0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Eine vergleichbare Vorschrift gab es in der RVO nicht. Aus der gesetzlichen Verpflichtung der Kassen-(zahn-)ärztlichen Vereinigungen (KV/KZV) zur Sicherstellung der dem Wirtschaftlichkeitsgebot unterworfenen Kassen-(zahn-)ärztlichen Versorgung leitete das BSG allerdings auch vor Inkrafttreten der Regelung eine entsprechende Befugnis zur Einzelfallprüfung ab (BSG, SozR 2200 § 368 RVO Nr. 9; vgl. auch BVerfG, SozR 2200 § 368 RVO Nr. 10; Hohnholz, in: Hauck/Noftz, § 136 Rz. 3).
Eingeführt als stichprobenhafte Qualitätsprüfung der KV im Einzelfall durch das Gesundheitsreformgesetz (GRG) mit Wirkung zum 1.1.1989 wurde die Vorschrift aufgrund des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz – GMG) v. 14.11.2003 (BGBl. I S. 2190) mit Wirkung zum 1.1.2004 wesentlich umgestaltet. Die Überschrift änderte sich von "Qualitätsprüfung im Einzelfall" in "Förderung der Qualität durch die Kassenärztlichen Vereinigungen". Mit dem neuen Abs. 1 verpflichtete der Gesetzgeber auch die KV zur Durchführung von Qualitätssicherungsmaßnahmen. Die Klarstellung, dass die Regelungen in Abs. 1 und 2 auch für die im Krankenhaus erbrachten ambulanten Leistungen gelten, verblieb im neuen Abs. 3 (vorher Abs. 2).
Durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz – GKV-WSG) v. 26.3.2007 (BGBl. I S. 378) wurde mit Wirkung zum 1.4.2007 die in Abs. 2 Satz 1 vorgesehene stichprobenartige Prüfung der Qualität in der vertrags-(zahn-)ärztlichen Versorgung erweitert auf eine in Ausnahmefällen zulässige Vollerhebung. Mit dem geänderten Satz 2 verpflichtet der Gesetzgeber den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) bei der Entwicklung der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 13 zur Beachtung der datenschutzrechtlichen Regelungen des § 299 Abs. 1 und 2 sowie der Arbeitsergebnisse des unabhängigen Instituts nach § 137a Abs. 2 Nr. 1 und 2. Die Aufhebung des Satzes 3 trägt dem Umstand Rechnung, dass die Vorschrift über § 72 Abs. 1 Satz 2 entsprechend für den vertragszahnärztlichen Bereich gilt.
Mit Wirkung zum 1.7.2008 wurde Abs. 4 durch das Gesetz zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung (Pflege-Weiterentwicklungsgesetz) v. 28.5.2008 (BGBl. I S. 874) eingefügt. Danach kann die KV mit den Krankenkassen Vereinbarungen über qualitätsabhängige Vergütungszuschläge schließen.
1 Allgemeines
Rz. 2
Die Vorschrift über die schwerpunktmäßig auf die Ergebnisqualität ausgerichtete Einzelfallprüfung gehörte von Beginn des SGB V (1.1.1989) an zu den qualitätssichernden Maßnahmen, hatte aber in der bis 31.12.2003 maßgebenden Fassung in der Praxis keine besondere Bedeutung erlangt, wohl auch deshalb, weil zunächst der Einführung und Umsetzung allgemeiner Qualitätssicherungsmaßnahmen Vorrang eingeräumt worden ist und Qualitätsstandards erst allmählich an Bedeutung gewonnen haben. So hatte der Kassenärztliche Bundesverband (KBV) auf der Grundlage von § 135 Abs. 3 i.d.F. des GSG (aufgehoben durch das GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000) am 3.5.1993 Qualitätssicherungsrichtlinien beschlossen (vgl. Dt. Ärztebl. 1993 S. A-1045 ff; Hess, in: KassKomm, SGB V, § 136 Rz. 3; Schneider, NZS 1997 S. 267,270). Vgl. auch Richtlinien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung für die Durchführung von Laboratoriumsuntersuchungen in der kassenärztlichen/vertragsärztlichen Versorgung, Dt. Ärztebl. Heft 30/1987 S. 1413). In der vertragszahnärztlichen Versorgung führten die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen ebenfalls gelegentlich Qualitätsprüfungen im Einzelfall durch, vornehmlich in den Bereichen Parodontosebehandlung und Kieferorthopädie.
Rz. 3
Die Änderung durch das GMG zum 1.1.2004 sollte den Anspruch widerspiegeln, dass die KV aufgrund ihrer besonderen Verantwortung Qualitätssicherungsmaßnahmen in der vertrags-(zahn-)ärztlichen Versorgung erneut allgemein zu fördern (Abs. 1) haben und durch die Qualitätsprüfungen in Einzelfällen durch Stichproben (Abs. 2) das Ergebnis ihrer Bemühungen bewerten können (vgl. BT-Drs. 15/1525 S. 124).
Gleichzeitig ist dem GBA die Zuständigkeit übertragen worden, in den Richtlinien nach § 92 bei den Kriterien zur Qualitätsbeurteilung auch Auswahl, Umfang und Verfahren der Stichprobenprüfung zu entwickeln.
Nach dem GKV-WSG ist seit dem 1.4.2007 ausnahmsweise eine Überprüfung der erbrachten Leistungen auch im Wege der Vollerhebung ausdrücklich geregelt.
Mit der Einfügung des Abs. 4 durch das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz zum 1.7.2008 hat der Gesetzgeber der KV die Möglichkeit gegeben, nicht nur mit den Parteien der Gesamtverträge nach § 83, sondern auch mit einzelnen Krankenkassen Vereinbarungen über den Erhalt von Zuschlägen bei der Teilnahme von Ärzten an regionalen Qualitätssicherungskonzepten zu schließen.
2 Rechtspraxis
2.1 Förderung der Qualität nach Abs. 1
Rz. 4
Durch das GMG ist die KV mit Wirkung zum 1.1.2004 verpflichtet worden, Maßnahmen zur Förderung der Qualität der vertrags-(zahn-)ärztlichen Versorgung dem Grunde nach durchzuführen. Demgegenüber stehen Art und Umfang der konkreten Fördermaßnahme...