Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhaus. Abrechnung. Kodierung. aufwendige intensivmedizinische Komplexbehandlung
Orientierungssatz
1. Zum Anspruch auf Vergütung für eine vollstationäre Krankenhausbehandlung wegen des Vorliegens der Strukturvoraussetzungen für die Kodierung des Operationen- und Prozedurenschlüssels (OPS) 8-98f (aufwendige intensivmedizinische Komplexbehandlung).
2. Az beim LSG Stuttgart: L 11 KR 1859/18.
Nachgehend
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.742,06 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.01.2017 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird endgültig auf 5.742,06 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über den Anspruch auf Vergütung für eine stationäre Krankenhaus (KH)-Behandlung in Höhe von 5.742,06 € wegen des Vorliegens der Strukturvoraussetzungen für die Kodierung des Operationen- und Prozeduren-Schlüssels (OPS) 8-98f* (Aufwendige intensivmedizinische Komplexbehandlung).
Die Klägerin betreibt ein nach § 108 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) zur Versorgung der Versicherten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zugelassenes KH in B. und verfügt über ein Blutdepot sowie ein immunhämatologisches Labor. Vom 18.02.2016 bis 02.03.2016 behandelte die Klägerin im Zentrum für Intensivmedizin den an Trisomie 21 leidenden Patienten W. S. (P), geb. 1961, aufgrund einer Aspirationspneumonie stationär auf der Intensivstation. Vom 19.05.2016 bis 25.02.2016 wurde P invasiv beatmet. Aus dem Trachealsekret gelang der Nachweis von Streptococcus pneumoniae und Staphylococcus aureus.
Die Klägerin stellte der Beklagten für die Behandlung des P 17.537,45 € in Rechnung (Rechnung vom 04.03.2016), wobei sie DRG A13F (mit einem Basisbetrag von 17.233,48 €) mit Hauptdiagnose J13 (Pneumonie durch Streptococcus pneumoniae) und OPS 8-98f.11 ansetzte. Die Beklagte überwies zunächst den Rechnungsbetrag und schaltete den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) Baden-Württemberg zur Frage der Beatmungsstunden und Prozeduren ein. Dr. v. B. führte im Gutachten vom 02.11.2016 aus, als Hauptdiagnose müsse J69.0 (Pneumonie durch Nahrung oder Erbrochenes) angesetzt werden und die Strukturvoraussetzungen für OPS 8-98f.- seien bisher nicht erfüllt (ohne weitere Begründung), weshalb sich mit OPS 8-980.11 (Intensivmedizinische Komplexbehandlung) DRG A13H (mit einem Basisbetrag von 11.557,82 €) ergebe.
Die Beklagte veranlasste am 03.01.2017 die Aufrechnung mit dem Differenzbetrag von 5.742,06 €, die am 05.01.2017 erfolgte.
Am 19.04.2017 hat die Klägerin hiergegen Klage erhoben. Sie trägt vor, die Beatmungsstunden sowie die Änderung der Hauptdiagnose seien nicht entgeltrelevant. Allein streitig sei somit der OPS. Sie habe schon jährlich bei den Budgetverhandlungen mit den Kostenträgern eine Selbstauskunft zu den Strukturmerkmalen vorgelegt, so dass die Beklagte diesbezüglich beweisbelastet sei. Sie betreibe eine Blutbank. Denn dabei handele es sich um eine Lagerstätte für verschiedene Blutkonserven (www.wikipedia.de). Die Belieferung erfolge über den D.-Blutspendedienst, mit dem seit 1983 ein Vertrag bestehe. Alle weiteren Leistungen würde das D. über sein Institut T. und I. U. gGmbH (IKT U.) durchführen, wobei auch die Klägerin in der Lage sei, Prüfungen der Blutkonserven und blutgruppenserologische Untersuchungen (wie Blutgruppenbestimmung, Antikörpersuche und Kreuzproben) vorzunehmen. Das IKT U. könne in Dringlichkeitsfällen, auch innerhalb von 30 Minuten, liefern. Dies sei vertraglich seit 1983 fixiert. Diesen Vertrag hat die Klägerin vorgelegt.
Der streitige OPS sei bezüglich der Frage, welche Leistungen konkret im eigenen Klinikum vorzuhalten seien, schon 2016 geändert worden, das hier streitige Merkmal jedoch nicht einbezogen worden. Damit sei klar, dass die Leistungen einer Blutbank nicht im eigenen Klinikum vorgehalten werden müssten.
Die Beklagte fordere, dass ein transfusionsmedizinischer Dienst vorgehalten werden müsse. Diese extensive Auslegung sei jedoch keinesfalls mit dem Grundsatz der wortlautgetreuen Auslegung zu vereinbaren. Denn dazu gebe es keinen Anknüpfungspunkt im Wortlaut. Sinnvoll sei dies nur, wenn die Klägerin auch Blutprodukte selbst herstellen würde, was traditionell jedoch die D.-Blutspendedienste erbrächten. Das Gebiet der Transfusionsmedizin umfasse nach der Weiterbildungsordnung der Landesärztekammer Baden-Württemberg vom 01.02.2016 die Auswahl und medizinische Betreuung von Blutspendern, die Herstellung, Prüfung und Weiterentwicklung allogener und autologer zellulärer und plasmatischer Blut- und Stammzellpräparate und Aufgabenbereiche in der Vorbereitung, Durchführung und Bewertung hämotherapeutischer Maßnahmen am Patienten. Es erschließe sich nicht, warum die Klägerin zur Durchführung ei...