Entscheidungsstichwort (Thema)
gesetzliche Unfallversicherung. Wegeunfall. innerer Zusammenhang. keine schädliche Unterbrechung des versicherten Weges. Verkehrsunfall. Fahren in entgegengesetzter Richtung. Regulierung der Unfallfolgen. gesetzliche Verpflichtung gem § 142 StGB und § 34 StVO
Leitsatz (amtlich)
Einzelfall eines Wegeunfalls nach einem vorherigen Unfall
Orientierungssatz
Die im unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang erfolgende Regulierung der Folgen eines auf einem versicherten Weg geschehenen Verkehrsunfalls stellt keine den Versicherungsschutz aufhebende Unterbrechung des Weges dar. Denn Maßnahmen zwecks Bestätigung der Unfallbeteiligung und zwecks Mitteilung der Personalien gehören gem § 142 StGB und § 34 StVO zu den gesetzlichen Pflichten eines Unfallbeteiligten.
Nachgehend
Tenor
1. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 12. Juni 2006 und des Widerspruchsbescheides vom 21. Juli 2006 verurteilt, das Unfallereignis vom 13. Dezember 2005, bei dem der Kläger die in Rede stehenden Verletzungen erlitten hat, als Arbeitsunfall anzuerkennen und dem Kläger wegen der Folgen dieses Unfalls Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren.
2. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung eines Verkehrsunfalls als Arbeitsunfall streitig.
Am Unfalltag, dem 13. Dezember 2005 gegen 19:30 Uhr, befand sich der 1973 geborene, als Aushilfslagerarbeiter tätige Kläger mit seinem Pkw auf dem Heimweg von seiner Arbeitsstätte. Der Kläger befuhr die Landesstraße L. aus Richtung O. kommend in Fahrtrichtung S., als sich in Höhe Kilometer 0,8 im Begegnungsverkehr der Außenspiegel seines Fahrzeugs mit dem Außenspiegel des vom Zeugen E. geführten Pkw berührte. Der Zeuge E. hielt mit seinem Pkw in Höhe Kilometer 0,7 in Fahrtrichtung O. am rechten Fahrbahnrand an. Der Kläger fuhr zunächst einige Meter weiter, wendete dann auf der Fahrbahn, fuhr zurück und hielt mit seinem Pkw hinter dem Pkw des Zeugen E. an. Der Zeuge E. und dessen Beifahrerin, die Zeugin B. E. und der Kläger stiegen, nachdem die Warnblinkanlagen der Fahrzeuge eingeschaltet worden waren, aus ihren Pkw aus und versammelten sich zwischen den beiden Pkw. In diesem Moment fuhr das Fahrzeug des Zeugen W. in Fahrtrichtung O. auf die stehenden Pkw zu, konnte nicht rechtzeitig bremsen und fuhr auf das Fahrzeug des Klägers auf, welches daraufhin auf das Fahrzeug der Zeugen E. geschoben wurde. Während sich die Zeugen E. mit Sprüngen zur Seite retten konnten, wurde der Kläger zwischen deren und seinem Pkw eingequetscht und erlitt eine distale Tibiafraktur rechts, eine HWS-Distorsion sowie eine Beckenprellung. Die Zeugen E. haben angegeben, dass das Fahrzeug des Zeugen W. aufgefahren war, noch bevor sie das Gespräch mit dem Kläger aufnehmen konnten.
Durch Bescheid vom 12. Juni 2006 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 13. Dezember 2005 als Arbeitsunfall ab. Zur Begründung führte sie aus, dass bestimmend für das Umkehren und das Abweichen vom direkten Weg von der Arbeitsstätte zur Wohnung allein die Absicht des Klägers gewesen sei, Sachschäden an seinem Pkw und damit zusammenhängende zivilrechtliche Schadensersatzansprüche zu regulieren. Der Kläger habe sich daher im Unfallzeitpunkt auf einem unversicherten, in keinem inneren Zusammenhang mit seiner betrieblichen Tätigkeit stehenden Abweg befunden. Zur weiteren Begründung verwies die Beklagte auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 27. März 1999, Aktenzeichen 2 RU 36/89.
Zur Begründung seines am 19. Juni 2006 gegen diesen Bescheid erhobenen Widerspruchs führte der Kläger aus, dass durch das Wenden und Zurückfahren der Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit nicht unterbrochen worden sei, da der Kläger auch im Hinblick auf seine Verpflichtung zur Bekanntgabe seiner persönlichen Daten und zur Verhinderung eines Unfallfluchtverfahrens sich hätte zur Unfallstelle zurückbegeben müssen.
Durch Widerspruchsbescheid vom 21. Juli 2006 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass sich der Kläger zum Zeitpunkt der Kollision mit dem Pkw des Zeugen E. auf dem - versicherten - unmittelbaren Weg von der Arbeitsstätte zur Wohnung befunden habe. Zum Zeitpunkt seiner Verletzung sei dieser versicherte Weg jedoch bereits unterbrochen gewesen, da der Kläger zuvor sein Kfz abgebremst, angehalten, gewendet und zum Anhaltepunkt des zweiten beteiligten Fahrzeugs zurückgefahren habe. Ursache hierfür seien ausschließlich eigenwirtschaftliche Umstände gewesen. Dabei sei unerheblich, ob der Kläger zurückgefahren sei, um den an seinem Fahrzeug entstandenen Schaden zu regulieren oder um seine Personalien zur Vermeidung eines Unfallfluchtverfahrens anzugeben. Entscheidend sei, dass vom Zeitpunkt des Wendens des Fahrzeugs an der erforderliche innere Zusammenhang unterbrochen gewesen sei. Nic...