Prof. Dr. Volker Wahrendorf
Rz. 11
Das Wort "Prüfvereinbarung" ergibt sich nicht aus dem Gesetzestext, wo von "vereinbaren" oder "Vereinbarung" die Rede ist, sondern ist von den regionalen Partnern der gemeinsamen Selbstverwaltung gebildet worden. Abs. 1 Satz 2 gibt lediglich einen rechtlichen Anhaltspunkt dafür, dass in einer Prüfvereinbarung Inhalt und Durchführung der Beratungen und Prüfungen sowie die Voraussetzungen einer Einzelprüfung geregelt werden können (vgl. auch Ulrich, in: jurisPK-SGB V, § 106 Rz. 70; BSG, Urteil v. 5.5.2010, B 6 KA 5/09 R). Bei den Prüfvereinbarungen handelt es sich um öffentlich-rechtliche Verträge mit Rechtsnormcharakter (BSG, Urteil v. 14.5.1997, 6 RKa 10/96). Eine Einzelprüfung kann als Prüfmethode gewählt werden, um die Wirtschaftlichkeit des Verordnungsumfangs in einzelnen Behandlungsfällen zu überprüfen. Die Auswahl der Methode liegt im Ermessen der Prüfgremien. Einen bestimmten Vorrang einer Prüfmethode gibt es nicht, sodass es dazu im Prüfungsbescheid keiner Ausführungen bedarf (BSG, Urteil v. 27.6.1999, B 6 KA 44/06 R).
Rz. 12
Um die Inhalte der regionalen Prüfvereinbarungen näher zu erläutern, wird nachstehend beispielhaft auf die ab 11.12.2023 gültige Prüfvereinbarung
- zwischen der KV Nordrhein
und
- der AOK Rheinland/Hamburg – Die Gesundheitskasse,
- dem BKK-Landesverband Nordwest,
- der IKK classic,
- der Knappschaft,
- der SVLFG als Landwirtschaftliche Krankenkasse,
den Ersatzkassen
- BARMER,
- Techniker Krankenkasse (TK),
- Kaufmännische Krankenkasse – KKH,
- Handelskrankenkasse (hkk),
- gemeinsamer Bevollmächtigter mit Abschlussbefugnis: Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek),
- vertreten durch den Leiter der vdek-Landesvertretung NRW
(in der Vereinbarung Krankenkassen genannt)
verwiesen. Mit der Auflistung erfüllen die nordrheinischen Partner der gemeinsamen Selbstverwaltung den Gesetzesauftrag nach Abs. 1 Satz 2 der Vorschrift, weil alle Landesverbände der Krankenkassen sowie die Ersatzkassen, die gemeinsam eine Vertragspartei bilden, sowie die KV Nordrhein als die andere Vertragspartei aufgeführt sind.
Der für die Prüfvereinbarung im Bereich einer KV/KZV in Betracht kommende Bevollmächtigte mit Abschlussbefugnis ist für die Ersatzkassen grundsätzlich der Verband der Ersatzkassen e. V. (VDEK), vertreten durch den Leiter/die Leiterin der jeweiligen Landesvertretung des vdek.
Neben der Präambel, die sich auf die Gewährleistung einer bedarfsgerechten und gleichmäßigen, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechenden Versorgung der Versicherten und Patienten sowie auf das Wirtschaftlichkeitsgebot bezieht, beinhaltet die nordrheinische Prüfvereinbarung (gültig ab 1.1.2017) insgesamt 17 Paragrafen sowie 5 Anlagen, welche wie folgt geordnet sind:
§ 1 Gegenstand und Geltungsbereich,
§ 2 Beteiligte des Prüfverfahrens,
§ 3 Prüfungseinrichtungen,
§ 4 Beratende Stellen,
§ 5 Besetzung des Beschwerdeausschusses,
§ 6 Rechtsstellung/Entschädigung der Ausschussmitglieder,
§ 7 Verfahren vor dem Beschwerdeausschuss,
§ 8 Aufgaben des Beschwerdeausschusses,
§ 9 Prüfungsstelle,
§ 10 Haushalt und Berichtswesen,
§ 11 Prüfungsarten,
§ 12 Wirtschaftlichkeitsprüfung ärztlich verordneter Leistungen nach Durchschnittswerten,
§ 13 Wirtschaftlichkeitsprüfung ärztlicher Leistungen auf Antrag,
§ 14 Wirtschaftlichkeitsprüfung ärztlicher Leistungen nach Durchschnittswerten,
§ 15 Prüfung in besonderen Fällen,
§ 16 Inkrafttreten, Übergangsregelung, Kündigung, Salvatorische Klausel.
Die Anlage 1 enthält die Definition der Arztgruppen bzw. Arztuntergruppen, Anlage 2 die Arzneimittel, Anlage 3 die Heilmittel, Anlage 4 die Gliederung und Muster der Honorarstatistiken sowie die Anlage 5 die Kostenersatzregelung und die Datenlieferung. Näheres zu den einzelnen Paragrafen oder Anlagen ergibt sich aus den Kommentierungen der §§ 106a, 106b und 106c.
Im Hinblick auf die mit Wirkung zum 11.5.2019 eingeführten Änderungen in §§ 106, 106a und 106b ist diese Prüfvereinbarung wie auch alle anderen regionalen Prüfvereinbarungen angepasst worden. Dies betrifft insbesondere den Wegfall der Zufälligkeitsprüfungen, welche durch Wirtschaftlichkeitsprüfungen auf begründeten Antrag hin ersetzt worden sind, und die in diesem Zusammenhang erfolgte Streichung der Richtlinien der Bundesebene zum Inhalt und zur Durchführung der Zufälligkeitsprüfungen. Da das Gesetz der Prüfvereinbarung immer vorgeht, sind die gesetzlichen Änderungen aber bereits ab Inkrafttreten des Gesetzes in die Praxis der Wirtschaftlichkeitsprüfungen umzusetzen, auch ohne dass die jeweilige Prüfvereinbarung formell angepasst wurde.
Die nordrheinische Prüfvereinbarung basiert auf der Rechtsgrundlage der §§ 106, 106a, 106b und 106c i. d. F. v. 10.5.2019 und in Verbindung mit der vom BMG erlassenen Rechtsverordnung zur Geschäftsführung der Prüfungsstellen und der Beschwerdeausschüsse (Wirtschaftlichkeitsprüfungs-Verordnung – WiPrüfVO) v. 5.1.2004, die durch Art. 19 i. V. m. Art. 20 Abs. 6 GKV-VSG mit Wirkung zum 1.1.2017 im Hinblick auf die Neustrukturierung redaktionell geändert worden ist.
Die nord...