0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Mit dem Ersten Gesetz zur Änderung des Elften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (Erstes SGB XI-Änderungsgesetz – SGB XI-ÄndG) v. 14.6.1996 (BGBl. I S. 830) wurde Abs. 1 gegenüber der Ursprungsfassung des PflegeVG zunächst im Hinblick auf den Häuslichkeitsbegriff verändert. Wählen Pflegebedürftige die häusliche Pflege, so muss der Ort der Pflege nicht der Haushalt des Pflegebedürftigen sein. Abschließend ist allerdings, dass häusliche Pflege ausgeschlossen ist, wenn sie in bestimmten (stationären) Einrichtungen erbracht wird (vgl. Rz. 15). Mit der durch das Gesetz zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung (Pflege-Weiterentwicklungsgesetz) v. 28.5.2008 (BGBl. I S. 874) geänderten Fassung des § 36 wurden die Rahmenbedingungen für den Bezug von Leistungen in neuen Wohnformen verbessert.
Rz. 2
Im Einzelnen regelt die Vorschrift des § 36, wer die häusliche Pflegehilfe erbringen darf, welche Inhalte sie hat und welche Höchstbeträge je Pflegegrad (bis 31.12.2016 Pflegestufe) zur Verfügung stehen. Durch das mit Wirkung zum 1.4.2007 in Kraft getretene Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz – GKV-WSG) v. 26.3.2007 (BGBl. I S. 378) wurde § 36 Abs. 2 klarstellend dahingehend ergänzt, dass verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen nicht dazugehören, soweit diese nach dem SGB V zu leisten sind. Weitere verschiedene Änderungen erfuhr die Vorschrift mit den Regelungen des Pflege-Weiterentwicklungsgesetzes zum 1.7.2008, wie der schrittweisen Anhebung der ambulanten Sachleistungen. Das Erste Gesetz zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (Erstes Pflegestärkungsgesetz – PSG I) v. 17.12.2014 (BGBl. I S. 2222) erhöhte die Leistungsbeträge ab 1.1.2015. Mit dem Zweiten Gesetz zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (Zweites Pflegestärkungsgesetz – PSG II) v. 21.12.2015 (BGBl. I S. 2424) traten mit dem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff und der Einführung der 5 Pflegegrade zum 1.1.2017 notwendige Folgeänderungen in Kraft.
1 Allgemeines
Rz. 3
Die Aufzählung der den Pflegebedürftigen zustehenden Leistungen beginnt systematisch mit den Leistungen bei häuslicher Pflege und räumt damit der Pflegesachleistung (§ 36) Priorität ein, auf die der Pflegebedürftige grundsätzlich einen Rechtsanspruch hat. Anstelle der häuslichen Pflegehilfe kann der Pflegebedürftige zwar auch Pflegegeld beantragen (vgl. § 37 Abs. 1) und damit das ihm zustehende Wahlrecht zwischen Sach- und Geldleistung ausüben. Der im Rahmen der Sachleistung zur Verfügung stehenden häuslichen Pflegehilfe – namentlich körperbezogene Pflegemaßnahmen und pflegerische Betreuungsmaßnahmen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung (bis 31.12.2016 Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung) – wird deshalb Vorrang eingeräumt, weil im Zusammenwirken mit den weiteren Leistungen bei häuslicher Pflege (vgl. §§ 36 bis 40) der möglichst lange Verbleib des Pflegebedürftigen in häuslicher Umgebung erreicht werden soll. Dabei hat die häusliche Pflege nach dem Gesetzeswortlaut die Aufgabe, die familiäre, nachbarschaftliche oder sonstige ehrenamtliche Pflege und Betreuung zu ergänzen. Aus diesem Grunde kommen in der Rangfolge nacheinander und anschließend erst die teilstationäre Pflege (§ 41) und Kurzzeitpflege (§ 42) vor der vollstationären Pflege (§ 43) zur Anwendung. Die Sonderregelungen für Personen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz nach § 123 i. d. F. bis 31.12.2016 wurden mit Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs aufgehoben.
2 Rechtspraxis
2.1 Pflegebedürftige
Rz. 4
Die häusliche Pflege mit Anspruch auf körperbezogene Pflegemaßnahmen und pflegerische Betreuungsmaßnahmen sowie auf Hilfen bei der Haushaltsführung können seit 1.1.2017 Pflegebedürftige des Pflegegrades 2 bis 5 beanspruchen. Diese pflegerischen Maßnahmen beziehen sich, durch die Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs, auf die 6 für die Einschätzung von Pflegebedürftigkeit relevanten Bereiche (Module) nach § 14 Abs. 2. Die erforderlichen Hilfen bei der Haushaltsführung (§ 14 Abs. 3) werden zur Konkretisierung oder zur individuellen Pflegeplanung ebenfalls aus den Ergebnissen der Begutachtung herangezogen (§ 18 Abs. 5a).
Rz. 4a
Bis zum 31.12.2016 nannte die Vorschrift als leistungsberechtigten Personenkreis die Pflegebedürftigen, die gemäß § 14 i. d. F. bis 31.12.2016 wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens 6 Monate, in erheblichem oder höherem Maße (§ 15 i. d. F. bis 31.12.2016) der Hilfe bedürften (vgl. BSG, Urteil v. 17.3.2005, B 3 P 2/04 R, zur Prognose) und gemäß § 15 i. d. F. bis 31.12.2016 einer der 3 Pflegestufen zugeordnet waren. Geringfügige oder nur kurzzeitig erforderliche Hilfeleistung unterhalb der Versorgungsschwelle der erheblichen Hilfebedürftigkeit nach § 15 Abs....