Rz. 1
Vor der Einführung der §§ 135 ff. durch das Gesundheitsreform-Gesetz (GRG) am 1.1.1989 bzw. das Gesundheits- Strukturgesetz (GSG) ab 1.1.1993 fehlten ausdrückliche gesetzliche Regelungen zu Maßnahmen der Qualitätssicherung in der GKV. Als Grundlagen galten zuvor insbesondere der den Kassenärztlichen Vereinigungen übertragene allgemeine Sicherstellungsauftrag (§ 368n Abs. 1 RVO; vgl. auch § 75 Abs. 1), der durch Qualitätssicherungsverfahren als Vertragsbestandteile der Bundesmantelverträge konkretisiert wurde sowie der den Krankenhäusern im Krankenhausfinanzierungsgesetz zugewiesene Auftrag, eine leistungsfähige stationäre Versorgung sicherzustellen. Der Gesetzgeber hat in den Vorschriften der §§ 135 bis 139 die Vorstellungen des Sachverständigenrates für die Konzertierte Aktion (KA) in seinem dritten Jahresgutachten 1989 (vgl. DOK 1989 S. 161) aufgegriffen, wonach die in der Produktionswirtschaft entwickelte Qualitätssicherung auch im Bereich des Gesundheitswesens möglich und sinnvoll ist.
Rz. 2
Das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 (GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000) v. 22.12.1999 (BGBl. I S. 2626) hat den Neunten Abschnitt umgestaltet und insbesondere durch eigenständige Regelungen der Qualitätssicherung in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung (§§ 135a und 135b; ab 1.7.2008 ersetzt durch die einheitliche Regelung in § 137) den Anwendungsbereich des § 135 auf Untersuchungs- und Behandlungsmethoden beschränkt.
Rz. 3
Mit dem Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz – GMG) v. 14.11.2003 (BGBl. I S. 2190, 2221) ist der Neunte Abschnitt dem ab 1.1.2004 geltenden Recht angepasst worden, indem die Bundesausschüsse der Ärzte/Zahnärzte und Krankenkassen, der Ausschuss Krankenhaus und der Koordinierungsausschuss durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA, vgl. § 91) ersetzt worden sind. Außerdem ist die Kompetenz für Qualitätsmanagement und Qualitätssicherung zum Teil neu auf den GBA übergegangen und in allen Versorgungssektoren, von der vertrags-(zahn-)ärztlichen Versorgung über den Krankenhaus- bzw. Rehabilitationsbereich bis hin zur Heil- und Hilfsmittelversorgung die Qualitätssicherung verbindlich eingeführt worden. Neu waren auch die Regelungen zur Gründung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG, vgl. §§ 139a bis c) durch den GBA.
Rz. 4
Das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz – GKV-WSG) v. 26.3.2007 (BGBl. I S. 378) setzt zum einen die bereits mit dem GMG verfolgte Zielsetzung einer sektorenübergreifenden Qualitätssicherung etwa durch Zusammenfassung der in unterschiedlichen Vorschriften bestimmten Aufgaben des GBA zur Qualitätssicherung für die vertragsärztliche/-zahnärztliche Versorgung und Krankenhausversorgung in § 137 fort. Daneben wird das Verfahren zur Prüfung und Entscheidung über neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden beschleunigt und die Stellung der Unparteiischen im GBA gestärkt.
Rz. 5
Der Begriff der Qualitätssicherung, aber auch weitere Begriffe wie Qualitätsmanagement, evidenz-basierte Leitlinie, case-management u.a. werden im Gesetz nicht definiert. Da sie aber inhaltlich im Bereich der Wirtschaft entwickelt worden sind, sind sie auch entsprechend zu verstehen (vgl. eingehend Seewald, in: Schnapp/Wigge, Vertragsarztrecht § 21, S. 620 ff. m.w.N.). Definiert man Qualität als "die Relation realisierter Beschaffenheit zu geforderter Beschaffenheit", wird bereits deutlich, dass zur Qualitätssicherung zunächst Qualitätsanforderungen im Sinne von Standards festgelegt werden müssen, die dann die Grundlage der im Vordergrund stehenden internen, aber auch der externen Qualitätskontrollen bzw. qualitätssichernden Maßnahmen sind. Die Sicherung der Qualität wird nicht nur durch die Gewährleistung des vorher zu ermittelnden Zustandes verstanden, sondern zielt auch auf eine ständige Verbesserung von Strukturen, Prozessen und Ergebnissen (vgl. Seewald, in: Schnapp/Wigge, a. a.O., Rz. 13 ff. m.w.N.). Der Gesetzgeber hat nahezu den gesamten Bereich der im Vierten Buch geregelten Leistungserbringung der Verpflichtung zur Qualitätssicherung unterworfen (zum Spannungsfeld ärztliche Therapiefreiheit und Qualität in der Behandlung vgl. Debong, ArztRecht 2007 S. 32). Systematisch sieht das SGB V allgemeine Bestimmungen für alle Bereiche des Leistungsrechts mit entsprechenden Anforderungen an die Leistungserbringer und Verpflichtungen der Leistungsträger (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 3, § 63 Abs. 1, § 70 Abs. 1 Satz 2, § 135a Abs. 1) sowie bereichsspezifische Bestimmungen für die jeweiligen Leistungsbereiche vor. Diese unterscheiden im Wesentlichen Maßnahmen zur Qualitätssicherung, die die personell-fachliche und apparative Praxisausstattung (Strukturqualität), die Indikation und Durchführung der Diagnostik und Therapie (Prozessqualität) und des erreichten Behandlungserfolgs (Ergebnisqualität) betreffen ...