Rz. 3
Abs. 1 spricht in der Mehrzahl von Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und von Bundesmantelverträgen. Unter Bundesvereinigungen können nur die KBV und die KZBV verstanden werden, sodass es folgerichtig ist, wenn durch den Begriff "Bundesmantelverträge" der Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) und der Bundesmantelvertrag-Zahnärzte (BMV-Z) gekennzeichnet werden.
Die Neufassung des BMV-Ä v. 20.4.2020 nennt als Vertragspartner die Kassenärztliche Bundesvereinigung einerseits sowie den Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) andererseits. Der BMV-Ä gilt für alle Krankenkassenarten gleichermaßen.
Rz. 4
Der BMV-Z (Stand: 15.3.2019) regelt den allgemeinen Inhalt der zahnärztlichen Gesamtverträge und wird zwischen der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und dem GKV-Spitzenverband vereinbart. Auch der BMV-Z gilt mit Wirkung für alle Krankenkassenarten.
Da die Verträge für den Arztbereich und für den Zahnarztbereich jeweils inhaltsgleich sein müssen, ergeben sich aus der unterschiedlichen Vertragsbezeichnung materiell weder Vor- noch Nachteile, sodass nach Einführung der einheitlichen Grundsätze um einheitliche Bundesmantelverträge für alle Kassenarten nicht mehr gestritten worden ist.
Rz. 5
Bundesmantelverträge sind öffentlich-rechtliche Verträge i. S. d. § 53 SGB X, die nach § 56 SGB X der Schriftform bedürfen. Die Verträge sind als koordinationsrechtliche Verträge zu verstehen, da sie zwischen gleichgeordneten Vertragspartnern geschlossen werden, die eben nicht in einem Über- oder Unterordnungsverhältnis zueinander stehen. Die Vielzahl der an den Bundesmantelverträgen Beteiligten bzw. von diesen Verträgen Betroffenen bestätigt die unbedingte Notwendigkeit der Schriftform der Verträge, die anders gar nicht in die Praxis umgesetzt werden könnten.
Rz. 6
Nach Abs. 1 regeln der BMV-Ä oder BMV-Z den allgemeinen Inhalt der Gesamtverträge (vgl. dazu § 83). Unter allgemeinem Inhalt sind solche Vertragsbestimmungen zu verstehen, durch die eine einheitliche Anwendung, Vorgehensweise, Qualität und Durchführung der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung im gesamten Bundesgebiet erreicht werden soll. Regelungen über den Umfang der vertragsärztlichen Versorgung, ihre Abgrenzung von der vertragszahnärztlichen Versorgung, über Rechte und Pflichten der Vertrags(zahn)ärzte, der Psychotherapeuten, der medizinischen Versorgungszentren und der Versicherten, über Qualitätssicherung, haus- und fachärztliche Versorgung zählen ebenso dazu wie teils konkrete, teils allgemeine Bestimmungen über das Vordruck-, Abrechnungs- und Prüfwesen. Näheres zum Inhalt der Bundesmantelverträge ergibt sich aus § 87, der auch den einheitlichen Bewertungsmaßstab für die ärztlichen und den einheitlichen Bewertungsmaßstab für die zahnärztlichen Leistungen verbindlich regelt. Die Bewertungsmaßstäbe sind ein Teil der Vergütung, die nach Abs. 2 und 3 durch Gesamtverträge geregelt wird.
Rz. 7
Bestandteile des BMV-Ä sind u. a. die Psychotherapievereinbarung, die Vereinbarung zur Gestaltung und Einführung der Krankenversichertenkarte sowie der Vertrag über den Datenaustausch auf Datenträgern. In § 1 BMV-Ä wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen nach § 92 SGB V zum Bundesmantelvertrag gehören. Damit sind die Richtlinien über den Bundesmantelvertrag bzw. dieser über den Gesamtvertrag für jede Kassenärztliche oder -zahnärztliche Vereinigung und jeden Vertragsarzt/-zahnarzt verbindlich. Außerdem schreibt die KV-Satzung die Verbindlichkeit vor (vgl. § 81 Abs. 3). Der Geltungsbereich des BMV-Ä oder BMV-Z ist identisch mit dem Geltungsbereich des SGB V, also dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Versorgungen oder Behandlungen außerhalb des Bundesgebietes gehören, selbst wenn sie von Vertragsärzten durchgeführt werden, mithin nicht zur vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung und sind ggf. im Rahmen bestehender Sozialversicherungsabkommen oder privat abzurechnen.
Rz. 8
Die Allgemeingültigkeit des BMV-Ä oder BMV-Z in allen KV/KZV-Bereichen der Bundesländer wird gesetzestechnisch dadurch erreicht, dass der auf Bundesebene ausgehandelte oder durch Bundesschiedsamt festgesetzte Bundesmantelvertrag ohne besonderes Zustimmungsverfahren und ohne Einverständniserklärung der Landesebene automatisch Bestandteil eines jeden Gesamtvertrages im Bundesgebiet ist (Abs. 1 Satz 2). Die im Bundesmantelvertrag enthaltenen Allgemeinbestimmungen stehen deshalb nicht mehr zur Disposition der Gesamtvertragspartner. Sie bzw. ihre Mitglieder haben den Bundesmantelvertrag anzuwenden bzw. umzusetzen. Umgekehrt können der BMV-Ä oder der BMV-Z keine von vornherein verbindlichen Vorgaben für solche Regelungsbereiche machen, deren Klärung im Gesetz ausdrücklich den Gesamtvertragspartnern vorbehalten ist. Solche Vorgaben der Bundesebene könnten nur aufgrund von Vollmachten der KV und der Landesverbände der Krankenkassen bzw. durch Beitrittserklärungen rechtswirksam werden.