Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Auszug eines jungen Erwachsenen aus dem Elternhaushalt. vorherige Zusicherung des Grundsicherungsträgers. schwerwiegender sozialer Grund
Leitsatz (amtlich)
Allein der Vortrag einer Antragstellerin, sie streite öfters mit ihren Eltern, ist für sich nicht geeignet, einen schwerwiegenden sozialen Grund iS des § 22 Abs 2a SGB 2 zu bejahen (vgl LSG Berlin-Potsdam vom 31.8.2007 - L 5 AS 29/06).
Tenor
Die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Meiningen vom 26. Februar 2007 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Eilantrages über die Erteilung einer Zusicherung nach § 22 Abs. 2 a des Zweiten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Übernahme der Kosten einer neuen Unterkunft.
Die im Jahre 1985 geborene Beschwerdeführerin erlernte den Beruf einer Hauswirtschaftsgehilfin. Im Jahre 1998 verzog sie gemeinsam mit ihren Eltern in die Straße in S. Die Wohnung hat eine Fläche von etwa 52 Quadratmetern und besteht aus Wohnzimmer, Kinderzimmer, Küche und Bad. Anfang 2004 zog die Beschwerdeführerin zur ihrem damaligen Freund. Nach der Trennung Ende 2004 kehrte sie zu ihren Eltern zurück und bezog - wie zuvor - das Kinderzimmer.
Im Anschluss an eine Beschäftigung als Raumpflegerin beantragte sie im Dezember 2005 erstmals Leistungen zur Grundsicherung nach dem SGB II. Mit Bescheid vom 18. Januar 2006 lehnte die Beschwerdegegnerin den Antrag ab. Die Beschwerdeführerin sei nicht hilfebedürftig im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 3 SGB II.
Am 26. Juni 2006 beantragte sie erneut Leistungen zur Grundsicherung nach dem SGB II. Mit Bescheid vom 21. Juli 2006 bewilligte die Beschwerdegegnerin für Juli 2006 Leistungen in Höhe von 100,80 EUR und für die Zeit vom August bis Dezember 2006 in Höhe von 215,54 EUR monatlich.
Schon zuvor - am 29. Juni 2006 - hatte die Beschwerdeführerin die Übernahme der Kosten für eine Unterkunft, für Wohnungsbeschaffungskosten, für die Mietkaution und für eine Erstausstattung der Wohnung beantragt. Sie beabsichtige, in eine eigene Wohnung zu ziehen. Sie streite sich ständig mit ihren Eltern. Ihr jetziger Freund müsse um 21:00 Uhr die Wohnung verlassen. In ihrem Zimmer könne sie sich nicht mehr richtig bewegen. Mit Bescheid vom 21. Juli 2006 lehnte die Beschwerdegegnerin die Erteilung der beantragten Zusicherung ab. Der geplante Umzug sei nach § 22 Abs. 2 SGB II leistungsrechtlich nicht notwendig.
Den Widerspruch, dem die Beschwerdeführerin eine Bescheinigung des behandelnden Lungenfacharztes Dr. L. (Asthma bronchiale) beilegte, wies die Beschwerdegegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 29. August 2006 zurück.
Die Beschwerdeführerin hat dagegen unter dem 2. Oktober 2006 Klage erhoben (Az.: S 21 AS 1881/06), über die das Sozialgericht noch nicht entschieden hat, und mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2006 den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Mit Beschluss vom 26. Februar 2007 hat die Vorinstanz diesen Antrag sowie den Antrag auf Prozesskostenhilfe abgelehnt. Es fehle sowohl am Anordnungsanspruch als auch am Anordnungsgrund. Die Beschwerdeführerin habe einen Anspruch auf Erteilung der Zusicherung nach § 22 Abs. 2 a SGB II nicht ausreichend glaubhaft gemacht. Ein Anordnungsgrund sei ebenfalls nicht ersichtlich. Es sei ihr zumutbar, bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren bei den Eltern zu wohnen. Im Übrigen würde die begehrte Zusicherung zu einer grundsätzlich unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache führen.
Gegen den am 19. März 2007 zugestellten Beschluss hat die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 28. März 2007, der am gleichen Tag beim Sozialgericht eingegangen ist, Beschwerde eingelegt. Das Sozialgericht hat ihr nicht abgeholfen (Beschluss vom 29. März 2007) und sie dem Thüringer Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Die Beschwerdeführerin ist der Meinung, sie habe Anspruch auf den begehrten Erlass der einstweiligen Anordnung. Die Wohnverhältnisse seien bei nur etwa 51 Quadratmetern und einem Drei-Personen-Haushalt unzumutbar. Als zumutbar gelte eine Wohnfläche von etwa 75 Quadratmetern. Hinzu komme, dass sie an Asthma leide und in der Wohnung der Eltern ständig Zigarettenrauch ausgesetzt sei. Dies sei für ihr Krankheitsbild besonders schädlich. Der Anordnungsgrund sei ebenfalls erfüllt; wegen der beengten Wohnverhältnisse und insbesondere wegen ihres Gesundheitszustands sei der Umzug sofort notwendig.
Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Meiningen vom 26. Februar 2007 aufzuheben, die Beschwerdegegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr vorläufig eine Zusicherung nach § 22 Abs. 2 a SGB II zu erteilen, sowie ihr Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt M. zu bewilligen.
Die Beschwerdegegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
...