Kläger ist Containerbrückenfahrer. Am 17. Mai 2010 kam es zu einem so genannten Notstopp der Containerbrücke, wobei nach den Angaben des Klägers sein Kopf vor- und zurückgeschleudert wurde.
Am 25. Mai 2010 stellte sich der Kläger bei den Durchgangsärzten Dres. D. vor, die einen leichte Distorsion der Halswirbelsäule (HWS) diagnostizierten. Von der HWS angefertigte Röntgenaufnahmen waren ohne Befund. Es ließen sich keine neurologischen Ausfälle diagnostizieren. Es bestand etwas Bewegungsschmerz der HWS und die Rotation nach links und rechts waren im HWS-Bereich endgradig eingeschränkt. Da der Kläger über anhaltende Beschwerden im Bereich der HWS klagte, fertigte der Radiologe Dr. E. am 07. Juni 2010 Magnetresonanztomographie (MRT)-Aufnahmen der HWS an. Er diagnostizierte eine Fehlhaltung der HWS mit Kyphosierung und leichter rechtskonvexer Skoliose. sowie einen älteren überbrückten Bandscheibenvorfall im Segment C4/C5 mit rechtsseitiger Einengung des Neuroforamens und eine deutliche Einengung des Spinalkanals im Segment C5/C6. Des Weiteren fand sich auf den Aufnahmen ein Bandscheibenvorfall im Segment C6/C7 mit Nervenwurzelkontakt C7. Dr. D. führte die deutliche Einengung des Spinalkanals nicht auf den Unfall zurück und führte aus, dass sich keine Hinweise für eine frische knöcherne oder sonstige posttraumatische Läsion ergäben. Am 09. Juli 2010 stellte sich der Kläger beim Neurochirurgen Dr. F. vor, der nur leichte allgemeine degenerative Veränderungen und keine Traumafolgen diagnostizierte.
Die von der Beklagten beratungsärztlich gehörte Frau Dr. G. ging von einer maximalen unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit von 4 Wochen aufgrund einer minimalen Zerrung der HWS aus und begründetet die mit den im MRT gefundenen alten degenerativen Veränderungen, fehlenden frischen verletzungsspezifischen Befunden.
Mit Bescheid vom 10. November 2010 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen über den 14. Juni 2010 hinaus und die Gewährung einer Rente ab. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und fügte ein Attest seines behandelnden Arztes H. bei, der ihm bescheinigte, dass der Kläger vor dem Unfall nicht wegen Beschwerden im Bereich der HWS bei ihm in Behandlung gewesen sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 12. April 2011 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.
Am 16. Mai 2011 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben, mit der er sein Begehren weiter verfolgt.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 10. November 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. April 2011 aufzuheben und festzustellen, dass die bei ihm bestehenden Parästhesien, Schmerzen und Taubheit des linken Armes, Schwindel bei Reklination des linken Armes, Folgen des Arbeitsunfalls vom 17. Mai 2010 sind und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalls eine Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 v. H. zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
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