Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Auslagenvergütung. richterliche Anordnung des persönlichen Erscheinens. Verdienstausfall einer Begleitperson. fehlende Fahrtüchtigkeit des Erinnerungsführers. fehlende vorherige Mitteilung an das Gericht

 

Orientierungssatz

Zum (ausnahmsweise) bejahten Anspruch eines Erinnerungsführers, dessen persönliches Erscheinen richterlich angeordnet war, auf Verdienstausfall einer Begleitperson gem § 191 Halbs 1 SGG iVm § 7 Abs 1 JVEG, wenn er dies dem Gericht nicht vorher mitgeteilt hatte.

 

Tenor

Die Entschädigung des Erinnerungsführers anlässlich des Erörterungstermins vom 15. April 2016 wird auf 131,25 € festgesetzt.

Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.

 

Gründe

I.

Der 1959 geborene Erinnerungsführer begehrte im Hauptsacheverfahren (L 1 U 913/15) die Feststellung einer Berufskrankheit. Mit Verfügung vom 23. Februar 2016 ordnete die Berichterstatterin des 1. Senats des Thüringer Landessozialgerichts das persönliche Erscheinen des Erinnerungsführers zu einem Erörterungstermin am 15. April 2016 um 10:45 Uhr an.

In seinem Antrag auf Erstattung von Fahrtkosten machte der Erinnerungsführer einen Gesamtbetrag von 157,83 € geltend (Fahrtkosten 31,25 €, Verdienstausfall für Begleitperson 100,00 €, Aufwand für zwei ärztliche Bescheinigungen 21,22 € + 5,36 €). Unter dem 17. Juni 2016 führte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) aus, eine Begleitung könne nicht genehmigt werden, da es versäumt worden sei, eine solche beim Gericht zu beantragen. Ebenso seien die Kosten für die beiden ärztlichen Bescheinigungen nicht erstattungsfähig. Entschädigt wurden Fahrtkosten in Höhe von 31,25 €.

Am 24. Juni 2016 hat der Erinnerungsführer einen Antrag auf richterliche Festsetzung gestellt und vorgetragen, dass er sich in der Woche vor dem Termin im Krankenhaus befunden habe, da er sich mit der Kreissäge einen Finger abgetrennt habe. Aufgrund dieser erheblichen stressbedingten Belastungssituation sei ein vorheriger Antrag nicht gestellt worden. Zum Nachweis seiner Fahruntüchtigkeit sei ein kostenpflichtiges Attest vorgelegt worden.

Der Erinnerungsführer beantragt sinngemäß,

die Entschädigung anlässlich des Erörterungstermins am 15. April 2016 auf insgesamt 157,83 € festzusetzen.

Der Erinnerungsgegner hat die Entscheidung in das Ermessen des Gerichts gestellt. Ob die Kosten der Inanspruchnahme einer Begleitperson angezeigt gewesen seien, vermöge von hier aus nicht beurteilt zu werden.

Die UdG hat der Verfügung nicht abgeholfen (Verfügung vom 24. Juni 2016) und sie dem Senat vorgelegt.

II.

Zuständig für die Entscheidung ist nach dem Geschäftsverteilungsplan des Thüringer Landessozialgerichts in Verbindung mit dem Geschäftsverteilungsplan des 1. Senats der Berichterstatter des 1. Senats.

Auf die Erinnerung wird die Entschädigung auf 131,25 € festgesetzt.

Zunächst stehen dem Erinnerungsführer Fahrtkosten in Höhe der beantragten 31,25 € nach § 191 Halbsatz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i. V. m. § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 des Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetzes (JVEG) zu. Ersetzt werden für jeden gefahrenen Kilometer 0,25 €. Gegen die vorgetragenen 124,6 Kilometer bestehen keine Bedenken.

Des Weiteren zu erstatten sind die Kosten für eine Begleitperson in Höhe von 100,00 €. Gesetzliche Grundlage ist § 191 Halbs. 1 SGG i.V.m. § 7 Abs. 1 JVEG. Danach werden die in den §§ 5 und 6 nicht besonders genannten baren Auslagen ersetzt, soweit sie notwendig sind (Satz 1); dies gilt insbesondere für die Kosten notwendiger Vertretungen und notwendiger Begleitpersonen (Satz 2). Ob die Begleitung tatsächlich notwendig ist, ist eine Tatfrage und im Zweifelsfall vom Gericht nach freiem Ermessen zu entscheiden (Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 13. Mai 2013 - L 6 SF 295/13 E - Juris).

Gemessen an diesen Kriterien steht dem Erinnerungsführer eine Entschädigung in Form von Auslagenersatz wegen eines Verdienstausfalls seines Sohnes zu, da die aufgezeigten Voraussetzungen für eine Berücksichtigungsfähigkeit der Begleitung erfüllt sind. Die fehlende Fahrtüchtigkeit des Erinnerungsführers ergibt sich bereits aus der Niederschrift über den Erörterungstermin vom 15. April 2016. Ausweislich dieser hat der Prozessbevollmächtigte des Erinnerungsführers am Ende des Erörterungstermins auf die Verletzung durch eine Kreissäge am linken Arm hingewiesen. Die Berichterstatterin des Senats hat deutlich sichtbare Verletzungen am linken Arm und einen Verband mit Schiene festgestellt. Damit ist die Fahruntüchtigkeit im Vollbeweis nachgewiesen.

Die fehlende vorherige Mitteilung des Erinnerungsführers an das Gericht über seine Absicht, in Begleitung anzureisen, steht der Erstattungsfähigkeit ausnahmsweise nicht entgegen. Zwar war in dem Ladungsschreiben des Thüringer Landessozialgerichts explizit der Hinweis enthalten, dass die Notwendigkeit einer Begleitperson dem Gericht sofort mitzuteilen und weitere Nachricht des Gerichts abzuwarten ist. Denn die Berichterstatterin des 1. Senats des Thüring...

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