Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhausbehandlung. Vergütungsanspruch eines Krankenhauses für eine Notfallversorgung. Berechnungsfähigkeit von Zusatzpauschalen nur bei Feststellung der Besuchsbereitschaft durch die Kassenärztliche Vereinigung. höhere Vergütung bei Notfallbehandlung mit Besuchsbereitschaft. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Für Krankenhäuser sind die Zusatzpauschalen für die Vorhaltung der Besuchsbereitschaft bei Notfallbehandlungen nach den Gebührennummern 01211, 01215, 01217 und 01219 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (in der Fassung des Jahres 2008) nur berechnungsfähig, wenn im Zeitpunkt der Leistungserbringung eine Feststellung der Besuchsbereitschaft durch die Kassenärztliche Vereinigung vorlag. Krankenhäuser werden hierdurch nicht unsachgemäß gegenüber Vertragsärzten benachteiligt.
2. Der Bewertungsausschuss darf zwischen der Erbringung von Notfallbehandlungen mit und ohne genereller Besuchsbereitschaft unterscheiden und die Notfallbehandlung mit Besuchsbereitschaft höher vergüten.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten sind Honorarkürzungen aufgrund sachlich-rechnerischer Berichtigung streitig.
Die Klägerin ist Trägerin dreier Krankenhäuser, die zur Versorgung von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassenen sind.
Mit Honorarbescheiden vom 15.10.2008 stellte die beklagte Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg jeweils das Honorar der Krankenhäuser für das Quartal II/2008 fest. Den Honorarbescheiden waren “Richtigstellungsbescheide zur Gesamtabrechnung II/2008„ beigefügt. Danach kürzte die Beklagte u. a. die Gebührennummern (GNR) 01211, 01215, 01217 und 01219 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM). Zur Begründung wurde angegeben, die Zusatzpauschalen für die Rufbereitschaft könnten von Krankenhäusern nicht in Ansatz gebracht werden.
Gegen die Honorarbescheide für das Quartal II/2008 legte die Klägerin mit Schreiben vom 12.11.2008, eingegangen bei der Beklagten am 14.11.2008, jeweils Widerspruch ein. Eine Begründung erfolgte nicht.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 21.12.2009 wies die Beklagte sodann die Widersprüche zurück.
Am 20.01.2010 erhob die Klägerin zum Sozialgericht Stuttgart Klage. Die zunächst getrennt geführten Klagen S 10 KA 418/10, S 10 KA 419/10 und S 10 KA 420/10 wurden mit Beschluss vom 23.08.2011 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Zur Begründung der Klage lässt die Klägerin im Wesentlichen vortragen, die GNR 01211, 01215, 01217 und 01219 EBM könnten sehr wohl von Krankenhäusern abgerechnet werden. Dies zeige bereits der Wortlaut der Gebührennummern. Danach seien diese Positionen abrechenbar, wenn die zuständige Kassenärztliche Vereinigung die Besuchsbereitschaft für Notfallbehandlungen durch das Krankenhaus festgestellt habe. Die klägerischen Krankenhäuser hielten sämtliche sachlichen und personellen Mittel für die Besuchsbereitschaft vor. Dies sei bereits im Quartal II/2008 der Fall gewesen, was die Klägerin im Zweifel nachweisen könne. Inhaltliche Anforderungen an die Besuchsbereitschaft oder deren Nachweis sehe der EBM nicht vor. Unabhängig hiervon, benachteilige das Erfordernis der Feststellung der Besuchsbereitschaft die Krankenhäuser im Vergleich zu niedergelassenen Ärzten unsachgemäß und verstoße deshalb gegen Art. 3 und Art. 12 Grundgesetz (GG). Für niedergelassene Ärzte seien die streitigen EBM-Ziffern nicht mit einer derartigen Voraussetzung versehen. Ein Grund für die Differenzierung sei nicht ersichtlich. Der Umstand, dass ein Krankenhaus selten Hausbesuche durchführe sei unerheblich. Auch ein Arzt in einer Notdienstzentrale suche aktiv keine Patienten auf. Das Bundessozialgericht habe entschieden, dass der niedergelassene Sektor gegenüber den Krankenhäusern in Bezug auf ambulante Notfallbehandlungen wirtschaftlich nicht bessergestellt werden dürfe. Auch nur mittelbare Schlechterstellungen von Krankenhäusern seien nicht zulässig. Für die gleiche Leistung dürfe keine unterschiedliche Vergütung gezahlt werden. An die Abrechenbarkeit von EBM-Ziffern dürften daher auch keine unterschiedlichen Voraussetzungen geknüpft werden.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Abänderung der Honorarbescheide nebst Richtigstellungsbescheide für das Quartal II/2008 vom 15.10.2008 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 21.12.2009 zu verurteilen, der Klägerin die GNR 01211, 01215, 01217 und 01219 EBM zu vergüten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte trägt zur Begründung im Wesentlichen vor, Voraussetzung für die Abrechnung der streitigen EBM-Ziffern sei die Feststellung der Besuchsbereitschaft des Krankenhauses durch die Beklagte. Die Klägerin habe weder einen Antrag auf Feststellung gestellt noch sonstige Erklärungen gegenüber der Beklagten zur Besuchsbereitschaft abgegeben. Eine entsprechende Feststellung durch die Beklagte habe daher nicht erfolgen können. Es liege auch keine ungerechtfertigte Ungle...