Entscheidungsstichwort (Thema)

Elterngeld Plus. Mehrlingsgeburt. verlängerte Mutterschutzleistungen. verkürzter Elterngeldbezug. fiktiver Verbrauch von Elterngeldmonaten. Verfassungsrecht. Vermeidung von Doppelleistungen. keine planwidrige Regelungslücke

 

Orientierungssatz

Der Gesetzgeber hat die zeitgleiche Zahlung von Elterngeld und Mutterschaftsgeld eindeutig ausschließen wollen und deshalb auch eine Verlängerung der Bezugsdauer vom Elterngeld um Zeiten, für die eine Anrechnung von anderen Leistungen erfolgt, nicht vorgesehen, ohne dass eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes vorliegt (vgl BSG vom 29.6.2017 - B 10 EG 6/16 = SozR 4-7837 § 4 Nr 6).

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 13.01.2022; Aktenzeichen B 10 EG 2/21 B)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 31. Juli 2018 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt einen längeren Bezug des Elterngeldes. Sie sieht sich benachteiligt, weil sie als Zwillingsmutter durch den damit verbundenen längeren Mutterschutzzeitraum einen kürzeren Bezugszeitraum des Elterngeldes Plus hat.

Die 1986 geborene Klägerin beantragte am 27. Juli 2017 bei dem Beklagten, ihr für die ersten vier Monate nach der Geburt der Zwillinge 2017 Elterngeld und für die anschließenden weiteren 20 Monate Elterngeld Plus zu gewähren. Sie bezog vom 10. Juni 2017 bis 14. Oktober 2017 Mutterschaftsgeld in Höhe von 13,00 € täglich und einen Arbeitgeberzuschuss in Höhe von 48,57 € täglich.

Mit Bescheid vom 31. Juli 2017 bewilligte der Beklagte der Klägerin Elterngeld in Höhe von 0,00 € für den ersten bis dritten Lebensmonat der Zwillinge, in Höhe von 897,00 € für den vierten Lebensmonat der Zwillinge und 604,54 € jeweils für den fünften bis zwanzigsten Lebensmonat.

Mit ihrem Widerspruch verzichtete die Klägerin auf die Ausklammerung des Juni 2017 für die Einkommensermittlung im Bemessungszeitraum und machte darüber hinaus geltend, dass ihr 24 Monate Elterngeld zustehen würden. Der Beklagte teilte mit, dass er hinsichtlich der Höhe dem Anliegen der Klägerin abhelfen werde, und leitete den Widerspruch an das Thüringer Landesverwaltungsamt weiter. Dieses entsprach dem Wunsch der Klägerin auf Berücksichtigung des Monats Juni 2017 und änderte die Bewilligung insoweit ab, dass nunmehr für den 4. Lebensmonat der Zwillinge ein Elterngeld in Höhe von 968,30 € und für den fünften bis zwanzigsten Lebensmonat jeweils Elterngeld in Höhe von 652,56 € gezahlt würden; im Übrigen wies es den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14. November 2017 zurück. Die Klägerin habe bis zum 14. Oktober 2017 Mutterschaftsgeld und einen Arbeitgeberzuschuss erhalten. Diese Einnahmen würden auf das Elterngeld angerechnet und die mit diesen Einnahmen belegten Monate gälten als Monate mit Basiselterngeld. Es sei nicht möglich, hier Elterngeld Plus zu wählen. Unter dem 29. Januar 2018 erließ der Beklagte einen „Teilabhilfebescheid“ unter Berücksichtigung des Monats Juni 2017.

Das Sozialgericht Nordhausen hat die auf einen längeren Bezugszeitraum gerichtete Klage mit Urteil vom 31. Juli 2018 abgewiesen. Es treffe zwar zu, dass bei Zwillingsmüttern eine um vier Wochen verlängerte Mutterschutzfrist gelte und damit auch die Bezugszeit des Elterngeldes verkürzt wird, doch sei diese Regelung nicht verfassungswidrig. Die längere Mutterschutzfrist sei auch mit einer längeren Bezugszeit des Mutterschaftsgeldes und des damit einhergehenden Arbeitgeberzuschusses verknüpft. Die Klägerin habe somit in den anzurechnenden Monaten deutlich höhere Einkünfte gehabt als sie es durch den Elterngeldbezug gehabt hätte. Eine Anrechnung sei sachgerecht. Die Sozialleistungen müssten in ihrer Gesamtheit gesehen werden. Außerdem sei das Elterngeld eine nicht beitragsfinanzierte Sozialleistung, bei der dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zustehe.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie betont ihre Ansicht, dass die unterschiedliche Behandlung als Mutter von Zwillingen gegenüber „normalen“ Müttern gegen den Gleichheitssatz verstoße.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 31. Juli 2018 aufzuheben und den Bescheid des Beklagten vom 31. Juli 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. November 2017 und des „Teilabhilfebescheids“ vom 29. Januar 2018 abzuändern und ihr auch für den 21. bis 24. Lebensmonat ihrer Zwillinge L.1 und L.2 Elterngeld Plus zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er beruft sich auf seinen bisherigen Vortrag und das erstinstanzliche Urteil.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten und die Gerichtsakte verwiesen. Beide lagen vor und waren Gegenstand der Beratung.

 

Entscheidungsgründe

Der Senat entscheidet nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG), weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die B...

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