Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewährung von Leistungen nach § 2 AsylbLG im Rahmen einer einstweiligen Anordnung
Orientierungssatz
Tragen Antragsteller nur vor, die Leistungen nach § 3 AsylbLG lägen deutlich unter dem existenzsichernden Niveau des SGB 12, ohne dass dies im einzelnen dargelegt werden müsse, rechtfertigt dies nicht den Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Tenor
Auf die Beschwerde werden der Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 17. März 2006 aufgehoben und der Antrag abgelehnt.
Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Den Beschwerdegegnern wird für das Beschwerdeverfahren ab dem 5. Mai 2006 Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt ..., zu den Bedingungen eines im Gerichtsbezirk ansässigen Rechtsanwalts beigeordnet.
Gründe
I.
Die Beschwerdegegner begehren im Wege einer einstweiligen Anordnung die Gewährung von Leistungen nach § 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG). Sie sind der Ansicht, dass ihnen Leistungen in entsprechender Anwendung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) zustehen.
Die Beschwerdegegner sind serbisch-montenegrinische Staatsangehörige und gehören dem Volk der Roma an. Ihre Anträge auf Anerkennung als Asylberechtigte vom November 1999 wurden mit Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 3. Juni 2002 abgelehnt. Die Beschwerdegegner wurden aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb eines Monats zu verlassen; im Falle einer Klageerhebung ende die Ausreisefrist einen Monat nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens. Die gegen den Asylbescheid gerichtete Klage wurde mit Urteil des Verwaltungsgerichts Gera vom 29. Oktober 2003 abgewiesen. Nach der Mitteilung des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 27. Februar 2004 trat die Rechtskraft am 25. Februar 2004 ein. Die Ausländerbehörde erteilte den Beschwerdegegnern sodann befristete Duldungen. Nach einer innerdienstlichen Mitteilung vom 20. Juli 2005 ist eine freiwillige Ausreise in den Kosovo möglich und zumutbar; Abschiebemaßnahmen sind jedoch bislang nicht erfolgt.
Die Beschwerdegegner, die einer Gemeinschaftsunterkunft zugewiesen sind, erhielten zunächst Leistungen nach § 3 AsylbLG (Bescheide vom 22. August 2000 und vom 18. Juni 2001). Mit Bescheid vom 29. Oktober 2002 wurde ihnen dann mitgeteilt, dass sie zukünftig Leistungen nach § 2 AsylbLG durch Gewährung von Sach- und Geldmitteln bekommen werden, weil seit der Asylantragstellung drei Jahre vergangen seien und sie damit die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme erhöhter Leistungen erfüllten. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 29. März 2004 gewährte der Beschwerdeführer dann wieder Leistungen nach § 3 AsylbLG in Höhe von insgesamt 1.002,11 € (843,61 € als Geldmittel, der Rest als Sachleistung durch Unterbringung in der Gemeinschaftsunterkunft). Zur Begründung wurde ausgeführt, dass mit der ihnen erteilten Duldung kein Anspruch auf Leistungen nach § 2 AslbLG mehr bestehe. Mit Bescheid vom 14. April 2005 gewährte der Beschwerdeführer wieder Leistungen nach § 2 AsylbLG in Höhe von 1.391,- € (Taschengeld: 422,24 €; Barleistungen für Verpflegung und Hygiene: 615,51 €; Bekleidung: 136,89 €; Sachleistung [durch Unterbringung in der Gemeinschaftsunterkunft]: 216,36 €). Schließlich teilte der Beschwerdeführer den Beschwerdegegnern mit Bescheid vom 12. Juli 2005 mit, dass sie ab August 2005 wieder Leistungen nach § 3 AsylbLG in Höhe von 1.022,57 € (Taschengeld: 204,50 €; Gutschein: 659,56 €; Sachleistung [durch Unterbringung in der Gemeinschaftsunterkunft]: 158,51 €) erhalten, da ihnen die Ausreise zumutbar sei. Der dagegen erhobene Widerspruch wurde vom Thüringer Landesverwaltungsamt zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 12. Oktober 2005): Die Beschwerdegegner hätten die Dauer ihres Aufenthalts rechtsmissbräuchlich beeinflusst, da sie freiwillig in ihre Heimat ausreisen könnten. Dagegen haben die Beschwerdegegner im Oktober 2005 Klage erhoben (Az.: S 15 AY 1758/05) und am 10. Februar 2006 den vorliegenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt.
Zur Begründung tragen sie unter anderem vor, dass die ihnen gewährten Leistungen deutlich unter denjenigen lägen, die ein Empfänger existenzsichernder Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) erhalte. Im Übrigen sei die bloße Nichtausreise allein kein rechtsmissbräuchliches Verhalten.
Mit Beschluss vom 17. März 2006 hat das Sozialgericht Nordhausen dem Beschwerdeführer aufgegeben, den Beschwerdegegnern vom 10. Februar 2006 an bis zur Entscheidung in der Hauptsache Leistungen nach § 2 AsylbLG zu gewähren. Zur Begründung ist ausgeführt, dass den Beschwerdegegnern “angesichts der erheblich unter Sozialhilfeniveau„ liegenden Leistungen nach § 3 AsylbLG ein Abwarten auf die Entscheidung in der Hauptsache nicht zumutbar sei. Bei einem Obsiegen im Klageverfahren könnten die Folgen des Wartens nachträglich nicht mehr ausgeglichen werden, weil das tatsächliche Leben unter erheblich einges...