0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift ist mit Art. 1, Art. 79 Abs. 1 des Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen (Gesundheitsreformgesetz – GRG) v. 20.12.1988 (BGBl. I S. 2477) mit Wirkung zum 1.1.1989 in Kraft getreten.
Durch Art. 1 Nr. 122, Art. 35 Abs. 6 des Gesetzes zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung (Gesundheitsstrukturgesetz – GSG) v. 21.12.1992 (BGBl. I S. 2266) wurde mit Wirkung zum 1.1.1996 die Überschrift geändert und in Abs. 1 die Nr. 1a und 1b eingefügt; die Abs. 2 und 3 wurden angefügt und die Begriffe "Vertreterversammlung" und "Geschäftsführer" wurden jeweils durch Verwaltungsrat und Vorstand ersetzt.
1 Allgemeines
Rz. 2
Die Vorschrift unterstreicht die besondere Bedeutung des Verwaltungsrates als das Selbstverwaltungsorgan der Versicherten und deren Arbeitgeber (Ausnahme bei Ersatzkassen, bei denen Arbeitgeber nicht vertreten sind, soweit die Ersatzkasse sich nicht mit einer Krankenkasse mit Arbeitgeberbeteiligung im Verwaltungsrat vereinigt hatte – vgl. § 44 Abs. 1 Nr. 3 SGB IV), als Gesetzgebungsorgan und Inhaber des Haushaltsrechts der Krankenkasse. Die Vorschrift benennt die wesentlichen, dem Verwaltungsrat obliegenden Kompetenzen und Befugnisse, ohne diese abschließend inhaltlich eigenständig zu regeln. Insoweit hat sie eher deklaratorischen Charakter. Die Vorschrift fasst im Wesentlichen die früheren Regelungen des § 345 RVO zusammen.
Rz. 3
Die Rechtsänderungen ab dem 1.1.1996 beruhen teilweise auf den durch das GSG geänderten Organisationsstrukturen der Krankenkassen, nach denen der Verwaltungsrat das Selbstverwaltungsorgan der Krankenkasse ist und der Vorstand nach § 35a SGB IV die Geschäfte führt. Die Vorschrift wurde dementsprechend angepasst, wobei jedoch nicht berücksichtigt wurde, dass diese Änderungen nur Orts-, Betriebs- und Innungskrankenkassen und Ersatzkassen betraf (§ 33 Abs. 3a, § 35a SGB IV). Bei anderen Krankenkassen (Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See – früher: Bundesknappschaft und See-Krankenkasse, landwirtschaftlichen Krankenkassen) blieben Organe der Selbstverwaltung weiterhin die Vertreterversammlungen, und diese Versicherungsträger verfügen über einen Geschäftsführer (§ 33 SGB IV). Die nach § 197 dem Verwaltungsrat eingeräumten und übertragenen Kompetenzen gelten daher ergänzend für Träger der Krankenversicherung, die noch über eine Vertreterversammlung verfügen, auch für diese.
2 Rechtspraxis
2.1 Rechtsetzungsbefugnis (Abs. 1 Nr. 1)
Rz. 4
Dem Verwaltungsrat obliegt das Recht und die Pflicht, die Satzung und sonstiges autonomes Recht zu beschließen. Diese Rechtsetzungsbefugnis folgt auch aus § 33 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 SGB IV. Die Notwendigkeit einer Satzung und deren notwendiger Inhalt ergibt sich aus § 194, der zugleich auch die Begrenzung der Satzungsautonomie auf Aufgaben der Krankenversicherung entfällt (§ 194 Abs. 2 und Komm. dort). Neben den vom Gesetz den Krankenkassensatzungen überlassenen Regelungskompetenzen, z. B. über die Fälligkeit der Beiträge (§ 23 Abs. 1 Satz 1 SGB IV), gehörten bis zum 31.12.2008 zu den in der Satzung zu regelnden Gegenständen die Festlegung der Beitragssätze und die Bestimmung der Grundsätze für die Beitragsbemessung für freiwillig Versicherte im Rahmen von § 240. Die Beitragssätze wurden ab 1.1.2009 durch Rechtsverordnung der Bundesregierung und ab 1.1.2001 unmittelbar durch Gesetz geregelt (vgl. §§ 241ff. und Komm. dort) und die Grundsätze für die Beitragsbemessung freiwillig Versicherter seit dem 1.1.2009 ausschließlich dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen übertragen (vgl. Komm. zu § 240).
Rz. 5
Sonstiges autonomes Recht kann bei Krankenkassen noch die bestehende Dienstordnung für die Angestellten (Dienstordnungsangestellten) sein. Nach diesen Dienstordnungen erhielten die Angestellten einen dem Beamtenverhältnis ähnlichen Status. Diese Dienstordnungen sind jedoch für Krankenkassen nur noch für bestehende Dienstverhältnisse von Bedeutung. Neue Dienstordnungsverhältnisse dürfen nach § 358 RVO (eingefügt durch Art. 5 Nr. 1 GSG) nicht mehr begründet werden. Diese bestehenden Dienstordnungen sind und können jedoch von dem Verwaltungsrat geändert und angepasst werden.
2.2 Überwachungsbefugnis (Abs. 1 Nr. 1a)
Rz. 6
Zu den Befugnissen und Verpflichtungen des Verwaltungsrates gehört nunmehr auch die Überwachung des Vorstandes, wie dies bisher schon für die Überwachung des Geschäftsführers vorgesehen war. Diese Überwachungsfunktion betrifft die Tätigkeit des Vorstandes bei der Verwaltung der Krankenkasse, also laufende Dienstgeschäfte, in denen der Vorstand die Krankenkasse gerichtlich und außergerichtlich vertritt (§ 35a Abs. 1 SGB IV und Komm. dort). Diese Kontroll- und Aufsichtsbefugnis ist in der Hauptsache eine Rechtsaufsicht, da die Verwaltung der Krankenkasse für die laufenden Dienstgeschäfte durch die gesetzlichen und satzungsmäßigen Vorschriften geregelt und bestimmt wird. Die Einhaltung und Beachtung der Rechtsvorschriften der Sozialgesetzbücher und der Satzung gehört zu den Amtspflichten des Vorstandes.
Rz. 7
Zur Ausübung dieser Aufsichtsbefugnis hat der Verwaltungsrat das Recht, sämtliche...