Rz. 26

Die Gesamtvergütung ist nach der gesetzlichen Definition des § 85 Abs. 2 Satz 2 HS 1 das Ausgabevolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden Leistungen. Die Vorschrift stellt klar, dass die Gesamtheit der kassen(zahn)ärztlichen Versorgung abgegolten wird (vgl. BSG, Urteile v. 17.9.2008, B 6 KA 48/07 R, und v. 27.6.2012, B 6 KA 28/11 R). Eine Vergütung außerhalb der Gesamtvergütung ist nur zulässig, soweit dies im Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist. Daraus folgt, dass auch der (erweiterte) Bewertungsausschuss für die vertragsärztliche Versorgung durch die ihm zugewiesenen Kompetenzen beschränkt ist. Die Vereinbarung unterschiedlicher Vergütungen für die Versorgung verschiedener Gruppen von Versicherten ist nicht zulässig (Satz 3). Die Vertragsparteien haben auch eine angemessene Vergütung für die nichtärztlichen Leistungen im Rahmen sozialpädiatrischer und psychiatrischer Tätigkeiten und die besonders qualifizierte onkologische Versorgung zu vereinbaren (Satz 4). Die Höhe der Gesamtvergütung wird von den Vertragsparteien beschlossen und gilt für sämtliche Mitglieder, die ihren Wohnort im Bezirk der KV haben. Diese Verträge haben normsetzenden Charakter (BSG, Urteil v. 27.6.2012, B 6 KA 28/11 R; Loose, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 85 Rz. 38). Sie sind als solche verbindlich ohne zusätzliche Umsetzung in autonomes Recht (Loose, a. a. O., Rz. 38). Schon § 82 Abs. 1 hebt hervor, dass der allgemeine Inhalt der Gesamtverträge mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen in Bundesmantelverträgen vereinbart wird. Nach § 82 Abs. 2 werden die Vergütungen der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen von den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen mit den KVen durch Gesamtverträge geregelt. Den Partnern des Gesamtvertrages steht es nach dem Wortlaut der Vorschrift grundsätzlich frei, Gesamtvergütungssysteme für die vertrags(zahn)­ärztliche Versorgung zu vereinbaren, für die in Abs. 2 Satz 2 HS 2 Beispiele aufgeführt sind. Sie können sich danach für eines der Beispiele entscheiden, eine Kombination aus verschiedenen Beispielen bilden oder eine neue Berechnungsart entwickeln. Dennoch haben sie auch dann immer das Ausgabenvolumen (Budget- bzw. Obergrenzen) zu beachten. Auch im Rahmen der Neugestaltung der vertragszahnärztlichen Vergütung ab 2013 ist klargestellt worden, dass damit die freie Wahl des Vergütungssystems durch die Vertragspartner nicht eingeschränkt wird (vgl. Abs. 3 Satz 3). Die Abschlusskompetenz weist den Landesverbänden die Rechtsmacht zu, die beteiligten Krankenkassen zur Zahlung der auf sie entfallenden Gesamtvergütung zu verpflichten (BSG, Urteil v. 29.9.2005, B 6 KA 71/04 R).

2.2.1 Vertragspartner

 

Rz. 27

Rechtsgrundlage für die Zahlung der Gesamtvergütung ist die vertragliche Vereinbarung in der normativen Form einer gesamtvertraglichen Regelung. Vertragspartner sind nach § 83 die jeweiligen K(Z)Ven Vereinigungen und die jeweiligen Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen. Das Recht der Vereinbarung ist damit ein originäres Recht der regionalen Vertragspartner und dem Normgeber auf Bundesebene entzogen (BSG, Urteil v. 27.6.2012, B 6 KA 28/11 R; Loose, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 85 Rz. 40). Die einzelnen Krankenkassen können keine Verträge mit den KVen abschließen (BSG, Urteil v. 28.9.2005, B 6 KA 75/04 R). Die Bindungswirkung erfasst alle Krankenkassen. Verstöße gegen diesen Grundsatz zwingen zur Prüfung, ob die gesamtvertragliche Regelung ganz oder teilnichtig ist (BSG, a. a. O.). Die Gesamtvergütung kann als Festbetrag oder auf der Grundlage des Bewertungsmaßstabes nach Einzelleistungen, nach einer Kopfpauschale, nach einer Fallpauschale oder nach einem System berechnet werden, das sich aus der Verbindung dieser oder weiterer Berechnungsarten ergibt (Abs. 2 Satz 2 HS 2). Ausgegliedert aus der Gesamtvergütung sind Leistungen nach § 116b Abs. 6 sowie Leistungen für die sozialpädiatrischen Zentren (§ 119b). Die Vergütungsvereinbarungen erfolgen unmittelbar zwischen der Einrichtung und der Krankenkasse. Auch Leistungen, für die die Krankenkassen Kostenerstattung statt Naturalleistung gewähren, erfolgen außerhalb der Gesamtvergütung (Hess, in: BeckOGK, SGB V, § 85 Rz. 9). Außerhalb der vereinbarten Gesamtvergütung sind Substitionsbehandlungen (§ 87a Abs. 3 Satz 5 Nr. 1), Zuschläge nach § 87 Abs. 2b Satz 3 (§ 87a Abs. 3 Satz 5 Nr. 2) und Leistungen nach § 87a Abs. 3 Satz 5 Nr. 3 sowie Nr. 4 bis 8 zu erbringen.

 

Rz. 28

Die freie Wahl des Gesamtvergütungssystems stammt aus einer Zeit, als die Vereinbarungen der Gesamtvergütungen in vollem Umfang, d. h. ohne einschränkende Vorgaben der Bundesebene ausschließlich den Gesamtvertragsparteien auf KV- bzw. KZV-Ebene überlassen waren. Der Wortlaut des Satzes 2 HS 2 deckt sich z. B. mit § 368f Abs. 3 RVO, der bis 31.12.1988 geltendes Recht war. Heute erstreckt sich die freie Wahl eng auf das Vergütungssystem, während die vertraglichen Rahmenbedingungen und die Vergütungsmodalität...

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