Entscheidungsstichwort (Thema)
Sachverständiger. Gutachten. Umsatzsteuer. Geltendmachung. Ausschlussfrist. Verjährungsfrist. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
Leitsatz (amtlich)
Ein Sachverständiger muss seinen Vergütungsanspruch nach Grund und Höhe innerhalb der Drei-Monats-Frist des § 2 Abs. 1 JVEG vollständig beziffern. Insofern kann er eine mit der Kostenrechnung nicht geltend gemachte Umsatzsteuer nachträglich nur unter der Voraussetzung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 2 Abs. 2 S. 1 JVEG erhalten.
Normenkette
JVEG § 2 Abs. 1-2
Tenor
Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 27. November 2006 aufgehoben. Die Vergütung auf den am 16. Februar 2006 gestellten Antrag wird auf 0,00 Euro festgesetzt.
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Erinnerungsführerin Umsatzsteuer nachliquidieren kann.
In dem Klageverfahren C. M. ./. Landesversicherungsanstalt Thüringen (Az.: S 3 RJ 536/04) änderte der Vorsitzende der 3. Kammer des Sozialgerichts Nordhausen mit Beschluss vom 17. September 2004 seine Beweisanordnung vom 1. September 2004 ab und beauftragte die Erinnerungsführerin, Chefärztin der Orthopädischen Abteilung einer Fachklinik, mit der Erstellung eines Gutachtens aufgrund ambulanter Untersuchung. Sie erstellte es unter dem 21. April 2004 und reichte es zusammen mit der Kostenrechnung über insgesamt 1.118,88 Euro am 9. Mai 2005 beim Sozialgericht ein. Mit Verfügung vom 24. Mai 2005 wies die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle den geforderten Betrag zur Zahlung an.
Am 16. Februar 2006 teilte die Erinnerungsführerin dem Sozialgericht mit Scheiben vom 9. Februar 2006 mit, sie habe nachträglich feststellen müssen, dass sie seit 2004 umsatzsteuerpflichtig sei. Sie bitte, ihr die Umsatzsteuer für die Gutachten des Jahres 2005 nachträglich zu überweisen. Beigelegt war eine Bescheinigung ihrer Steuerberater vom 3. November 2005, wonach sie die Umsatzgrenzen zur Anwendung der Kleinunternehmerregelung in den Jahren 2004 und 2005 überschritten habe und umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbringe. Dies bewirke, dass die Erinnerungsführerin in den betreffenden Rechnungen die gesetzliche Umsatzsteuer von 16 v.H. ausweisen und an das zuständige Finanzamt abführen müsse.
Mit Verfügung vom 20. Februar 2006 lehnte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die Nachzahlung ab, weil der Antrag außerhalb der Frist des § 2 des Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetzes (JVEG) gestellt worden sei.
Die Erinnerungsführerin hat am 10. März 2006 die richterliche Festsetzung beantragt und zur Begründung angegeben, sie habe die Steuer primär nicht geltend gemacht, weil sie Mitte 2005 noch nicht absehen konnte, dass sie die Grenze zur Umsatzsteuerpflicht überschreite. Der Beschwerdeführer hat eingewandt, eine Fristverlängerung sei nicht rechtzeitig beantragt worden. Damit komme eine Nachliquidation nicht in Betracht.
Mit Beschluss vom 27. November 2006 hat das Sozialgericht die Entschädigung für das Gutachten vom 21. April 2005 auf 1.297,90 Euro festgesetzt und die Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Der Festsetzung der Umsatzsteuer stehe § 2 Abs. 1 JVEG nicht entgegen. Nach Meyer/Höver/Bach (Die Vergütung und Entschädigung von Sachverständigen, Zeugen, Dritten und von ehrenamtlichen Richtern nach dem JVEG, 23. Auflage 2005, § 3 Rdnr. 2.2) genüge es, wenn der “Zeuge/Sachverständige„ innerhalb der Drei-Monats-Frist nur allgemein seinen Anspruch auf Entschädigung stelle ohne ihn zu beziffern; dann könne er dies bis zum Ablauf der Verjährungsfrist noch nachholen. Habe er innerhalb der Drei-Monats-Frist einen bezifferten Anspruch geltend gemacht, könne er bis zum Ablauf der Verjährungsfrist Nachforderungen stellen. Entsprechend habe es sich im vorliegenden Fall mit dem Antrag auf Erstattung der Umsatzsteuer um eine reine Nachforderung in diesem Sinne gehandelt, die rechtzeitig innerhalb der 3-jährigen Verjährungsfrist geltend gemacht worden sei.
Dagegen hat der Beschwerdeführer Beschwerde eingelegt und sich zur Begründung auf seine Ausführungen im Erinnerungsverfahren bezogen.
Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß
den Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 27. November 2006 aufzuheben und die Vergütung auf den Antrag vom 16. Februar 2006 auf 0,00 Euro festzusetzen.
Die Erinnerungsführerin hat keinen Antrag gestellt und sich zur Sache nicht geäußert.
Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Verfügung vom 6. März 2007) und die Akten dem Senat vorgelegt. Der Senatsvorsitzende hat nach entsprechender Anhörung mit Beschluss vom 15. Juni 2007 das Verfahren wegen grundsätzlicher Bedeutung auf den Senat übertragen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
Nach § 2 Abs. 1 JVEG erlischt der Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung, wenn er nicht binnen drei Monaten bei der Stelle, die den Berechtigten herangezogen oder beauftragt hat, geltend gemacht wird (Satz 1). Die F...