Rz. 2
Die Regelung über die Kündigung des privaten Pflegeversicherungsvertrages bei Pflichtversicherung oder Familienversicherung war schon im Gesetzentwurf (BT-Drs. 12/5262 S. 18 dort zu § 23) vorgesehen und ist (BT-Drs. 12/5262 S. 107) damit begründet worden, dass es bei Eintritt einer Pflichtversicherung oder Familienversicherung in der sozialen Pflegeversicherung erforderlich sei, den Betroffenen ein Recht zur kurzfristigen Kündigung des privaten Versicherungsvertrages einzuräumen, um ihnen eine nicht erforderliche Doppelversicherung zu ersparen. Im Gesetzgebungsverfahren ist die Vorschrift, bis auf redaktionelle Änderungen infolge der Neufassung der Vorschriften über die Versicherungspflichten, unverändert geblieben.
Rz. 3
Mit der Einführung der gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft als ein eigenständiges familienrechtliches Rechtsinstitut und der weitgehenden Gleichstellung der Lebenspartner mit Ehegatten, wurde die Familienversicherung (§ 25, § 10 SGB V) auf die Lebenspartner mit Wirkung zum 1.8.2001 ausgedehnt. Zur Vermeidung verfassungsrechtlicher Probleme (Abstandsgebot zur Ehe) erfolgte dies nicht durch eine allgemeine Gleichstellungsklausel (Lebenspartner = Ehegatten). Vielmehr ist in den jeweiligen Regelungen der Lebenspartner gesondert erwähnt und dadurch in die Vorschrift einbezogen worden. Demzufolge mussten die Lebenspartner auch in § 27 ausdrücklich erwähnt werden, weil auch ihnen die Möglichkeit der Kündigung des privaten Pflegeversicherungsvertrages bei Vorliegen der Voraussetzungen der Familienversicherung zustehen sollte. Lebenspartner waren bis 30.9.2017 nur die in § 33b SGB I benannten Personen (vgl. Komm. dort).
Rz. 4
Mit Art. 1 Nr. 2, Art. 3 Abs. 1 des Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts v. 20.7.2017 (BGBl. I S. 2787) wurde § 1353 Abs. 1 Satz 1 BGB mit Wirkung zum 1.10.2017 geändert ("Die Ehe wird von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts auf Lebenszeit geschlossen."). Ab dem 1.10.2017 fällt daher auch die Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Personen unter den Begriff der Ehe und damit unter das Kündigungsrecht als Familienangehöriger. Das Kündigungsrecht als Lebenspartner kann daher nur noch für vor dem 1.10.2017 begründete Lebenspartnerschaften in Betracht kommen und dies auch nur, soweit nach dem 1.10.2017 keine Umwandlung einer Lebenspartnerschaft in eine Ehe (vgl. § 20a des Gesetzes zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften: Lebenspartnerschaften, eingefügt durch Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts) erfolgt (vgl. Komm. zu § 33b SGB I).
Rz. 5
Die Vorschrift beinhaltet in Satz 1 ein eigenständiges auch rückwirkendes Kündigungsrecht (Sonderkündigungsrecht) für Personen, die bei einem privaten Versicherungsunternehmen gegen das Risiko der Pflegebedürftigkeit versichert sind, wenn kraft Gesetzes Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung nach § 20 oder § 21 eintritt. Eine (rechtlich mögliche) Regelung, wonach in diesem Fall der private Pflegeversicherungsvertrag endet, ist gesetzlich nicht vorgesehen. Das Kündigungsrecht des privaten Pflegeversicherungsvertrages bei Eintritt von Pflegeversicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung bestätigt im Ergebnis einen Vorrang der sozialen Pflegeversicherung, denn die soziale Pflegeversicherung sieht, anders als die Krankenversicherung, über § 22 hinaus keine allgemeinen Befreiungsrechte zugunsten einer bestehenden privaten Pflegeversicherung vor.
Rz. 6
Mit Satz 2 wird dieses Sonderkündigungsrecht auf Familienangehörige und (seit 1.8. 2001) auf Lebenspartner ausgedehnt, wenn für diese eine Familienversicherung nach § 25 eintritt. Aufgrund des Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts v. 20.7.2017 (BGBl. I 2017 S. 2787) gilt das Kündigungsrecht für Lebenspartner nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz nur noch für vor dem 30.9.2017 geschlossene Lebenspartnerschaften, die nicht in eine Ehe umgewandelt wurden (vgl. Rz. 4).
Rz. 7
Der Satz 3 verweist auf die entsprechende Geltung von (nunmehr) § 5 Abs. 9 SGB V, also den Wiederabschluss des gekündigten privaten Pflegeversicherungsvertrages. Die Anfügung des Satzes 3 mit dem damaligen Verweis auf § 5 Abs. 10 SGB V durch das GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 war damit begründet worden (BT-Drs. 14/1245 S. 109), dass in der Pflegeversicherung ebenso wie in der Krankenversicherung ein Recht auf Neuabschluss eines Versicherungsvertrages zu den Bedingungen, die ohne die vorangegangene Kündigung bestehen würden, eingeräumt werden solle. Zu § 5 Abs. 10 SGB V war dazu ausgeführt (BT-Drs. 14/1245 S. 109): „Es handelt sich um eine flankierende Maßnahme insbesondere zum Schutz des in § 6 Abs. 3a genannten Personenkreises vor einer unfreiwilligen Nichtversicherung. Aufgrund der Neuregelung des § 6 Abs. 3 sowie darüber hinaus aufgrund der seit 1989 kontinuierlichen Einschränkung der Beitrittsmö...