Rz. 2
Den gesetzlichen Apothekenrabatt gibt es bereits seit dem 1.1.1914, als der krankenversicherungsrechtliche Teil der Reichsversicherungsordnung (RVO) eingeführt worden ist. Inzwischen haben sich die Ausgangslage und die seinerzeit legitimierende Motivation grundlegend geändert. Beim Apothekenrabatt geht es um die geringfügige Kürzung des Kaufpreisanspruchs des Apothekers gegen die Krankenkasse, also um die Gewinnschmälerung durch einen gesetzlich festgelegten Abschlag, der durch die Bindung an die Einhaltung der 10-Tages-Frist nach Rechnungseingang für die Zahlung den Charakter eines Skontos erhält, also mit einer Gegenleistung verbunden ist. Außerdem stellt der Rabatt einen Mengenrabatt bzw. Großabnehmerrabatt dar, der im Wirtschaftsleben üblich und allgemein akzeptiert ist, allerdings dort grundsätzlich vertraglich vereinbart wird. Die für Fertigarzneimittel geltende Arzneimittelpreisverordnung schließt dies aus, so dass der gesetzliche Abschlag insoweit die fehlende vertragliche Möglichkeit ersetzt, Großabnehmern wie den Krankenkassen einen Mengenrabatt einzuräumen
Die Preise für Fertigarzneimittel, die den Hauptteil des Arzneimittelmarktes in der Human- und in der hier nicht interessierenden Tiermedizin ausmachen, werden durch die vom Bundesministerium für Wirtschaft (BMWi) im Einvernehmen mit dem BMG, dem BMAS und dem BMEL nach § 78 Arzneimittelgesetz (AMG) als Rechtsverordnung erlassene Arzneimittelpreisverordnung vorgegeben (AMPreisV v. 14.11.1980, BGBl. I S. 2147, zuletzt geändert durch Art. 6 AMVSG v. 4.5.2017, BGBl. I S. 1050). Mit Art. 6 ist durch Beschluss des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss des Bundestages) die Abgabe von parenteralen Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie durch Krankenhausapotheken ebenfalls der Preisregulierung durch die AMPreisV unterstellt worden, um privat krankenversicherte Personen vor finanzieller Überforderung zu schützen. Für die Abrechnung dieser Zubereitungen in der gesetzlichen Krankenversicherung ergeben sich durch Art. 6 AMVSG aber keine Änderungen, weil in § 129a (Krankenhausapotheken) und § 129 Abs. 5c (öffentliche Apotheken) jeweils spezielle Regelungen gelten.
Die AMPreisV schreibt insbesondere die Preisbildung für verschreibungspflichtige Fertigarzneimttel bei der Abgabe durch öffentliche Apotheken an den Endverbraucher vor. Außerdem legt sie die Preise für in Apotheken hergestellte Arzneimittel und auch die Abgabepreise des pharmazeutischen Großhandels bei Abgabe an die Apotheken fest. Von der AMPreisV ausgenommen sind die Preise im Vertrieb von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln, die Preise bei der Abgabe von Arzneimitteln, Impfstoffen und verschiedenen anderen Produkten durch öffentliche Apotheken an Krankenhäuser sowie einige staatliche Einrichtungen und Behörden. Für die Abgabe von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln in der gesetzlichen Krankenversicherung gilt aber die AMPreisV weiterhin.
Am 19.10.2016 hat der Europäische Gerichtshof die in der AMPreisV festgelegte Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel für ausländische Versandapotheken als mit der unionsrechtlichen Warenverkehrsfreiheit unvereinbar erklärt. Dagegen hat die Preisbindung für deutsche Apotheken (einschließlich der deutschen Versandapotheken) weiterhin Bestand.
1.1 Preisbildung nach der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) bei Fertigarzneimitteln
Rz. 3
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV sind Fertigarzneimittel so definiert, dass es sich um Arzneimittel handelt, die im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden.
Der pharmazeutische Großhandel übernimmt logistische Aufgaben zwischen pharmazeutischen Unternehmern auf der einen Seite und den Apotheken als Einzelhandelsbetrieb auf der anderen Seite. In § 2 Abs. 1 AMPreisV sind für diese Leistungen Großhandelszuschläge für Fertigarzneimittel geregelt. Bei der Abgabe von Fertigarzneimitteln, die zur Anwendung beim Menschen bestimmt sind, durch den Großhandel an Apotheken darf auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne die Umsatzsteuer höchstens ein Zuschlag von 3,15 %, höchstens jedoch 37,80 EUR, zuzüglich eines Festzuschlags von 0,70 EUR sowie die Umsatzsteuer erhoben werden. Der Berechnung der Zuschläge ist jeweils der Betrag zugrunde zu legen, zu dem der pharmazeutische Unternehmer das Arzneimittel nach § 78 Abs. 3 oder 3a AMG abgibt.
§ 3 AMPreisV enthält die Apothekenzuschläge für Fertigarzneimittel. Bei der Abgabe von Fertigarzneimitteln, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind, durch die Apotheken sind nach Abs. 1 zur Berechnung des Apothekenabgabepreises ein Festzuschlag von 3 % zuzüglich 8,35 EUR zuzüglich 0,16 EUR zur Förderung der Sicherstellung des Notdienstes sowie die Umsatzsteuer zu erheben. Der Festzuschlag ist nach Abs. 2 zu erheben
- auf den Betrag, der sich aus der Zusammenrechnung des bei Belieferung des Großhandels geltenden Abgabepreises des pharmazeutischen Unternehmers ohne die Umsatzsteuer und des darauf entfallenden Großhandelshöchstzuschlages nach § 2 ergibt,
- bei...