Rz. 4
Entsprechend dem Grundanliegen des Gesundheitsreformgesetzes – GRG, dem Kostenanstieg der gesetzlichen Krankenversicherung und damit den steigenden Beitragssätzen entgegenzuwirken (vgl. BT-Drs. 11/2237 S. 132), wurde der Grundsatz der "Wirtschaftlichkeit" und der "ausreichenden Versorgung" in den Vordergrund für die Leistungsgewährung gestellt. Dieser Grundsatz wird in § 12 und anderen Leistungsvorschriften noch einmal wiederholt und dahin gehend konkretisiert, dass Versicherte unwirtschaftliche Leistungen nicht beanspruchen können, Leistungserbringer sie nicht bewirken und die Krankenkassen diese nicht bewilligen dürfen. Diese Begrenzung gilt auch, im Interesse der Begrenzung der Kosten im Gesundheitswesen insgesamt, nachdem die Beitragssätze in den §§ 241 ff. gesetzlich festgelegt wurden.
Rz. 5
Der Inhalt dieses Wirtschaftlichkeitsgebotes ist gesetzlich nicht näher definiert. Da jedenfalls notwendige, fachlich qualitative und dem allgemeinen Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Leistungen zum Leistungsinhalt gehören, sind die diesen Anforderungen entsprechenden Leistungen mit der daraus folgenden Vergütungspflicht durch die Krankenkassen auch als wirtschaftlich anzusehen. Das Wirtschaftlichkeitsgebot betrifft nicht nur die Leistungserbringung in Einzelfall, sondern auch die allgemeine Ausgestaltung des Leistungsrechts durch untergesetzliche Normen und Richtlinien (so Axer, in: Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2. Aufl., § 2 Rz. 3 f.). Danach wären unwirtschaftlich lediglich solche Leistungen, die entweder objektiv gar nicht erforderlich sind, über das notwendige Maß hinausgehen oder trotz qualitativ vergleichbarer anderer Möglichkeiten in einer Mehrkosten verursachenden Weise erbracht werden. Eine Verordnung von Heilmitteln, die ohne jegliche medizinische Indikation und in der Kenntnis verordnet werden, dass die verordneten Leistungen gar nicht erbracht, aber gegenüber den Krankenkassen abgerechnet werden sollen, erfüllt den Straftatbestand der Untreue (BGH, Beschluss v. 16.8.2016, 4 StR 163/16, NJW 2016, 3253).
Das Wirtschaftlichkeitsgebot findet in § 39 Abs. 1 insbesondere bei der Beurteilung der Erforderlichkeit einer vollstationären Krankenhausbehandlung (primäre Fehlbelegung) oder bezüglich der Dauer der Behandlung (sekundäre Fehlbelegung) in Krankenhausabrechnungsstreitigkeiten eine besondere Bedeutung. Ein Vergütungsanspruch besteht daher grundsätzlich nur, wenn die vollstationäre Behandlung aus Ex-ante-Perspektive notwendig gewesen ist und sie dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft entsprochen hat und die danach zu beurteilenden Qualitätsstandards eingehalten wurden (vgl. BSG, Urteil v. 19.12.2017, B 1 KR 17/17 R). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz lässt die Rechtsprechung sonst nur unter dem Gesichtspunkt eines fiktiven wirtschaftlichen Alternativverhaltens zu (vgl. BSG, Urteil v. 10.3.2015, B 1 KR 3/15 R) oder wenn die fehlende objektive Notwendigkeit der vollstationären Aufnahme aus der Ex-ante-Perspektive des die Aufnahme veranlassenden Krankenhausarztes nicht erkennbar war (vgl. hierzu für den Fall einer Täuschung durch einen Versicherten als sog. Krankenhauswanderer BSG, Urteil v. 21.8.1996, 3 RK 2/96).
Allerdings beinhalten und führen die speziellen Regelungen über die Leistungserbringung und die Konkretisierung der Behandlung durch die Leistungserbringer auch zu Leistungsverpflichtungen der Krankenkassen oder schließen die Möglichkeit der eigenen Überprüfung der Wirtschaftlichkeit durch die Krankenkassen durch die Einrichtung besonderer Ausschüsse aus (§ 137 c und BSG, Urteil v. 19.2.2003, B 1 KR 1/02 R). Den Krankenkassen ist dann der Einwand der Unwirtschaftlichkeit gegen einen Vergütungsanspruch abgeschnitten (vgl. BSG, Urteil v. 24.7.2003, B 3 KR 28/02 R).
Rz. 6
Leistungen der Krankenbehandlung sind nicht durch die Krankenkassen zu leisten, soweit sie der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Damit ist keine über das geltende Recht hinausgehende generelle Einschränkung der Leistungen oder eine Ermächtigung der Krankenkassen dazu verbunden (BT-Drs. 11/2237 S. 157). Dies bedeutet, dass es einer gesetzlichen Regelung dazu bedarf, ob und welche Leistungen oder deren Umfang von der Leistungspflicht der Krankenkassen ausgeschlossen sind. Neben den sonstigen gesetzlichen Ausschlüssen oder Begrenzungen von Leistungen der Krankenversicherung sind solche konkretisierenden Regelungen z. B. in § 34 für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel oder ausgeschlossene Heil- und Hilfsmittel enthalten, und in § 12 Abs. 2 wird der Leistungsanspruch auf den festgesetzten Festbetrag begrenzt. Insoweit hat die Aussage lediglich deklaratorische Bedeutung.
Rz. 7
Eine besondere Regelung über die Eigenverantwortung enthält § 52, der den Krankenkassen die Möglichkeit eröffnet, die Versicherten an den Kosten zu beteiligen, wenn diese sich eine Krankheit vorsätzlich oder bei einem von ihnen begangenen Verbrechen oder vorsätzlichen Vergehen zugezogen haben. Eine nennenswerte ...