Rz. 2
Im Recht der sozialen Krankenversicherung gilt grundsätzlich das sog. Sachleistungsprinzip (§ 2 Abs. 2 Satz 1), d.h., die Krankenkassen sind verpflichtet, die Dienste und Güter, deren der Versicherte bedarf, zu beschaffen und diesem zur Verfügung zu stellen. Dies geschieht in der Weise, dass die Krankenkassen Verträge mit den Leistungserbringern schließen und diese die Leistungen den Versicherten gegenüber kostenfrei erbringen. Die Abrechnung erfolgt unmittelbar zwischen dem Leistungserbringer und der Krankenkasse. Mit der Einführung des Sachleistungssystems bezweckte der Gesetzgeber, die ärztliche Versorgung aller Krankenkassenmitglieder sicherzustellen. Wären die Versicherten dagegen gezwungen, die Leistungen selbst zu beschaffen und könnten sie dann lediglich die entstandenen Kosten von der Krankenkasse erstattet verlangen, so bestünde die Gefahr, dass Versicherte, die nicht über hinreichende finanzielle Mittel verfügen, von der Inanspruchnahme medizinisch notwendiger Leistungen Abstand nähmen (vgl. BSG, Urteil v. 9.9.1981, 3 RK 58/79). Außerdem soll das Sachleistungsprinzip eine bedarfsgerechte und wirtschaftliche Leistungserbringung von hoher Qualität garantieren (BSG, Urteil v. 16.12.1993, 4 RK 5/92). Abs. 1 des § 13 stellt klar, dass Ausnahmen vom Sachleistungsprinzip nur möglich sind, wenn und soweit dies ausdrücklich im SGB V oder im SGB IX vorgesehen ist (vgl. hierzu Rz. 8a). § 13 enthält in seinen Abs. 2 bis 6 die maßgeblichen Regelungen der Kostenerstattung für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung.
Rz. 3
Eine wesentliche Ausnahme vom Sachleistungsprinzip ist in Abs. 2 enthalten, der die Wahl der Kostenerstattung anstelle von Sach- oder Dienstleistungen regelt. Den Versicherten wird hierin grundsätzlich die Möglichkeit eingeräumt, sich auf eigene Rechnung behandeln und die entstandenen Kosten später in der durch Gesetz und Satzung festgelegten Höhe erstatten zu lassen. Das Prinzip der Kostenerstattung ist vom Gedanken der Eigenverantwortung der Versicherten geprägt und vom Gesetzgeber als Maßnahme zur Stärkung der Patientensouveränität angesehen worden (BT-Drs. 15/1525 S. 2). Seit 2004 steht diese Möglichkeit allen Versicherten offen. Die Modalitäten der Kostenerstattung sind mehrfach geändert worden. So sind die Wahlmöglichkeiten der Versicherten ausgeweitet worden, da diese nunmehr die Möglichkeit haben, für die Leistungsbereiche ärztliche Versorgung, zahnärztliche Versorgung, stationäre Versorgung oder veranlasste Leistungen, eine gesonderte Entscheidung zu treffen. Außerdem sind die Anforderungen im Vorfeld der Entscheidung zurückgefahren worden. Während zunächst im Gesetz bis zum 31.3.2007 eine Beratungspflicht der Krankenkasse vorgeschrieben war, ist nunmehr nur noch eine Beratung durch Leistungserbringer dahingehend vorgesehen, dass dieser den Versicherten darüber zu informieren hat, dass die Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, vom Versicherten zu tragen sind. Auch eine schriftliche Bestätigung der Beratung ist seit dem 2.1.2011 nicht mehr erforderlich. Die Bindungsfrist der Erklärung, mit der der Versicherte sich für die Kostenerstattung entschieden hat, wurde zum gleichen Zeitpunkt von einem Jahr auf ein Kalendervierteljahr verkürzt.
Rz. 4
Abs. 3 gewährt ebenfalls Kostenerstattungsansprüche, unterscheidet sich aber hinsichtlich seiner Voraussetzungen und Rechtsfolgen grundlegend von Abs. 2. Während Abs. 2 den Versicherten generell die Möglichkeit einräumt, anstelle von Dienst- oder Sachleistungen Kostenerstattung zu wählen, gibt Abs. 3 Satz 1 einen Kostenerstattungsanspruch für den Ausnahmefall, dass sich der Versicherte im Sachleistungssystem die Leistung selbst beschaffen muss. Dies ist dann der Fall, wenn eine von der Krankenkasse geschuldete notwendige Behandlung infolge eines Mangels im Leistungssystem der Krankenversicherung als Dienst- oder Sachleistung nicht oder nicht in der gebotenen Zeit zur Verfügung gestellt werden kann, sog. Systemversagen (st. Rspr., vgl. BSG, Urteil v. 11.9.2014, B 1 KR 3/13; BSG, Urteil v. 25.9.2000, B 1 KR 5/99 R). Mit dieser Durchbrechung des Sachleistungsgrundsatzes trägt § 13 Abs. 3 dem Umstand Rechnung, dass die gesetzlichen Krankenkassen eine umfassende medizinische Versorgung ihrer Mitglieder sicherstellen müssen und infolgedessen für ein Versagen des Beschaffungssystems einzustehen haben (BSG, Urteil v. 5.7.2013, B 1 KR 44/12 R; BSG, Urteil v. 16.9.1997, 1 RK 28/92).
Rz. 4a
Abs. 3a ist durch das Patientenrechtegesetz v. 20.2.2013 (BGBl. I S. 277) mit Wirkung zum 26.2.2013 neu eingefügt worden. Die Vorschrift dient der Beschleunigung der Bewilligungsverfahren bei den Krankenkassen durch die Einführung von verbindlichen Fristen für die Entscheidung über einen Leistungsantrag. Sofern die Krankenkasse nicht innerhalb der nunmehr vorgesehenen Fristen über einen Leistungsantrag eines Versicherten entscheidet, darf sich dieser die erforderliche Leistung selbst beschaffen und erhält einen Kostenerstattungsanspruch geg...