Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsarzt. Honorarkürzung. Verletzung. Fortbildungspflicht. Verfassungsmäßigkeit des § 95d SGB 5
Orientierungssatz
1. Zur Honorarkürzung wegen Verletzung der Fortbildungspflichten.
2. Die Regelung des § 95d SGB 5 ist verfassungsgemäß.
Tenor
Die Klagen werden abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über eine Honorarkürzung wegen Verletzung der Fortbildungspflicht (§ 95d Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB V) in den Quartalen 1/2010 und 2/2010.
Der 1942 geborene Kläger ist als Arzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe mit Sitz in F. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Auf seinen am 29.05.2009 bei der Beklagten eingegangenen Antrag auf Fristverlängerung für den Nachweis der Fortbildungsverpflichtung um anerkennungsfähige Fehlzeiten wegen einer Erkrankung vom 15.08.2007 bis 06.12.2007 verlängerte die Beklagte mit bestandskräftigem Bescheid vom 29.06.2009 die Frist für den Nachweis der Erfüllung der Fortbildungsverpflichtung bis 31.10.2009. Die Verlängerung erfolgte um vier Monate entsprechend der nach dem vom Kläger eingereichten Attest des Dr. J. bestehenden Arbeitsunfähigkeit vom 15.08.2007 bis 20.12.2007.
Mit Honorarbescheid vom 15.07.2010 für das Quartal 1/2010 nahm die Beklagte wegen des fehlenden Nachweises der fehlenden Erfüllung der Fortbildungspflicht gemäß § 95d SGB V eine Honorarkürzung in Höhe von 10% und damit von 2.401,49 € vor. Mit Honorarbescheid vom 15.10.2010 für das Quartal 2/2010 nahm die Beklagte aus denselben Gründen erneut eine Honorarkürzung um 10% in Höhe von 2.472,62 € vor. Mit den hiergegen erhobenen Widersprüchen machte der Kläger geltend, er habe einschließlich des Jahres 2007 insgesamt 130 Punkte erworben. Die noch fehlenden 120 Punkte habe er wegen einer seitdem bestehenden schweren Herzerkrankung und einer im Jahr 2008 hinzugekommenen systemischen onkologischen Erkrankung (Plasmozytom ) nicht erbringen können. Infolge der erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen habe er seine Praxistätigkeit stark einschränken müssen und deswegen auswärtige Fortbildungsveranstaltungen nicht mehr wahrnehmen können. Wegen noch bestehender Bankverbindlichkeiten müsse er seine freiberufliche Praxistätigkeit weiterhin ausüben, zumal die Nachfolgefrage und damit verbundene Praxisveräußerung ungelöst sei. Im Hinblick auf die geschilderte Situation bitte er darum, die Sanktionen auch hinsichtlich seines Alters auszusetzen.
Der Kläger legte ergänzend ein Attest des Arztes für Innere Medizin Dr. J. vor, in welchem dieser ausführte, aufgrund zahlreicher Erkrankungen (koronare Herzerkrankung, Plasmozytom u. a.) sei es dem Kläger nicht mehr möglich, an Abenden oder Wochenenden an für ihn anstrengenden auswärtigen Fortbildungen teilzunehmen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.03.2011 und vom 20.05.2011 wies die Beklagte die Widersprüche zurück. Zur Begründung führte sie aus, Vertragsärzte, die am 30.06.2004 bereits zugelassen gewesen seien, seien gesetzlich verpflichtet, erstmals bis zum 30.06.2009 einen Nachweis zu erbringen, dass sie in dem zurückliegenden Fünfjahreszeitraum ihrer Fortbildungsverpflichtung nachgekommen seien (§ 95d SGB V). Die Erfüllung dieser Verpflichtung sei durch ein Fortbildungszertifikat mit mindestens 250 Punkten nach der Fortbildungsordnung der LÄK BW vom 29.09.2004 nachzuweisen. Der Beklagten habe bis 31.10.2009 kein Fortbildungsnachweis von Seiten des Klägers vorgelegt worden, obwohl die Frist zum Nachweis der Fortbildungspflicht an diesem Tag geendet habe. Deshalb sei nach der gesetzlichen Anordnung das vertragsärztliche Honorar um 10 % gekürzt worden. Die Gründe für eine Fristverlängerung der Nachweispflicht seien im SGB V geregelt. Übe ein Arzt die Beschäftigung länger als drei Monate in Folge nicht aus, habe die Kassenärztliche Vereinigung bei angestellten Ärzten auf Antrag den Fünfjahreszeitraum um Fehlzeiten zu verlängern (§ 95d Abs. 5 Satz 3). Diese Regelung habe der Vorstand der Beklagten auf Vorschlag der Kassenärztlichen Bundesvereinigung aus Gründen der Gleichbehandlung auf die zugelassenen Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten übertragen.
Hiergegen hat der Kläger am 25.03.2011 (Quartal 1/2010) und am 10.06.2011 (Quartal 2/2010) Klage erhoben. Die Kammer hat die Klageverfahren mit im Termin zur mündlichen Verhandlung verkündetem Beschluss vom 14.06.2012 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Der Kläger macht geltend, die bestehenden Erkrankungen würden medikamentös behandelt. Damit einher gingen körperliche Beeinträchtigungen, die ihn in der altersbedingt ohnehin eingeschränkten beruflichen Tätigkeit nicht beeinträchtigen würden, ihn jedoch an der Teilnahme an auswärtigen Fortbildungsveranstaltungen, mit denen in der Regel nächtliche PKW-Fahrten oder An-/Abreisen verbunden seien, hindern würden. Eine Abgabe der Praxis sei bislang gescheitert. Aus wirtschaftlichen Gründen sei er darauf angewiesen, die Praxis bis zu einem eventuellen Verkauf weiterzuführen. Die Ho...