Prof. Dr. Volker Wahrendorf
Rz. 38
Aus Abs. 1a Satz 3 bis 5 folgt, dass der Arzt entweder als Hausarzt oder als Facharzt tätig sein kann (BSG, Urteil v. 13.2.2019, 62/17 R). Nicht ausgeschlossen ist, dass ein Arzt mit einem halben Versorgungsauftrag zur Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung und mit dem anderen halben Versorgungsauftrag fachärztlich zugelassen wird (Rademacker, in: BeckOGK SGB V, § 73 Rz. 7). Das ist eine Folge von der Möglichkeit einer Teilzulassung. Die Bindung an den Versorgungsbereich besteht auch für eine den Versorgungsbereich übergreifende Gemeinschaftspraxis sowie für den angestellten Arzt (BSG, Urteil v. 14.12.2011, B 6 KA 31/10 R; Urteil v. 13.2.2019, B 6 KA 62/17 R).
Ausschließliche Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung bedeutet u. a., dass der Vertragsarzt den Inhalt und den Umfang der hausärztlichen Versorgung nach dem Vertrag über die hausärztliche Versorgung (Anlage 5 zum BMV-Ä) vollständig zu erfüllen hat und sich nicht etwa auf Teilbereiche beschränken kann. Maßstab für den Umfang der besonderen hausärztlichen Versorgungsfunktionen bleibt jedoch immer die Notwendigkeit der einzelnen Leistung, bezogen auf den jeweiligen Behandlungsfall.
Psychotherapeuten sind nicht in Satz 1 aufgeführt und gehören deshalb der Gruppe der Fachärzte an (Rademacker, in: BeckOGK SGB V, § 73 Rz. 8). Auf sie sind die für Vertragsärzte geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden (§ 72 Abs. 2).
Die ab 1.1.2000 gültige Neufassung des Abs. 1a spiegelt den in Deutschland bestehenden gesundheitspolitischen Konsens wider, dass auf lange Sicht vorrangig die über fünf Jahre hinweg weitergebildeten Fachärzte für Allgemeinmedizin die hausärztliche Versorgung sicherstellen sollen. In den auf Länderebene geltenden Weiterbildungsordnungen der Ärztekammern werden Fachärzte/Fachärztinnen für Allgemeinmedizin deshalb auch als Hausärzte/Hausärztinnen bezeichnet. Ihnen gleichgestellt sind Ärzte ohne Facharztbezeichnung und Ärzte, die bis 31.12.1995 nach einer mindestens zweijährigen landesrechtlich vorgegebenen Zusatzausbildung die Bezeichnung "Praktischer Arzt" erworben hatten, sowie Ärzte mit einem Befähigungsnachweis entsprechend der EG-Richtlinie über die Ausbildung in der Allgemeinmedizin (§ 95a Abs. 4 und 5). Die Bezeichnung "praktischer Arzt/praktische Ärztin" verschwindet deshalb allmählich. Mit dem Wort "Allgemeinärzte" in Abs. 1a Satz 1 sind alle Allgemeinmediziner gemeint, also Fachärzte für Allgemeinmedizin ebenso wie praktische Ärzte oder Ärzte mit einem der Allgemeinmedizin entsprechenden Befähigungsnachweis.
Die Allgemeinmedizin ist eine von 33 ärztlichen Gebietsbezeichnungen, welche in allen Weiterbildungsordnungen detailliert beschrieben sind. Ein Gebiet ist dabei ein definierter Teil einer Fachrichtung der Medizin und die Gebietsdefinition bestimmt die Grenzen für die Ausübung der fachärztlichen Tätigkeit. Ärztliche Weiterbildung zum Facharzt beinhaltet das Erlernen ärztlicher Fähigkeiten und Fertigkeiten nach abgeschlossener ärztlicher Ausbildung und Erteilung der Erlaubnis zur Ausübung ärztlicher Tätigkeit. Grundsätzlich besteht eine Bindung an den zugewiesenen Teilnahmestatus. Im Rückschluss aus § 73 Abs. 1a ergibt sich ein Verbot, gleichzeitig hausärztliche und fachärztliche Leistungen zu erbringen (Kremer/Wittmann, Zulassungsverfahren, Rz. 1474). Ausnahmen können sich bei einer Zulassung gleichzeitig für zwei Fachgebiete zur vertragsärztlichen Versorgung ergeben (BSG, Urteil v., 12.2.2020, B 6 KA 25/19 B). Die Trennung der Versorgungsbereiche setzt sich auch in Berufsausübungsgemeinschaften fort.
Nach der Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Nordrhein i. d. F. v. 28.8.2014 z. B. umfasst die Allgemeinmedizin die lebensbegleitende hausärztliche Betreuung von Menschen jeden Alters bei jeder Art der Gesundheitsstörung, unter Berücksichtigung der biologischen, psychischen und sozialen Dimensionen ihrer gesundheitlichen Leiden, Probleme und Gefährdungen und die medizinische Kompetenz zur Entscheidung über das Hinzuziehen anderer Ärzte und Angehöriger von Fachberufen im Gesundheitswesen. Sie umfasst die patientenzentrierte Integration der medizinischen, psychischen und sozialen Hilfen im Krankheitsfall. Dazu gehören auch die Betreuung von akut und chronisch Erkrankten, die Vorsorge und Gesundheitsberatung, die Früherkennung von Krankheiten, die Einleitung von Rehabilitationsmaßnahmen, die Zusammenarbeit mit allen Personen und Institutionen, die für die gesundheitliche Betreuung der Patienten Bedeutung haben, die Unterstützung gemeindenaher gesundheitsfördernder Aktivitäten, die Zusammenführung aller medizinisch wichtigen Daten des Patienten. Der als Anlage 5 zum BMV-Ä gestaltete Vertrag über die hausärztliche Versorgung entspricht inhaltlich der Definition des Gebietes Allgemeinmedizin nach den Weiterbildungsordnungen der Ärztekammern, welche von den jeweiligen Landesgesundheitsministerien durch einen Erlass zu genehmigen sind.
Rz. 39
Voraussetzung für die Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung ist zunächst einmal, da...