Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. kein Anfall einer (fiktiven) Terminsgebühr bei Abschluss eines schriftlichen Vergleichs ohne mündliche Verhandlung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine (fiktive) Terminsgebühr fällt nicht an, wenn in einem Verfahren vor dem Sozialgericht, für das eine mündliche Verhandlung vorgesehen ist, ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird (so auch LSG Essen vom 15.5.2008 - L 7 B 63/08 AS; LSG Essen vom 29.8.2007 - L 2 B 13/06 KN; LSG Essen vom 10.5.2006 - L 10 B 13/05 SB = AGS 2006, 441; LSG Schleswig vom 14.11.2007 - L 1 B 513/07 R SK = SchlHA 2008, 428; LSG Erfurt vom 19.6.2007 - L 6 B 80/07 SF = ASR 2008, 52; SG Stuttgart vom 12.6.2008 - S 12 KR 945/08 KE; SG Stuttgart vom 2.4.2008 - S 15 SO 1384/08 KE; SG Stuttgart vom 2.7.2007 - S 3 SB 3709/07 KO-A; SG Stuttgart vom 19.4.2007 - S 2 SB 1345/07 KO-A; entgegen SG Stuttgart vom 23.12.2009 - S 6 SB 2031/09 KE).

 

Tenor

1. Auf die Erinnerung des Klägers wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 19.10.2009 abgeändert. Die durch den Beklagten zu erstattenden außergerichtlichen Kosten werden auf 660,45 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 25.06.2009 festgesetzt.

2. Im Übrigen wird die Erinnerung zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Der Kläger begehrt mit seiner am 12.08.2005 durch seinen Prozessbevollmächtigten erhobenen Klage die Übernahme von Kosten zur weiteren Unterbringung und Betreuung in der Therapeutischen Wohngruppe mit integriertem tagesstrukturierendem Angebot in der Behinderteneinrichtung S. über den 01.07.2005 hinaus.

Dies lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 27.06.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2005 ab. Mit seiner am 12.08.2005 beim Sozialgericht Stuttgart erhobenen Klage verfolgte der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, das Begehren weiter und beantragte zugleich die Gewährung von Prozesskostenhilfe.

Am 25.05.2009 stellte der Klägervertreter seinen Antrag um. Er führte aus, sich mit einem Vergleichsvorschlag, welcher der Antragsumstellung entsprach, einverstanden zu erklären. Überdies brachte der Klägervertreter eine später vom Gericht im gerichtlichen Vergleichsvorschlag unter Ziff. 2 aufgegriffene Mitwirkungsobliegenheit des Klägers zur Begutachtung ein. Auch hinsichtlich einer vergleichsweisen hälftigen Kostenquotelung machte er Ausführungen.

Mit Schreiben vom 29.05.2009 unterbreitete das Gericht auf der Basis der Ausführungen des Klägervertreters den Beteiligten einen gerichtlichen Vergleichsvorschlag, welcher eine Verpflichtung der Beklagten begründete, die Kosten für die dem Kläger in der Diakonie S. erbrachten Leistungen für die Zeit vom 01.07.2005 bis zum 31.12.2008 mit einem täglichen Vergütungssatz von 178,56 € endgültig zu übernehmen, dem Kläger eine Mitwirkung zur Begutachtung auferlegte und eine hälftige außergerichtliche Kostenerstattung vorsah.

Der Klägervertreter nahm den gerichtlichen Vergleichsvorschlag am 09.06.2009 und der Beklagte am 10.06.2009 zur Erledigung des Rechtsstreits an.

Am 25.06.2009 beantragte der Prozessbevollmächtigte des Klägers Kostenfestsetzung und zwar bezüglich des sozialgerichtlichen Vorverfahrens und des sozialgerichtlichen Verfahrens in Höhe von insgesamt 1.059,10 €. Dabei rechnete der Prozessbevollmächtigte für das sozialgerichtliche Vorverfahren eine Geschäftsgebühr in sozialrechtlichen Angelegenheiten in Höhe von 400,00 €, eine Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsleistungen in Höhe von 20,00 €. Von den 499,80 habe der Beklagte die Hälfte, daher 249,90 € zu zahlen. Für das sozialgerichtliche Verfahren berechnete er eine Verfahrensgebühr in Verfahren vor den Sozialgerichten in Höhe von 320,00 €, eine Terminsgebühr in Verfahren vor den Sozialgerichten in Höhe von 200,00 €, eine Einigungs- oder Erledigungsgebühr in sozialrechtlichen Angelegenheiten in Höhe von 350,00 € sowie eine Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsleistungen in Höhe von 20,00 €. Von den 1.059,10 € habe der Beklagte die Hälfte, daher 529,55 € zu tragen. Zur Begründung trug er vor, dass die Ausschöpfung der Vergleichs- bzw. Einigungsgebühr gerechtfertigt sei. Diesbezüglich verwies der Klägervertreter auf den Klagebegründungsschriftsatz vom 25.05.2009 sowie den dort enthaltenen Vergleichsvorschlag, welcher letztlich auch zum Abschluss des Vergleiches geführt habe. Auch müsse ihm eine Terminsgebühr gezahlt werden, da es keinen sachlichen Grund dafür gebe, dass ein sozialgerichtliches Verfahren unterschiedlich zu einem Verfahren vor dem ordentlichen Gerichten behandelt werde, wo bei Abschluss eines schriftlichen Vergleiches in Gerichtsverfahren eine Terminsgebühr entstünde. Dies verstoße gegen das Gleichheitsprinzip. Auch der Umstand, dass in Verfahren vor den Sozialgerichten nicht nach Wert-, sondern nach Rahmengebühren abgerechnet werde, sei durch den Inhalt bzw. schwer zu beurteilenden Wert von sozialrechtlichen Streitigkeiten bedingt, gebe jedoch...

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