Rz. 28
Das GKV-WSG hat nunmehr in einem neuen Abs. 8 die Zuzahlung der Versicherten geregelt. Die Regelung entspricht weitgehend dem bisherigen Abs. 2 Satz 5. Danach zahlen Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, zu jedem zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag zu dem von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrag an die abgebende Stelle, d. h. eine Zuzahlung in Höhe von 10 % des Abgabepreises, mindestens 5,00 EUR und höchstens 10,00 EUR. In Satz 1 wird bezüglich der Zuzahlung auf die abgegebenen Hilfsmittel abgestellt, da die Krankenkassen nicht in allen Fällen auf einer vertragsärztlichen Verordnung notwendiger Hilfsmittel bestehen müssen.
Rz. 29
Die Zuzahlung haben die jeweiligen Leistungserbringer von ihrem Vergütungsanspruch gegen die Krankenkasse abzuziehen. Dies bedeutet, dass nicht die Krankenkasse, sondern der Leistungserbringer den Zuzahlungsanspruch gegenüber dem Versicherten durchsetzen muss. Das Gesetz sieht vor, dass der Vergütungsanspruch des Leistungserbringers um den Zuzahlungsbetrag verringert wird. Damit ist für die in § 43b Abs. 1 vorgesehene Verrechnung der Zuzahlung mit dem Vergütungsanspruch gegen die Krankenkasse kein Raum mit der Folge, dass § 43b Abs. 1 Satz 2 hier nicht angewendet werden kann. Die Norm stellt sich damit als Sonderregelung zu § 43b Abs. 1 dar.
Rz. 30
Satz 2 stellt klar, dass sich der Vergütungsanspruch nach Abs. 7 um die Zuzahlung verringert und § 43b Abs. 1 Satz 2 keine Anwendung findet. Diese Regelung ist wegen der in der Praxis aufgetretenen Auslegungsprobleme zur Klarstellung eingefügt worden. Abweichend von § 43b Abs. 1 Satz 2 hat der Leistungserbringer die Zuzahlung einzuziehen und auch das Inkassorisiko zu tragen (BT-Drs. 16/3100 S. 13).
Rz. 31
Satz 4 bestimmt zur Vermeidung einer Überforderung betroffener Versicherter, dass die Zuzahlung bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln 10 % des insgesamt von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrages, jedoch höchstens 10,00 Euro für den gesamten Monatsbedarf beträgt. Zum Verbrauch bestimmt sind insbesondere Inkontinenzartikel, die regelmäßig in großer Stückzahl verbraucht werden.
Rz. 32
Je nach Indikation kann die Versorgung mit Hilfsmitteln mehrere Produkte als Versorgungseinheit umfassen. So benötigt z. B. ein Stoma-Patient für seine Versorgung Basisplatten und Stomabeutel, die aus technischen Gründen getrennt verpackt sind. Mithin kann eine Versorgungseinheit aus mehreren Packungen bestehen. Um diese Patientengruppe finanziell nicht zu überfordern, soll die Zuzahlung unabhängig von der Verpackungsart je Indikation nicht mehr als 10,00 EUR für den Monatsbedarf betragen. Die Belastungsgrenzen in § 62 sind zu beachten.
Rz. 33
Von der Zuzahlung zu unterscheiden ist ein etwaiger Eigenanteil der Versicherten. Auch der Anspruch auf Versorgung mit einem Hilfsmittel unterfällt dem Sachleistungsprinzip, das es durchaus ermöglicht, Versicherten zur Erlangung eines die Leistungspflicht der Krankenversicherung übersteigenden Gegenstandes einen bestimmten Eigenanteil abzufordern. Die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ist auch im Rahmen des Sachleistungsanspruchs auf den Ausgleich von natürlichen Funktionen eines nicht oder nicht voll funktionsfähigen Körperteils beschränkt. Im Rahmen dieses Ausgleichs muss sich die Krankenkasse auch bei der Versorgung mit Hilfsmitteln auf das Maß des Notwendigen i. S. v. § 12 Abs. 1 beschränken. Ist z. B. die Versorgung mit einem Paar orthopädischer Schuhe zum Ausgleich von Behinderungen notwendig, um die natürlichen Funktionen des Stehens und Gehens in ausreichendem Maße zu ermöglichen, so dienen zugleich die orthopädischen Schuhe als Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens der Bekleidung. Der Umstand, dass der orthopädische Teil der Schuhe von dem der Bekleidung dienenden Teil nicht trennbar ist, rechtfertigt es nicht, die orthopädischen Schuhe insgesamt als notwendig i. S. der Krankenversicherung anzusehen und die Krankenkasse mit sämtlichen Kosten zu belasten. In einem solchen Fall ist es gerechtfertigt, dass Versicherte einen Kostenanteil in der Höhe tragen, der den Ausgaben für normale Schuhe entspricht (st. Rspr., BSG, Urteil v. 28.9.1976, 3 RK 9/76 Rz. 14 ff.; zuletzt wohl BSG, Beschluss v. 30.8.2017, B 3 KR 35/17 B, im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen v. 4.5.2017, L 5 KR 218/17, jeweils m. w. N.). Ein derartiger Eigenanteil kann bei allen Hilfsmitteln in Betracht kommen, die zum Teil aus einem Gebrauchsmittel des täglichen Lebens bestehen.
Der von den Versicherten zu zahlende Eigenanteil wird bei der Berechnung der Belastungsgrenze nach § 62 nicht berücksichtigt.