Rz. 11b
Der mit Wirkung zum 1.1.2021 eingeführte Abs. 3b ermöglicht es, dass Verträge über die besondere Versorgung auch über eine aus medizinischen oder sozialen Gründen erforderliche Einzelfallversorgung und über eine Versorgung im Wege der Sach- und Dienstleistung in den Fällen abgeschlossen werden können, in denen die Voraussetzungen für eine Kostenerstattung für selbstbeschaffte Leistungen auch außerhalb der Regelversorgung erfüllt sind. Solche Verträge können mit nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringern abgeschlossen werden, wobei aus § 72 Abs. 1 Satz 2 folgt, dass dies auch für die vertragspsychotherapeutische und vertragszahnärztliche Versorgung gilt.
Zur Begründung ist ausgeführt, dass Versicherte die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 2 Abs. 2 grundsätzlich als Sach- und Dienstleistungen durch die für die Leistungserbringung in der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassenen Leistungserbringer erhalten. Kostenerstattung anstelle der Sach- oder Dienstleistungen oder eine Versorgung durch nicht zugelassenen Leistungserbringer sind auf gesetzliche geregelte Ausnahmefälle beschränkt. Andere als die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer dürfen nur in Notfällen in Anspruch genommen werden (§ 76 Abs. 1 Satz 2). Die Inanspruchnahme nicht zugelassener Leistungserbringer auf Kosten der Krankenkasse ist darüber hinaus möglich im Rahmen der vom Versicherten selbst gewählten Kostenerstattung nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse, die erteilt werden kann, wenn medizinische oder soziale Gründe dies rechtfertigen und eine der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist (§ 13 Abs. 2) oder als eine von der Krankenkasse vorgesehene freiwillige Satzungsleistung (§ 11 Abs. 6 Satz 1). Die Rechtsprechung hat schließlich eine Kostenerstattung für selbstbeschaffte Leistungen in seltenen Ausnahmefällen sog. Systemversagens angenommen, wenn eine von der Krankenkasse geschuldete notwendige Behandlung wegen eines Mangels im Leistungssystem der Krankenversicherung nicht zur Verfügung gestellt werden kann. Darüber hinaus können nach § 2 Abs. 1a in Fällen lebensbedrohlicher, regelmäßig tödlicher oder wertungsmäßig vergleichbarer Erkrankungen, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, Leistungen außerhalb des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung beansprucht werden, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine später spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht.
Soweit die vorgenannten Sonderfälle als Fallgruppen auf eine Versorgung und Vergütung außerhalb der Versorgungs- und Vergütungsregeln der gesetzlichen Krankenversicherung hinauslaufen, bietet Abs. 3b den Krankenkassen nunmehr die Möglichkeit, den betroffenen Versicherten auch insoweit eine mit zugelassenen oder nicht zugelassenen Leistungserbringern für den Einzelfall vereinbarte Versorgung und verhandelte Vergütung im Wege der Sach- und Dienstleistung anzubieten. Dieses freiwillige Angebot der Krankenkassen schränkt nach der Gesetzesbegründung die vorerwähnten Leistungsansprüche der Versicherten nicht ein, da es sich insoweit nur um eine fakultative besondere Versorgungsform im Leistungserbringerrecht im Verhältnis zwischen Krankenkasse und Leistungserbringer handelt.
Für nicht zugelassene Leistungserbringer kann dabei z. B. ein Anreiz für besondere Vergütungsvereinbarungen unter Verzicht auf einseitig festgesetzte Angebotspreise aus Gründen der Planungs- oder Versorgungssicherheit oder anderen Vorteilen des Versorgungsmanagements durch die Krankenkasse bestehen. Schließlich ermöglicht Satz 2 auch den Abschluss von Verträgen nach Satz 1 mit nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringern, wenn etwa bisherige Behandlungsversuche durch zugelassene Leistungserbringer nicht erfolgreich waren (etwa in der Diagnostik seltener Erkrankungen).
Der Abs. 3b ermöglicht vertragliche Beziehungen mit nicht zur Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassenen Leistungserbringern aber nur im Ausnahmefall bzw. Sonderfall. Sie schafft für die Krankenkassen eine Möglichkeit, in den in Satz 1 beschriebenen eng begrenzten Sonderfällen, in denen der Versicherte einen Leistungsanspruch hat, diesen Leistungsanspruch durch eine leistungserbringerrechtliche Regelung mit nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringern zu gestalten.