Rz. 13
Die zwangsweise Vereinigung von Ersatzkassen durch RechtsVO des BMG stellt eine Neuerung für Ersatzkassen dar, die zwingend an das Vorliegen der gesetzlich vorgesehenen Voraussetzungen gebunden ist und zusätzlich der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Diese Zwangsvereinigung ist auf die Vereinigung von Ersatzkassen miteinander beschränkt. Eine Zwangsvereinigung mit Krankenkassen einer anderen Kassenart ist, anders als im Falle einer freiwilligen Vereinigung nach § 171a, nicht zulässig. Da es sich bei einer Vereinigung durch RechtsVO nicht um eine freiwillige Vereinigung handelt, findet eine Zusammenschlusskontrolle nach § 172a nicht statt.
Rz. 14
Die Regelungen des Abs. 2 über die Vereinigung durch RechtsVO sind nicht ganz eindeutig. Satz 1 sieht den Erlass einer RechtsVO mit Zustimmung des Bundesrates zur Vereinigung von Ersatzkassen als Ermessensentscheidung ("kann") vor. Satz 2 verweist auf die entsprechende Geltung des § 145, dessen Abs. 2 jedoch bei Vorliegen der dort genannten materiell-rechtlichen Voraussetzungen eine zwingende Vereinigung vorsieht, die wohl auch für Ersatzkassen gelten soll (vgl. BT-Drs. 12/3608 S. 108, 112).
Rz. 15
§ 145 Abs. 1 enthält verfahrensrechtliche und materiellrechtliche Voraussetzungen für eine in das Ermessen gestellte Vereinigung, § 145 Abs. 2 regelt dagegen materiellrechtliche Voraussetzungen für eine zwangsweise Vereinigung von Krankenkassen. Da Abs. 2 Satz 1 dem Einleitungssatz von § 145 Abs. 1 entspricht, ist die Vorschrift wohl dahingehend zu verstehen, dass eine Ermessensentscheidung des BMG nach Abs. 2 Satz 1 dann ergehen kann, wenn die Voraussetzungen des § 145 Abs. 1 vorliegen, bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 145 Abs. 2 jedoch eine zwingende Vereinigung durch RechtsVO zu erfolgen hat.
Rz. 16
Abs. 2 ist daher wohl so zu verstehen, dass auf Antrag sowohl eine "Kann-Vereinigung" als auch bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 145 Abs. 2 eine "Muss-Vereinigung" durch RechtsVO vorgesehen sein soll.
Rz. 17
Für das Verfahren bei Vereinigung durch RechtsVO gilt § 146, auf den verwiesen wird und der gleichfalls für beide Vereinigungsfälle des § 145 gilt.
2.2.1 Verfahrensvoraussetzungen
Rz. 18
Die Vereinigung durch RechtsVO setzte ursprünglich zwingend einen Antrag einer Ersatzkasse oder eines Spitzenverbandes der Ersatzkassen voraus. Diese Antragsbefugnis eines der Spitzenverbände der Ersatzkassen ist mit Wirkung zum 1.7.2008 gestrichen worden. Zur Begründung ist angegeben (BT-Drs. 16/3100 S. 441), dass es sich um eine Folgeänderung zur neuen Organisationsstruktur der Verbände der Krankenkassen handelt, zu der auch die Umwandlung der Ersatzkassenverbände zu Gesellschaften bürgerlichen Rechts (vgl. § 212 und Komm. dort) und die Errichtung eines Bundesverbandes der Krankenkassen (vgl. § 217a und Komm. dort) gehört. Eine Antragsbefugnis des Spitzenverbandes nach § 217a für die Vereinigung von Ersatzkassen besteht nicht.
Rz. 18a
Antragsbefugt ist nunmehr allein noch die Ersatzkasse, die mit einer anderen Ersatzkasse vereinigt werden möchte. Eine Vereinigung "von Amts wegen" ist nicht vorgesehen. Allerdings kann sich aus § 170 i. V. m. den Voraussetzungen des § 145 ein gewisser Zwang zur Stellung eines förmlichen Antrags auf Vereinigung ergeben, wenn ansonsten die Schließung durch die Aufsichtsbehörde droht, was der Einleitung einer Zwangsvereinigung "von Amts wegen" nahekommt.
Rz. 19
Die Zulässigkeit der Rücknahme des Antrags regelt das Gesetz nicht. Versteht man den Antrag auf Vereinigung als einen das Verfahren einleitenden Antrag, ist eine Rücknahme jedenfalls bis zum Erlass der RechtsVO möglich. Dafür spricht auch, dass infolge der Verweisung auf u. a. § 145 Abs. 2 Nr. 2 zunächst eine Frist für eine freiwillige Vereinigung verstrichen sein muss, bis die RechtsVO erlassen werden kann. Da sich durch eine solche freiwillige Vereinigung jedoch der Antrag ohnehin erledigt, ist es geboten, den Antrag lediglich als verfahrenseinleitend und fristauslösend zu betrachten. Dass die Rücknahme nur von derjenigen Stelle erklärt werden kann, die auch den Antrag gestellt hat, dürfte selbstverständlich sein.
Rz. 20
Den Antrag einer Ersatzkasse auf Vereinigung hat der Verwaltungsrat zu beschließen; denn ein solcher Antrag führt nicht nur zu einer Auflösung der Krankenkasse i. S. d. § 197 Abs. 1 Nr. 6, sondern ist auch eine Entscheidung von grundsätzlicher Bedeutung für die Ersatzkasse i. S. v. § 197 Abs. 1 Nr. 1b. Er kann auch vom Verwaltungsrat selbst gestellt werden, ansonsten ist dieser Beschluss vom Vorstand in einen entsprechenden Antrag umzusetzen.
2.2.2 Materielle Voraussetzungen
Rz. 21
Für die Vereinigung von Ersatzkassen durch eine in das Ermessen des BMG gestellte RechtsVO ist erforderlich, dass entsprechend § 145 Abs. 1 Nr. 1 die Leistungsfähigkeit der betroffenen Ersatzkassen verbessert werden kann oder eine Abweichung des Bedarfssatzes um mehr als 5 % vorliegt. Der Begriff der Leistungsfähigkeit und die Bestimmung des Bedarfssatzes sind hier gleich wie in § 145, so dass auf die Ausführungen dort verwiesen wird (zur Überprüfung der Pr...