Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Prozesskostenhilfe. Beschwerderecht der Staatskasse. durchsetzbarer Kostenerstattungsanspruch als einsetzbares Vermögen iS von § 115 Abs 3 S 1 ZPO. Anordnung einer Einmalzahlung im Beschwerdeverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Beschwerde der Staatskasse nach Maßgabe des § 127 Abs 3 S 2 ZPO kann nicht gegen die Bewilligung von Prozesskostenhilfe dem Grunde nach, sondern nur darauf gerichtet werden, der Antragsteller sei unzutreffend nicht an den Kosten der Verfahrensführung durch Zahlung von Raten oder einer Einmalzahlung beteiligt worden.

2. Ein durchsetzbarer Kostenerstattungsanspruch gegen den Prozessgegner ist Vermögen iS von § 115 Abs 3 S 1 ZPO und führt im Beschwerdeverfahren der Staatskasse dazu, dass eine Einmalzahlung aus dem Vermögen anzuordnen ist.

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 28. September 2020 wie folgt abgeändert:

Dem Kläger wird Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt N aus S gewährt.

Es wird angeordnet, dass der Kläger eine Einmalzahlung in Höhe von 400,00 Euro leistet.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Dem Kläger wurde durch Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 28. September 2020 - nach gleichzeitiger Hinzuverbindung weiterer Verfahren - Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsverpflichtung bewilligt. Durch Beschluss vom 7. Oktober 2020 hat das Sozialgericht den Beschluss dahingehend erweitert, dass dem Kläger ab 5. Oktober 2020 Rechtsanwalt N aus S beigeordnet wurde. Durch rechtskräftiges Urteil vom 13. Oktober 2020 hat das Sozialgericht Nordhausen der Klage stattgegeben und dem beklagten Jobcenter die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers in vollem Umfang auferlegt. Durch Kostenerstattungsantrag vom 21. Oktober 2020 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers seine Kosten auf 363,96 Euro beziffert. Gegen die Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat die Bezirksrevisorin beim Thüringer Landessozialgericht mit am 2. Dezember 2020 beim Sozialgericht Nordhausen eingegangenem Schriftsatz Beschwerde eingelegt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass in dem PKH-Antrag eine Erklärung des Klägers über seinen Grundbesitz und insbesondere den Wert des Grundeigentums fehle. Mit Beschluss vom 29. Juni 2021 hat das Sozialgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und diese dem Thüringer Landessozialgericht vorgelegt.

Der Senat hat die Beteiligten mit Verfügung vom 23. Februar 2022 darauf hingewiesen, dass aufgrund besonderer Umstände im Hinblick auf das vom Kläger genutzte Grundstück nicht von einsetzbarem Vermögen auszugehen sei. Allerdings habe der Kläger durch Urteil vom 13. Oktober 2020 einen fälligen und durchsetzbaren Kostenerstattungsanspruch gegen das Jobcenter erlangt. Dieser stelle einsetzbares Vermögen im Sinne des § 115 Abs. 3 Satz 1 ZPO dar. Da der Prozessbevollmächtigte des Klägers seine Gebühren und Auslagen im Vergütungsfestsetzungsantrag auf 363,96 Euro beziffert habe, sei beabsichtigt, eine entsprechende Einmalzahlung aus dem Vermögen anzuordnen.

Die Bezirksrevisorin hat sich hierzu insoweit geäußert, dass sie am Einsatz des Grundvermögens für die Prozesskosten nicht mehr festhalte. Hinsichtlich der Anordnung einer Einmalzahlung sei zu prüfen, ob im Hinblick auf den Kostenerstattungsanspruch gegen die Beklagte die für PKH bestimmten Schongrenzen Anwendung fänden.

Der Kläger hat sich zum Verfahren nicht geäußert.

II.

Die Beschwerde ist sowohl statthaft als auch in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt (vgl. § 202 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG] i. V. m. §§ 572 Abs. 2 und 4, 127 Abs. 3 der Zivilprozessordnung [ZPO]).

Gemäß § 172 Abs. 1 SGG findet gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist. Eine derartige andere Bestimmung ist für den Fall der Bewilligung von Prozesskostenhilfe durch die Kammervorsitzenden der Sozialgerichte geregelt. So findet gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 127 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 ZPO die Beschwerde (nur) der Staatskasse gegen die Bewilligung von Prozesskostenhilfe statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Danach ist aufgrund der Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Beschluss vom 28. September 2020 ohne Festsetzung von Zahlungen die Beschwerde statthaft. Gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 127 Abs. 3 Satz 2 ZPO kann die Beschwerde ferner nur darauf gestützt werden, dass der oder die Beteiligte nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten hat. Auch dies ist vorliegend erfüllt, denn die Staatskasse als Beschwerdeführerin macht geltend, dass Raten zu leisten sind. Die Beschwerde ist auch nicht nach § 73a Abs. 8 SGG ausgeschlossen, weil vorliegend nicht der Urkundsbeamte, sondern der Kammervorsitzende e...

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