2.1 Arbeitsgemeinschaften der Krankenkassen und ihrer Verbände (Abs. 1)
2.1.1 Bildung und Rechtsform
Rz. 3
Die Krankenkassen und ihre Verbände können untereinander und insbesondere mit Kassenärztlichen Vereinigungen und anderen Leistungserbringern sowie mit dem öffentlichen Gesundheitsdienst Arbeitsgemeinschaften bilden. Weitere Stellen können in die Arbeitsgemeinschaft einbezogen werden, weil die Aufzählung nicht abschließend ist. Denkbar sind Arbeitsgemeinschaften unter Beteiligung von Krankenkassen verschiedener Kassenarten, Landes- und Kassenverbände (Koch, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl. 2020, § 219 Rz. 11).
Rz. 4
Die Arbeitsgemeinschaften sind nicht auf eine einzelne Kassenart beschränkt, sondern kassenartenübergreifend möglich. Arbeitsgemeinschaften können nicht nur mit den in der Vorschrift direkt genannten, sondern auch mit anderen Institutionen gebildet werden (Formulierung "insbesondere …"). Arbeitsgemeinschaften können sowohl zur Bewältigung eng begrenzter Einzelaufgaben als auch auf Dauer angelegt sein. Es muss eine gewisse Institutionalisierung gegeben sein (Koch, in: Schlegel/Voelzke, a. a. O., § 219 Rz. 13).
Rz. 5
Arbeitsgemeinschaften haben eine privatrechtliche Organisationsform. Sie können z. B. als GmbH, Genossenschaft oder BGB-Gesellschaft gegründet werden. Eine öffentlich-rechtliche Organisationsform (Körperschaft, Anstalt, Stiftung) ist ausgeschlossen, weil es dafür an einer gesetzlichen Grundlage fehlt. Ausnahmen sind gesetzlich vorgesehene Arbeitsgemeinschaften (vgl. §§ 278, 282), die als Körperschaft des öffentlichen Rechts errichtet werden.
Rz. 6
Arbeitsgemeinschaften, die öffentlich-rechtliche Aufgaben wahrnehmen, werden als Beliehene tätig. Sie können nur dann Verwaltungsakte erlassen, wenn es dafür eine gesetzliche Grundlage gibt. Dies ist der offensichtlichen Intention des Gesetzgebers zu entnehmen, die allgemeinen rechtlichen Grundlagen für die Bildung von Arbeitsgemeinschaften in § 94 Abs. 2 bis 4 SGB X unmittelbar gelten zu lassen (BT-Drs. 15/4228 S. 26). § 94 Abs. 2 bis 4 SGB X verweist jedoch zum Auftragsrecht ausschließlich auf die Abs. 1 und 2 des § 88 SGB X. Damit fehlt der Hinweis auf Abs. 3, der gerade konkret das Recht zum Erlass von Verwaltungsakten nur bei ausdrücklicher Ermächtigung durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes zubilligt.
Rz. 7
Ausnahmen gelten für die Arbeitsgemeinschaft für Krebsbekämpfung der Träger der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung in Nordrhein-Westfalen, die Rheinische Arbeitsgemeinschaft zur Rehabilitation Suchtkranker, die Westfälische Arbeitsgemeinschaft zur Rehabilitation Suchtkranker, die Arbeitsgemeinschaft zur Rehabilitation Suchtkranker in Hessen sowie die Arbeitsgemeinschaft für Heimdialyse in Hessen. Sie sind berechtigt, Verwaltungsakte zur Erfüllung der Aufgaben zu erlassen, die ihnen am 1.7.1981 übertragen waren (vgl. § 94 Abs. 1 SGB IV).
2.1.2 Aufgaben
Rz. 8
Die Mitglieder einer Arbeitsgemeinschaft haben sich insbesondere gegenseitig zu unterrichten und abzustimmen sowie die enge Zusammenarbeit im Rahmen der gesetzlich übertragenen Aufgaben zu koordinieren und zu fördern. Aufgabenfelder sind die Förderung der Gesundheit, Prävention, Versorgung chronisch Kranker und Rehabilitation.
2.1.3 Handlungsform
Rz. 9
Arbeitsgemeinschaften bedienen sich der Handlungsformen des Privatrechts. Öffentlich-rechtliches Handeln (z. B. durch Verwaltungsakt oder den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags) ist ausgeschlossen (Ausnahmen vgl. Rz. 7).
2.1.4 Aufsicht
Rz. 10
Die Arbeitsgemeinschaften unterliegen der Aufsicht der nach § 90 SGB IV zuständigen Aufsichtsbehörden (vgl. § 94 Abs. 2 Satz 1 SGB X). Das Bundesversicherungsamt führt die Aufsicht über die Arbeitsgemeinschaften, deren Zuständigkeit sich über das Gebiet eines Landes hinaus erstreckt. Erstreckt sich die Zuständigkeit nicht über das Gebiet eines Landes hinaus, wird die Aufsicht durch die für die Sozialversicherung zuständige oberste Verwaltungsbehörde des Landes oder die von ihr bestimmte Behörde durchgeführt. Fehlt ein räumlicher Zuständigkeitsbereich i. S. v. § 90 SGB IV, ist Aufsichtsbehörde die für die Sozialversicherung zuständige oberste Verwaltungsbehörde oder die von der Landesregierung durch Rechtsverordnung oder bei entsprechender Ermächtigung von ihr bestimmte Behörde des Landes, in dem die Arbeitsgemeinschaft ihren Sitz hat (vgl. § 94 Abs. 2 Satz 2 SGB X).
Rz. 11
Die Aufsicht erstreckt sich auf die Beachtung von Gesetz und sonstigem Recht, das für die Arbeitsgemeinschaft, die Krankenkassen und ihre Verbände gilt. Es gelten damit die allgemeingültigen Grundsätze der Rechtsaufsicht auch für die Arbeitsgemeinschaften. Zweckmäßigkeitserwägungen stellt die Aufsichtsbehörde nicht an. Aufsichtsmittel zur Durchsetzung der staatlichen Aufsicht und zur Behebung von Rechtsverletzungen können nicht direkt gegen die Arbeitsgemeinschaften angewendet werden, sondern sind über die der Arbeitsgemeinschaft angehörenden Institutionen einzusetzen. Dies folgt aus dem fehlenden Verweis auf § 89 SGB IV.
2.1.5 Haushaltsplan
Rz. 12
Die Arbeitsgemeinschaft hat in entsprechender Anwendung des § 67 SGB IV einen Haushaltsplan aufzustellen, soweit...