Rz. 34
Die durch das GKV-VStG (vgl. Rz. 3e) seinerzeit in Abs. 1 eingeführten Sätze 4 bis 6 rückten das Entlassungsmanagement, d. h. den Übergang in die Versorgung nach der Krankenhausbehandlung ausdrücklich in den Blickpunkt. Bereits seit 2007 hatten Versicherte nach § 11 Abs. 4 gegen Leistungserbringer einen Anspruch auf ein Versorgungsmanagement zur Lösung von Problemen beim Übergang in die verschiedenen Versorgungsbereiche. Nach § 11 Abs. 4 Satz 2 haben die betroffenen Versorgungsbringer für eine sachgerechte Anschlussversorgung des Versicherten zu sorgen und sind verpflichtet, sich gegenseitig die erforderlichen Informationen zu übermitteln. Gemäß § 11 Abs. 4 Satz 3 sind sie dabei zur Erfüllung dieser Aufgabe von den Krankenkassen zu unterstützen. In das Versorgungsmanagement sind die Pflegeeinrichtungen einzuziehen (§ 11 Abs. 4 Satz 4).
Die Verpflichtung der Leistungserbringer aus dieser Norm wurde nach Auffassung des Gesetzgebers nicht in dem gewünschten Umfang umgesetzt und genutzt (BT-Drs. 17/6909 S. 88). Durch die zum 1.1.2012 eingeführte Änderung des Abs. 1 sollte klargestellt werden, dass der Anspruch auf Krankenhausbehandlung auch ein Entlassungsmanagement zur Lösung von Problemen beim Übergang in die Versorgung nach der Krankenhausbehandlung umfasst, da dort bislang die meisten Probleme aufgetreten waren. Hierdurch sollte die Kontinuität der Versorgung gewährleistet sowie die Kommunikation zwischen den beteiligten ambulanten oder stationären Versorgungsbereichen verbessert werden. Ziel war auch eine Entlastung von Patienten und ihren Angehörigen und die Vermeidung eines Drehtüreffekts. Das Entlassungsmanagement war seitdem Bestandteil des Anspruchs auf Krankenhausbehandlung. Die Krankenkassen, gegen die sich der Anspruch richtet, wurden verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die Erbringung der Leistung sichergestellt ist. Die Einzelheiten waren in Verträgen nach § 112 zu regeln.
Rz. 35
In der Erkenntnis, dass das Entlassmanagement nicht so realisiert wurde, dass Leistungslücken wirkungsvoll geschlossen werden konnten, hob der Gesetzgeber durch das GKV-VSG (vgl. Rz. 3f) Abs. 1 Satz 4 bis 6 auf und fügte einen neuen Abs. 1a ein, der denselben Regelungszweck verfolgt wie § 11 Abs. 4. Auch danach ist das mit Einwilligung des Versicherten durchzuführende Entlassmanagement Teil der Krankenhausbehandlung. Der Anspruch ist unmittelbarer Bestandteil des Anspruchs auf Krankenhausbehandlung gegenüber der Krankenkasse bzw. der von dieser zur Erfüllung ihrer Verpflichtung in Anspruch genommenen zugelassenen Leistungserbringer (missverständlich insoweit die amtliche Begründung in BT-Drs. 18/4096 S. 76, wonach sich der Anspruch des Versicherten gegen das Krankenhaus richtet, vgl. BSG, Urteil v. 8.10.2019, B 1 A 3/19 R m. w. N.). Aufgabe des Krankenhauses ist es insbesondere, in einem Entlassplan die medizinisch unmittelbar erforderlichen Anschlussleistungen festzulegen. Zu diesem Zweck ist es den Krankenhäusern ermöglicht, nunmehr im Anschluss an die Krankenhausbehandlung Leistungen zu verordnen. Gleichzeitig sind die Krankenkassen stärker als bisher in den Prozess des Entlassmanagements einbezogen worden. Nach wie vor erweitern die Regelungen des Versorgungs- und Entlassmanagements dagegen den Behandlungsanspruch nicht über die in dem Management liegende Dienstleistung hinaus (BSG, a. a. O.)
2.5.4.1 Inhalt des Anspruchs (Abs. 1a Satz 6)
Rz. 36
Die Norm enthält keine konkrete Definition des Begriffs "Versorgungsmanagement". Nach Sinn und Zweck werden alle Maßnahmen erfasst, die darauf gerichtet sind, sicherzustellen, dass die Versorgung, auf die der Versicherte Anspruch hat, ihn auch tatsächlich erreicht und wirksam wird. Dies setzt neben der Analyse der Fähigkeit des Versicherten zum Selbstmanagement und etwaiger Hilfe durch Angehörige und der aus den individuellen Versorgungsbedürfnissen resultierenden Maßnahmen eine Abstimmung des individuellen Hilfe- und Koordinierungsbedarfs mit allen an der medizinischen Betreuung Beteiligten voraus (so zum Case Manager im Krankenhaus BT-Drs. 16/7439 S. 95). Schon § 11 Abs. 4 geht davon aus, dass die Durchführung eines Entlassmanagements zur Gewährleistung des nahtlosen Übergangs durch hierfür qualifiziertes Personal koordinierend mit den behandelnden Krankenhausärzten, den stationär Pflegenden, dem sozialen Dienst, der jeweiligen Krankenkasse, den Angehörigen und den Vertragsärzten oder den aufnehmenden Einrichtungen erfolgen soll. Erfasst werden dazu auch Maßnahmen, die die Umsetzung der als erforderlich erkannten Behandlungsschritte sicherstellen. Dies kann z. B. durch Stärkung der Motivation des Versicherten, einer zeitgerechten Bearbeitung von Anträgen, um eine Anschlussversorgung sicherzustellen, oder allgemein durch Information und Beratung des Versicherten erfolgen (BSG, a. a. O.). Soweit Abs. 1a Satz 6 die Leistungen nach den §§ 37b, 38, 39c sowie alle dafür erforderlichen Leistungen nach dem SGB XI nennt, verdeutlicht der Zusatz "insbesondere", dass es sich nicht um eine abschließende Aufzählung handelt.
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