Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Pauschgebührenpflicht kommunaler Gebietskörperschaften
Orientierungssatz
Nach § 184 Abs 3 SGG, § 2 Abs 1 S 1 GKG sind in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit der Bund und die Länder sowie die nach Haushaltsplänen des Bundes oder eines Landes verwalteten öffentlichen Anstalten und Kassen von der Zahlung der Kosten befreit. Kommunale Gebietskörperschaften unterfallen - auch im übertragenen Wirkungskreis (hier: Ausführung des BEEG durch die Landkreise und kreisfreien Städte jeweils im übertragenen Wirkungskreis nach § 1 Abs 1 BEEGZustV TH) - diesem Befreiungstatbestand jedoch nicht.
Tenor
Die Erinnerung gegen die Festsetzung im Auszug aus dem Verzeichnis der Rechtsstreite der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Thüringer Landessozialgerichts vom 25. Juli 2013 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Am 13. Oktober 2009 legte der Kläger des Hauptsacheverfahrens gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gotha vom 15. September 2009 Berufung ein (L 2 EG 896/09) und wandte sich gegen die nach seiner Ansicht zu niedrige Berechnung des Elterngelds im Zeitraum 27. August 2007 bis 26. April 2008. In der mündlichen Verhandlung am 22. März 2012 nahm er die Klage zurück.
Unter dem 25. Juli 2013 hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) der Erinnerungsführerin einen “Auszug aus dem Verzeichnis der Rechtsstreite (§ 189 SGG)„ übersandt und gebeten, für das Verfahren L 2 EG 896/09 einen Betrag in Höhe von 112,50 Euro zu zahlen. Dagegen hat diese am 26. August 2013 Erinnerung eingelegt und vorgetragen, bis Mitte 2009 seien die Rechtsstreitigkeiten prozessual vom Thüringer Landesverwaltungsamt vertreten worden. Es sei unbillig, die Landkreise und kreisfreien Städte mit der Pauschgebühr nach § 184 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zu belegen, obwohl die Durchführung der Gesetze den Ländern obliege und aus Bundesmitteln finanziert werde. Bei eigener Aufgabenwahrnehmung müsste der Freistaat keine Gebühren tragen. Sie selbst habe keine Möglichkeit, die Gebühr an das Land bzw. den Bund weiterzureichen. Dies sei nicht hinnehmbar. Das Sozialgericht Gotha habe auf ihre Erinnerung für mehrere erstinstanzliche Verfahren (S 8 EG 5224/07, S 8 EG 1309/08, S 8 EG 3846/08, S 8 EG 2499/09, S 8 EG 1854/09) die Gebührenfestsetzungen aus dem Jahr 2011 zurückgenommen.
Die UdG hat der Erinnerung nicht abgeholfen (Verfügung vom 4. September 2013) und sie dem Senat zu Entscheidung vorgelegt. Der Erinnerungsgegner hat sich deren Ansicht angeschlossen und auf den Beschluss des Bundessozialgerichts (BSG) vom 29. Mai 2013 - B 13 SF 1/13 S verwiesen.
Der Senat hat die Gerichtsakten der Verfahren S 8 EG 5224/07, S 8 EG 1309/08, S 8 EG 3846/08, S 8 EG 2499/09, S 8 EG 1854/09d des Sozialgerichts Gotha beigezogen. Mit Beschluss vom 30. Dezember 2013 hat der Senatsvorsitzende das Verfahren dem Senat nach § 66 Abs. 6 S. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) übertragen.
II.
Zuständig für die Entscheidung ist nach der Übertragung durch den Senatsvorsitzenden der Senat (§ 66 Abs. 6 S. 2 GKG).
Zur Vollständigkeit weist der Senat darauf hin, dass der Auszug aus dem Verzeichnis der Rechtsstreite angesichts der Monatsfrist des § 189 Abs. 2 S. 2 SGG nach § 66 Abs. 2 S. 1 SGG hätte zugestellt werden müssen. Damit begann die Monatsfrist nicht zu laufen.
Die Erinnerung ist zulässig aber nicht begründet. Zu Recht hat die UdG die Pauschgebühren nach § 189 Abs. 1 SGG festgestellt. Nach dieser Vorschrift werden die Gebühren für die Streitsachen in einem Verzeichnis zusammengestellt (Satz 1); die Mitteilung eines Auszugs aus diesem Verzeichnis an die nach § 184 Abs. 1 Gebührenpflichtigen gilt als Feststellung der Gebührenschuld und als Aufforderung, den Gebührenbetrag binnen eines Monats an die in der Mitteilung angegebenen Stelle zu zahlen (Satz 2). Nach § 184 Abs. 1 S. 1 SGG haben Kläger und Beklagte, die nicht zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören, für jede Streitsache eine Gebühr zu entrichten. Nach § 183 S. 1 SGG sind Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger kostenfrei, sofern sie in dieser Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Das Berufungsverfahren L 2 EG 896/09 war eine selbständige gebührenpflichtige Streitsache und die am Verfahren beteiligte Erinnerungsführerin gehört nicht zum Personenkreis des § 183 S. 1 SGG.
Die Gebührenpflicht entfällt nicht nach § 184 Abs. 3 SGG. Danach ist § 2 GKG entsprechend anwendbar. Nach § 2 Abs. 1 S. 1 GKG sind in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit der Bund und die Länder sowie die nach Haushaltsplänen des Bundes oder eines Landes verwalteten öffentlichen Anstalten und Kassen von der Zahlung der Kosten befreit. Kommunale Gebietskörperschaften unterfallen - auch im übertragenen Wirkungskreis - diesem Befreiungstatbestand jedoch nicht (vgl. BSG, Beschluss vom 29. Mai 2013 - B 13 SF ...