Prof. Dr. Volker Wahrendorf
Rz. 8
Die Vorschrift i. d. F. ab 1.1.2017 stellt die Einführungsnorm in die Wirtschaftlichkeitsprüfung der vertragsärztlichen Versorgung dar. In Kombination mit den §§ 106a bis 106d bildet sie jetzt den Neunten Titel "Wirtschaftlichkeits- und Abrechnungsprüfung" des Vierten Kapitels SGB V. Als Einführungsnorm stellt sie die Ermächtigungsgrundlage für den Erlass regionaler gesamtvertraglicher Regelungen zur Wirtschaftlichkeits- und Abrechnungsprüfung sowie zur Regionalisierung der Wirtschaftlichkeitsprüfung dar. Sie stellt eine Konkretisierung des § 12 dar. Primäres Ziel ist die präventive Lenkung des ärztlichen Verhaltens (BSG, Urteil v. 28.10.2015, B 6 KA 45/14 R). Sie hat aber auch in Form des Regresses einen repressiven Charakter (vgl. Scholz, in: Becker/Kingreen, SGBV, § 106 Rz. 2). Die Wirtschaftlichkeitsprüfung bedeutet keine Ökonomisierung, sondern ist darauf gerichtet, einer unwirtschaftlichen Leistungsmengenausweitung entgegenzuwirken (Ulrich, in: jurisPK-SGB V, § 106 Rz. 35). Der medizinische Nutzen muss vor dem Preis eines Medikaments oder einer Behandlung entscheidend sein.
Rz. 9
Im Hinblick auf die Neustrukturierung ist die Überschrift durch den allgemein gehaltenen Begriff "Wirtschaftlichkeitsprüfung" angepasst worden. An dieser allgemeinen Formulierung wird zugleich deutlich, dass sich die Wirtschaftlichkeitsprüfung sowohl auf die vertragsärztliche als auch auf die vertragszahnärztliche Versorgung erstreckt.
Wirtschaftlichkeitsprüfungen, wie sie in der Vorschrift formuliert sind, beziehen sich in der gesetzlichen Krankenversicherung in erster Linie auf die gegenüber der vertragszahnärztlichen Versorgung insgesamt finanziell gewichtigere vertragsärztliche Versorgung, also auf die erbrachten, verordneten oder veranlassten Leistungen der Vertragsärzte, der Vertragspsychotherapeuten, der zugelassenen medizinischen Versorgungszentren (MVZ), der ärztlichen Berufsausübungsgemeinschaften, der angestellten Ärzte sowie der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden ermächtigten Krankenhausärzte und der ermächtigten Einrichtungen. Maßgebend sind die Leistungen, die für Versicherte bzw. Patienten im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erbracht, veranlasst oder verordnet werden. Privatärztliche Leistungen, wie sie auch bei vertragsärztlichen Leistungserbringern vorkommen können, sind dagegen nicht tangiert.
Rz. 10
Dass die Vorschrift auch in der vertragszahnärztlichen Versorgung entsprechend anzuwenden ist, ergibt sich aus dem allgemeinen Rechtsgrundsatz des § 72 Abs. 1 Satz 2, nach dem die Vorschriften des Vierten Kapitels, welche sich auf Ärzte beziehen, entsprechend für Zahnärzte gelten, sofern nichts Abweichendes bestimmt ist.Abs. 1 Satz 1 hat die bis 31.12.2016 geltende Gesetzesfassung übernommen. Danach stellt die Überwachung der Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen in jedem Bundesland bzw. in Nordrhein-Westfalen in den beiden Landesteilen Nordrhein und Westfalen-Lippe, wo es aufgrund des § 77 Abs. 1 Satz 2 jeweils eine KV/KZV gibt, weiterhin eine gemeinsame Aufgabe der Krankenkassen und der regionalen KV bzw. KZV dar. Das gilt wie bisher für alle gesetzlichen Krankenkassenarten in der jeweiligen KV/KZV-Region in gleicher Weise. Die regionalen Krankenkassen handeln bei der vorgeschriebenen Vereinbarung mit der zuständigen KV über Inhalt und Durchführung der Beratungen und Prüfungen zur Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung gemeinsam und einheitlich, sodass kassenartenbezogene Abweichungen, welche sich unter Umständen auch auf die Wettbewerbssituation zwischen den Krankenkassenarten auswirken könnten, von vornherein ausgeschlossen bleiben. Die Einheitlichkeit des Verfahrens der Wirtschaftlichkeitsprüfung vermeidet für die einzelnen vertragsärztlichen Leistungserbringer zugleich eine nicht gewollte Kumulation von krankenkassenbezogenen, jedoch inhaltlich identischen Wirtschaftlichkeitsprüfungen.Mit der Ergänzung des Abs. 1 um den Satz 2 ist bestimmt worden, dass beide Vertragsparteien, nämlich einerseits die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen, welche als eine Vertragspartei gemeinsam und einheitlich handeln, und andererseits die KV, den Inhalt und die Durchführung der Beratungen und Prüfungen nach Abs. 2 Satz 1 (Wirtschaftlichkeitsprüfung ärztlicher sowie ärztlich verordneter Leistungen nach § 106a und § 106b) sowie die Voraussetzungen für Einzelfallprüfungen vereinbaren. Dies ist angelehnt an den Abs. 3 in der bis 31.12.2016 geltenden Fassung. Damit sind die Vertragspartner der Selbstverwaltung auf Landesebene bzw. in Nordrhein-Westfalen auf Landesteilebene beauftragt, auf der Grundlage der gesetzlichen Regelungen eine konkrete, für einen verständigen vertragsärztlichen Leistungserbringer nachvollziehbare Ausgestaltung der Wirtschaftlichkeitsprüfungen zu vereinbaren. Auf der Grundlage der gesetzlichen Regelungen bedeutet, dass sich die Vertragspartner bei der Ausgestaltung der regionalen Prüfvereinbarungen an de...