0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift wurde durch das Gesetz zur Strukturreform im Gesundheitswesen (Gesundheitsreformgesetz – GRG) v. 20.12.1988 (BGBl. I S. 2477) mit Wirkung ab 1.1.1989 eingefügt. Eine Vorgängervorschrift existiert nicht. Die Vorschrift setzte sich aus 2 Absätzen zusammen, wobei Abs. 1 im Wesentlichen der aktuellen Fassung der Norm entsprach, und Abs. 2 den Krankenkassen gestattete, Daten im Zusammenhang mit Beitragsrückzahlungen aufzuzeichnen (vgl. Didong, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl 2016, § 292 Rz. 5). Durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Sozialgesetzbuchs (2. SGB-ÄndG) v. 13.6.1994 (BGBl. I S. 1229) erfolgte mit Wirkung zum 1.7.1994 eine Änderung von Abs. 1 Satz 3, eine Ergänzung des Abs. 2 und eine Erweiterung um Abs. 3 und 4. Das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 (GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000) v. 22.12.1999 (BGBl. I S. 2626) hat mit Wirkung zum 1.1.2000 die Abs. 2 bis 4 gestrichen.
1 Allgemeines
Rz. 2
Die Vorschrift dient mit den anderen Regelungen im Zehnten Kapitel dazu, die Transparenz des Leistungsgeschehens zu verbessern, die Unterrichtung der Versicherten über die Leistungen zu ermöglichen, die Voraussetzungen für eine qualifizierte Prüfung von Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit und Notwendigkeit der abgerechneten Leistungen sowie zur Bekämpfung von Missbrauch und Abrechnungsmanipulationen zu schaffen. Die Krankenkassen können damit ihre Aufgaben wirksamer und besser erfüllen (Koch, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 292 Rz. 4). Die Norm ergänzt die §§ 284, 288 und verpflichtet die Krankenkassen, abgerechnete Leistungen, von denen der Anspruch auf spätere Leistungen abhängt, versichertenbezogen aufzuzeichnen. Beispielhaft werden die in Satz 2 aufgeführten Leistungen genannt. Im Fall der Arbeitsunfähigkeit sind nach Satz 3 auch die Diagnosen aufzuzeichnen.
2 Rechtspraxis
2.1 Angaben über Leistungen (Satz 1)
Rz. 3
Die Krankenkassen sind verpflichtet, Angaben über Leistungen, die zur Prüfung der Voraussetzungen späterer Leistungsgewährung erforderlich sind, aufzuzeichnen. Der Begriff "Aufzeichnen" ist untechnisch gemeint und bezieht sich auf die Speicherung von Sozialdaten (Koch, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 292 Rz. 8). Unter Speicherung ist das Erfassen, Aufnehmen oder Aufbewahren von Sozialdaten auf einem Datenträger zum Zwecke ihrer weiteren Verarbeitung oder Nutzung zu verstehen (Art. 4 Datenschutz-Grundverordnung). Die Daten werden unabhängig davon gespeichert, ob eine spätere Leistungsgewährung wahrscheinlich ist. Eine entsprechende Prognoseentscheidung ist gesetzlich nicht vorgesehen. Die Daten sind spätestens nach 10 Jahren zu löschen (§ 304 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1).
2.2 Beispielhafte Aufzählung (Satz 2)
Rz. 4
Insbesondere sind Angaben zur Feststellung der Voraussetzungen von Leistungsansprüchen bei
- Krankenhausbehandlung,
- medizinischen Leistungen zur Gesundheitsvorsorge und Rehabilitation,
- zur Feststellung der Voraussetzungen der Kostenerstattung und
- zur Leistung von Zuschüssen
aufzuzeichnen. Die Aufzählung ist beispielhaft und nicht abschließend. Weitere Daten können erfasst werden (z. B. Angaben zum Kinderpflegekrankengeld, § 45).
Daten zur Feststellung von Krankenhausbehandlung sind erforderlich, um die Zuzahlungspflicht nach § 39 Abs. 4 bzw. § 40 Abs. 6 (10,00 EUR pro Tag für längstens 28 Tage) ermitteln zu können. Angaben zur Feststellung der Voraussetzungen von Ansprüchen bei Leistungen zur Gesundheitsvorsorge und Rehabilitation sind notwendig, um die sich aus § 23 Abs. 5 Satz 4 bzw. § 40 Abs. 3 Satz 16 ergebenden Fristen für eine erneute Bewilligung derartiger Maßnahmen von 3 bzw. 4 Jahren festzustellen. Kostenerstattungs- und Zuschussregelungen begründen ebenfalls die Notwendigkeit von Aufzeichnungen.
2.3 Diagnosen bei Arbeitsunfähigkeit (Satz 3)
Rz. 5
Im Falle der Arbeitsunfähigkeit sind Diagnosen aufzuzeichnen. Damit wird die Krankengeldbezugsdauer wegen derselben Krankheit ermittelt (vgl. § 48 Abs. 1 und 2). Es werden die für die Arbeitsunfähigkeit ursächlichen Diagnosen gespeichert. Diagnosen im Zusammenhang mit dem Kinderpflegekrankengeld (§ 45) werden durch die Regelung nicht erfasst. In der entsprechenden Norm fehlt es dazu am Tatbestand der Arbeitsunfähigkeit.
Rz. 6
Die Daten dürfen nur solange gespeichert werden, wie sie für eine spätere Anspruchsprüfung benötigt werden (vgl. § 304 Abs. 1). Spätestens nach 10 Jahren sind sie zu löschen (§ 304 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1).
3 Literatur
Rz. 7
Kühling/Schildbach, Die Reform der Datentransparenzvorschriften im SGB V, NZS 2020 S. 41.