Entscheidungsstichwort (Thema)
Asylbewerberleistung. einstweiliger Rechtsschutz. Sozialhilfe nach längerer Aufenthaltsdauer. Fehlen eines Anordnungsgrundes
Orientierungssatz
1. Zum fehlenden Anordnungsgrund für eine leistungsrechtliche Besserstellung nach § 2 Abs 1 AsylbLG im Rahmen eines Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache).
2. Der Umstand, dass die Grundleistungen nach § 3 AsylbLG geringer ausfallen als vergleichbare Leistungen nach dem SGB 12, rechtfertigt nicht die Annahme, der Gesetzgeber gewährleiste mit den Leistungen nach dem AsylbLG nicht das verfassungsrechtlich Gebotene (vgl BVerwG vom 29.9.1998 - 5 B 82/97 = Buchholz 436.0 § 120 BSHG Nr 18). Dies gilt umso mehr, als die in § 1 Abs 1 AsylbLG aufgeführten Personen kein verfestigtes Aufenthaltsrecht haben, so dass bei ihnen ein sozialer Integrationsbedarf fehlt.
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Meiningen vom 11. Mai 2006 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer begehrt die Gewährung von Leistungen nach § 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG). Er ist der Ansicht, dass ihm Leistungen in entsprechender Anwendung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) zustehen.
Der 1969 geborene Beschwerdeführer ist irakischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit. Sein Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter wurde mit Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 25. November 2002 abgelehnt. Der Beschwerdeführer wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb eines Monats zu verlassen; im Falle einer Klageerhebung ende die Ausreisefrist einen Monat nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens. In der Anhörung nach dem Asylverfahrensgesetz gab der Beschwerdegegner ausweislich der Niederschrift vom 11. Oktober 2002 an, den Irak im Jahre 1996 verlassen zu haben. Er sei zunächst über den Iran in die Türkei gereist. Von dort sei er Mitte 2002 nach Deutschland gelangt. Er habe Personalpapiere dabei gehabt, die ihm aber unterwegs “abhanden gekommen„ seien. Die gegen den Asylbescheid gerichtete Klage wurde mit Urteil des Verwaltungsgerichts Weimar vom 15. Juli 2005 abgewiesen. Nach der Mitteilung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 20. Oktober 2002 trat die Rechtskraft am 10. Oktober 2005 ein. Mit Schreiben vom 26. Oktober 2005 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, der Ausländerbehörde ein gültiges Heimreisedokument oder andere Identitätsnachweise vorzulegen. In einem Gespräch in der Ausländerbehörde am 9. November 2005 wurde der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass er Deutschland verlassen müsse und Pflicht zur Passbeschaffung bestehe. Er teilte mit, dass er hier bleiben wolle. Mit Schreiben der Ausländerbehörde vom 23. März 2006 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, ihm vorliegende “Unterlagen„ vorzulegen. Daraufhin teilte der Bevollmächtigte des Beschwerdeführers mit Schriftsatz vom 24. März 2006 mit, dass eine freiwillige Ausreise derzeit nicht zumutbar sei, weshalb die Beschaffung eines Passes “nicht relevant„ sei. Die Ausländerbehörde erteilte dem Beschwerdeführer sodann eine befristete Duldung.
Der Beschwerdeführer, der einer Gemeinschaftsunterkunft zugewiesen ist, erhielt bisher Leistungen nach § 3 AsylbLG durch Gewährung von Sach- und Geldmitteln (vor der Zuweisung in den Zuständigkeitsbereich des Beschwerdegegners entsprechend dem Bescheid des Landratsamtes Greiz vom 23. September 2004 für den Zeitraum von November 2002 bis September 2004). Mit am 21. Dezember 2005 eingegangenem Schreiben beantragte der Beschwerdeführer die Bewilligung von Leistungen nach § 2 AsylbLG. Mit Bescheid vom 7. Februar 2006 teilte ihm der Beschwerdegegner mit, dass er Anspruch auf Leistungen nach § 3 AsylbLG in Höhe von 167,70 € für den Monat Februar 2006 habe. Ein Anspruch auf Leistungen nach § 2 AsylbLG bestehe nicht. Dagegen hat der Beschwerdeführer unter Hinweis auf das vorliegende Eilverfahren Widerspruch eingelegt, über den bislang noch nicht entschieden ist.
Mit am 10. März 2006 beim Sozialgericht eingegangenem Schriftsatz hat der Beschwerdeführer einen Eilantrag auf Gewährung von Leistungen nach § 2 AsylbLG über den 31. Januar 2006 hinaus gestellt. Die Ausreise sei ihm nicht zumutbar. Nach der Erlasslage würden irakische Staatsangehörige derzeit nicht abgeschoben. Die Verweigerung der freiwilligen Ausreise allein sei kein rechtsmissbräuchliches Verhalten.
Mit Beschluss vom 11. Mai 2006 hat das Sozialgericht Meiningen den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Das Verhalten des Beschwerdeführers, nicht an der Beschaffung von Pass- bzw. Identitätspapieren mitzuwirken und nicht freiwillig auszureisen, sei rechtsmissbräuchlich i. S. d. § 2 AsylbLG. Die Beschaffung entsprechender Papiere sei unproblematisch über die irakische Botschaft möglich. Die Ausreise in den Irak sei nach Information des UNHCR nicht unzum...