Entscheidungsstichwort (Thema)

Höhe der im sozialgerichtlichen Verfahren anfallenden, aus der Staatskasse zu erstattenden Rechtsanwaltsgebühren

 

Orientierungssatz

1. Die Höhe der Vergütung für die Tätigkeit eines durch die Gewährung von Prozesskostenhilfe im sozialgerichtlichen Verfahren beigeordneten Rechtsanwalts errechnet sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zum RVG.

2. Bei einem unterdurchschnittlichen zeitlichen Umfang der anwaltlichen Tätigkeit, einer noch als durchschnittlich zu bewertenden Schwierigkeit der Sache, einer überdurchschnittlichen Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger und dessen unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen ist die Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG in Höhe von 200.- €. festzusetzen.

3. Der Umfang einer Wahrnehmung eines Gerichtstermins von fünfminütiger Dauer ist erheblich unterdurchschnittlich. Insoweit ist eine Gebühr in Höhe von 2/3 der Mittelgebühr für den Ansatz der Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG angemessen. Der Zeitaufwand bei der Vorbereitung des Termins wird ausschließlich bei der Verfahrensgebühr berücksichtigt.

4. Für die Erledigungsgebühr nach Nr. 1006 VV RVG sind angesichts einer 5-minütigen Dauer des Termins, der durchschnittlichen Schwierigkeit, der überdurchschnittlichen Bedeutung für den Kläger und unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen 2/3 der Mittelgebühr angemessen.

 

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Meiningen vom 9. Januar 2014 aufgehoben und die Vergütung des Beschwerdeführers auf 572,39 Euro festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.

 

Gründe

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren für ein Klageverfahren vor dem Sozialgericht Meiningen (S 23 AS 1240/11) streitig. Der von dem Beschwerdeführer vertretene Kläger hatte dort am 18. Mai 2011 Klage eingelegt und sich gegen die Rücknahme der gewährten monatlichen Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe vom 1. Juli bis 31. Dezember 2008 (monatlich 56,49 Euro) im Bescheid vom 17. Dezember 2009 gewandt. Am 14. Juni 2011 erhob er ebenfalls Klage gegen die Rücknahme der Leistungen vom 1. Januar bis 30. Juni 2008 im Bescheid vom 17. Dezember 2009 (S 23 1432/11). In beiden Verfahren gab er zur Begründung an, der Kläger könne die Berechnungen der Beklagten nicht nachvollziehen. Nach den Niederschriften verhandelte das Sozialgericht (SG) am 8. Februar 2012 das Verfahren S 23 AS 1432/11 von 12:05 bis 12:20 Uhr und das Verfahren S 23 AS 1240/11 von 12:20 bis 12:25 Uhr. In der Sitzung gewährte das SG dem Kläger in beiden Verfahren Prozesskostenhilfe (PKH) und ordnete den Beschwerdeführer bei. Die Beteiligten schlossen daraufhin Vergleiche, in denen sich der Kläger verpflichtete 200,00 Euro (S 23 AS 1432/11) bzw. 150,00 Euro (S 23 AS 1240/11) an die Beklagte in monatlichen Raten zu 10,00 Euro zurückzuzahlen. Die Rückzahlung der 150,00 Euro solle nach Rückforderung des Rückzahlungsbetrags im Verfahren S 23 AS 1432/11 erfolgen. Die Beklagte erklärte sich bereit, die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.

In seiner Kostenrechnung vom 8. Februar 2012 beantragte der Beschwerdeführer für das Verfahren S 23 AS 1240/11 die Festsetzung folgender Gebühren aus der Staatskasse:

Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV-RVG

250,00 Euro

Terminsgebühr Nr. 3106 VV-RVG

200,00 Euro

Einigungsgebühr Nr. 1006 VV-RVG

190,00 Euro

Post- und Telekommunikation Nr. 7002 VV-RVG

 20,00 Euro

660,00 Euro

USt     

125,40 Euro

Gesamtvergütung

785,40 Euro

Unter dem 24. Februar 2012 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) die Vergütung auf 517,65 Euro fest:

Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV-RVG

125,00 Euro

Terminsgebühr Nr. 3106 VV-RVG

100,00 Euro

Einigungsgebühr Nr. 1006 VV-RVG

190,00 Euro

Post- und Telekommunikation Nr. 7002 VV-RVG

 20,00 Euro

USt     

 82,65 Euro

Gesamtvergütung

517,65 Euro.

Die beantragte Verfahrensmittelgebühr sei nicht gerechtfertigt. Der zeitliche Aufwand des Beschwerdeführers habe sich auf die Klageschrift und die Vorbereitung der Sitzung beschränkt. Die Schwierigkeit bewege sich im Vergleich mit anderen Rechtsstreitigkeiten im unterdurchschnittlichen Bereich. Von einer durchschnittlichen Bedeutung könne mangels Bezifferung des Antrags nicht ausgegangen werden. Die Dauer der Verhandlung (5 Minuten) rechtfertige keine Durchschnittsgebühr.

Dagegen hat der Beschwerdeführer Erinnerung eingelegt und vorgetragen, er habe drei Besprechungen mit dem Mandanten durchführen müssen. Dies sei beim Umfang der Tätigkeit zu berücksichtigen. Das Sozialgericht Dortmund habe in einem Verfahren (S 10 (32) AS 210/07) darauf hingewiesen, dass es nicht nur auf die Dauer des Termins ankomme; zu berücksichtigen sei auch der Umfang der erforderlichen Vorbereitungen. Dann könne eine Verhandlung zügig durchgeführt werden. Zudem sei das Verfahren tatsächlich von 12:05 bis 12:25 Uhr verhandelt worden. Lediglich die Protokollierung sei in beiden Verfahren...

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