Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Vergütung. Rechtswidrigkeit der Bestimmungen der Konvergenzvereinbarung in Baden-Württemberg zur Honorarkürzung bei sog "Gewinnerpraxen"

 

Leitsatz (amtlich)

Honorarkürzungen auf Grundlage der in Baden-Württemberg zum 1.1.2009 abgeschlossenen Konvergenzvereinbarung sind rechtswidrig.

 

Tenor

1. Die Beklagte wird unter Abänderung der Honorarbescheide für die Quartale II/2009 und III/2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.07.2010 verurteilt, über die Honoraransprüche der Klägerin für die Quartale II/2009 und III/2009 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

 

Tatbestand

Im Streit stehen Honorarkürzungen auf Grundlage der sogenannten Konvergenzvereinbarung in den Quartalen II/2009 und III/2009.

Die Klägerin ist als Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin in K. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.

Für das Quartal II/2009 setzte die beklagte Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg das Honorar der Klägerin in Höhe von insgesamt ... € fest. Dabei wurde ein Regelleistungsvolumen (RLV) in Höhe von ... € anerkannt, zzgl. eines Fallwertzuschlags für Sonographie, Psychosomatik und Kleinchirurgie in Höhe von ... €. Das RLV überschritt die Klägerin um einen Betrag in Höhe von 6.759,26 €. Insoweit stand der Klägerin laut Honorarabrechnung eine Vergütung mit abgestaffelten Preisen in Höhe von insgesamt 1.385,65 € zu. Neben den Leistungen innerhalb und außerhalb des RLV wurden freie Leistungen und Einzelleistungen vergütet. Von dem so errechneten Gesamthonoraranspruch zog die Beklagte sodann einen Betrag in Höhe von 6.077,92 € ab. Diesen Betrag errechnete die Beklagte aus der Differenz zwischen dem Honorar der Klägerin für das Quartal II/2008 (abzüglich Laborleistungen, Kosten, Wegegebühren, Leistungen genehmigungspflichtiger Psychotherapie, Einzelleistungen, HzV-Bereinigungsbetrag) und dem sogenannten Grenzwert für den Honorarzuwachs. Letzterer wurde aus einer Multiplikation des Fallwertes im Quartal II/2008 mit der Fallzahl im Quartal II/2009 ermittelt, zuzüglich 5 % Honorarzuwachstoleranz.

Für das Quartal III/2009 setzte die Beklagte das Honorar der Klägerin in Höhe von insgesamt ... € fest. Das RLV wurde in Höhe von ... € ausgewiesen, zzgl. eines Fallwertzuschlags für Sonographie, Psychosomatik und Kleinchirurgie in Höhe von ... €. Das RLV überschritt die Klägerin um einen Betrag in Höhe von 5.019,64 €. Insoweit stand der Klägerin laut Honorarabrechnung eine Vergütung mit abgestaffelten Preisen in Höhe von insgesamt 1.147,73 € zu. Neben den Leistungen innerhalb und außerhalb des RLV wurden freie Leistungen und Einzelleistungen vergütet. Von dem Gesamthonoraranspruch zog die Beklagte einen Betrag in Höhe von 6.754,72 € ab. Diesen Betrag errechnete die Beklagte aus der Differenz zwischen dem Honorar der Klägerin für das Quartal III/2008 (abzüglich Laborleistungen, Kosten, Wegegebühren, Leistungen genehmigungspflichtiger Psychotherapie, Einzelleistungen, HzV-Bereinigungsbetrag) und dem Grenzwert für den Honorarzuwachs. Letzterer wurde aus einer Multiplikation des Fallwertes im Quartal III/2008 mit der Fallzahl im Quartal III/2009 ermittelt, zuzüglich 5 % Honorarzuwachstoleranz.

Die Honorarkürzungen stützte die Beklagte auf die am 09.11.2009 mit Wirkung zum 01.01.2009 zwischen der Beklagten und den Krankenkassen abgeschlossene “Vereinbarung über Verfahrensregelungen zur Vermeidung von überproportionalen Honorarverlusten, bedingt durch die Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung in 2009 (Konvergenzvereinbarung)„. Nach § 2 Ziff. 1 der Konvergenzvereinbarung erfolgt eine Ausgleichszahlung, wenn sich das Honorar einer Arztpraxis und das Honorar je Fall für ambulant erbrachte Leistungen der Morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (≪MGV≫, ohne Laborleistungen und -kosten des Kapitels 32 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes ≪EBM≫, Kosten und Wegegebühren, Leistungen des Kapitels 35.2 EBM) um mehr als 5 % gegenüber dem Vorjahresquartal - bezogen auf die im entsprechenden Quartal des Jahres 2009 gültige Definition der Leistungsbereiche - verringert. Die Ausgleichszahlung wird bis 95 % des Fallwertes, maximal jedoch bis 95 % des Honorars, jeweils bezogen auf das entsprechende Vorjahresquartal und den nach 1. definierten Leistungsbereichen, geleistet (§ 2 Ziff. 2 Satz 1 der Konvergenzvereinbarung). Voraussetzung für eine Ausgleichszahlung ist, dass das Regelleistungsvolumen der betroffenen Arztpraxis ausgeschöpft ist (§ 2 Ziff. 2 Satz 2 der Konvergenzvereinbarung). Honorarsteigerungen im Bereich der Leistungen außerhalb der MGV sowie der Leistungen des Kapitels 35.2 EBM werden nach § 2 Ziff. 3 der Konvergenzvereinbarung mit dem Ausgleichsbetrag verrechnet, wobei dies nicht für Leistungen aus Selektivverträgen gilt. Unter § 2 Ziff. 7 der Konvergenzvereinbarung heißt es:

“Die Ausgleichszahlung nach 2. wird quartalsweise unter Berücksichtigung der nachfolgenden Bestimmungen durch die KVBW ...

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