Rz. 12
Die Krankenkasse übernimmt Fahrkosten zu einer ambulanten Behandlung unter Abzug des sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrages in besonderen Ausnahmefällen, die der G-BA in Richtlinien (§ 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12) festlegt (§ 8 KT-RL). Voraussetzungen für eine Verordnung sind, dass
- der Patient mit einem durch die Grunderkrankung vorgegebenen Therapieschema mit hoher Behandlungsfrequenz über einen längeren Zeitraum behandelt wird und
- diese Behandlung oder der zu dieser Behandlung führende Krankheitsverlauf den Patienten in einer Weise beeinträchtigt, dass eine Beförderung zur Vermeidung von Schaden an Leib und Leben unerlässlich ist
(§ 8 Abs. 2 KT-RL). Bei einer
- Dialysebehandlung,
- onkologischen Strahlentherapie,
- parenteralen antineoplastischen Arzneimitteltherapie oder
- parenteralen onkologischen Chemotherapie
ist regelmäßig davon auszugehen, dass die Voraussetzungen erfüllt sind. Weitere Ausnahmen sind möglich.
Fahrten zu einer vor- oder nachstationären Behandlung nach § 115a oder zu einer ambulanten Operation nach § 115b sind keine Ausnahmefälle. Es muss sich vielmehr um Fahrten handeln, die vom Regelfall der Fahrt zu einer ambulanten Behandlung deutlich abweichen. Privilegierte Fahrten zur ambulanten Behandlung nach Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 werden durch die Vorschrift nicht erfasst.
Von den im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse notwendigen Fahrkosten zu einer ambulanten Behandlung übernimmt die Krankenkasse nur die die Zuzahlung nach § 61 Satz 1 übersteigenden Aufwendungen. Bis 5,00 EUR hat der Versicherte die Fahrkosten allein zu tragen. Bei Fahrkosten zwischen 5,01 und 50,00 EUR entfällt auf ihn ein Anteil von 5,00 EUR. Bei Fahrkosten über 50,00 bis 100,00 EUR trägt der Versicherte 10 % der Kosten und bei höheren Fahrkosten einen Anteil von 10,00 EUR. Diese Beteiligung gilt unabhängig von dem im Einzelfall erforderlichen Transportmittel. Bei einer ambulanten Serienbehandlung ist die Zuzahlung für jede einzelne Fahrt zu entrichten (BSG, Urteil v. 18.11.2014, B 1 KR 8/13 R).
Außerdem kann die Fahrt zur ambulanten Behandlung für Versicherte verordnet und genehmigt werden, die einen
- Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen "aG", "Bl" oder "H" oder
- Einstufungsbescheid gemäß SGB XI in den Pflegegrad 3, 4 oder 5 vorlegen
(vgl. § 8 Abs. 3 Satz 1 KT-RL). Bei Versicherten mit einem Pflegegrad 3 ist von einer Mobilitätsbeeinträchtigung auszugehen, wenn sie aufgrund der Schwere ihrer körperlichen, kognitiven oder psychischen Beeinträchtigungen so sehr in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, dass sie grundsätzlich nicht eigenständig (z. B. mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder Pkw) zur ambulanten Behandlung fahren können, sondern einer Unterstützung (z. B. Transport im Taxi) bedürfen (BE v. 26./27.9.2017, TOP 1).
Die zwingende medizinische Notwendigkeit einer Verordnung der Fahrt und das Beförderungsmittel sind vom Arzt zu begründen. Fahrten zum Abstimmen von Terminen, Erfragen von Befunden oder Abholen von Rezepten sind keine Leistungen der Krankenkasse. Wenn dem Versicherten zugemutet werden kann, den Leistungsort ohne eines der in Abs. 3 genannten Verkehrsmittel zu erreichen, etwa zu Fuß, dann fallen keine Fahrkosten an.
Der Versicherte hat seinen Eigenanteil grundsätzlich an das Beförderungsunternehmen zu entrichten. Dessen Vergütungsanspruch richtet sich insofern gegen den Versicherten. Das Beförderungsunternehmen hat somit die Zuzahlung einzuziehen und mit seinen Vergütungsansprüchen gegen die Krankenkasse zu verrechnen.