Entscheidungsstichwort (Thema)
Erhebung einer Pauschgebühr für ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren
Orientierungssatz
1. Nach § 2 Abs. 1 S. 1 GKG sind in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit der Bund und die Länder sowie die nach Haushaltsplänen des Bundes oder eines Landes verwalteten öffentlichen Anstalten und Kassen von der Zahlung der Kosten befreit. Kommunale Gebietskörperschaften unterfallen diesem Befreiungstatbestand nicht.
2. Die Befreiung von der Pauschgebühr über § 2 GKG wurde eingeführt, damit der Träger der Gerichtshoheit, der für die Gerichte finanziell aufzukommen hat, also der Bund oder die Länder, nicht in die eigene Kasse Gebühren zu zahlen hat.
3. Wird von einer kommunalen Gebietskörperschaft insoweit Vertrauensschutz geltend gemacht, so setzt dies einen besonderen Vertrauenstatbestand voraus, auf den sie sich eingerichtet haben könnte.
Tenor
Die Erinnerung gegen die Festsetzung im Auszug aus dem Verzeichnis der Rechtsstreite der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Thüringer Landessozialgerichts vom 12. November 2013 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Im Berufungsverfahren L 5 SB 295/06 war die Höhe des Grads der Behinderung (GdB) des Klägers streitig. Es wurde am 10. Februar 2011 durch Vergleich erledigt. Gegenstand des Berufungsverfahrens L 5 BL 1079/08 war die Aufhebung der Bewilligung von Blindengeld. Es wurde mit Beschluss vom 8. August 2011 ausgesetzt und als Verfahren L 5 BL 779/12 fortgesetzt. Mit Urteil vom 15. November 2012 wies der 5. Senat die Berufung des Klägers zurück. Im Berufungsverfahren L 5 SB 347/09 nahm der Erinnerungsführer seine Berufung am 29. Juni 2009 zurück. Mit Beschluss vom 27. Juli 2011 verwarf der 5. Senat seinen Antrag auf Aufhebung der Entscheidung über Missbrauchskosten im Urteil des Sozialgerichts Nordhausen.
Unter dem 12. November 2013 hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) dem Erinnerungsführer einen “Auszug aus dem Verzeichnis der Rechtsstreite (§ 189 SGG)„ übersandt und gebeten, für folgende Verfahren Gerichtsgebühren zu zahlen:
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L 5 SB 295/06 |
112,50 Euro |
L 5 BL 1079/08 |
112,50 Euro |
L 5 BL 779/12 |
225,00 Euro. |
L 5 SB 347/09 |
225,00 Euro |
Dagegen hat dieser am 27. November 2013 Erinnerung eingelegt und vorgetragen, die Erhebung von Pauschgebühren für bereits rechtskräftig abgeschlossene Verfahren verletze das Rückwirkungsverbot. Für diese Verfahren habe er bis 2012 vom Freistaat Thüringen Kostenerstattung begehren können. Seit Jahresbeginn 2013 sei dies nicht mehr möglich. Das beeinträchtige seine Interessen in erheblichem Maße.
Die UdG hat der Erinnerung nicht abgeholfen (Verfügung vom 27. November 2013) und sie dem Senat zu Entscheidung vorgelegt. Der Erinnerungsgegner hat sich deren Ansicht angeschlossen und auf den Beschluss des Bundessozialgerichts (BSG) vom 29. Mai 2013 - B 13 SF 1/13 S verwiesen.
Mit Beschluss vom 5. Februar 2014 hat der Senatsvorsitzende das Verfahren dem Senat nach § 66 Abs. 6 S. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) übertragen.
II.
Zur Vollständigkeit weist der Senat darauf hin, dass der Auszug aus dem Verzeichnis der Rechtsstreite angesichts der Monatsfrist des § 189 Abs. 2 S. 2 SGG nach § 66 Abs. 2 S. 1 SGG hätte zugestellt werden müssen. Damit begann die Monatsfrist nicht zu laufen.
Die Erinnerung ist zulässig aber nicht begründet. Zu Recht hat die UdG die Pauschgebühren nach § 189 Abs. 1 SGG festgestellt. Nach dieser Vorschrift werden die Gebühren für die Streitsachen in einem Verzeichnis zusammengestellt (Satz 1); die Mitteilung eines Auszugs aus diesem Verzeichnis an die nach § 184 Abs. 1 Gebührenpflichtigen gilt als Feststellung der Gebührenschuld und als Aufforderung, den Gebührenbetrag binnen eines Monats an die in der Mitteilung angegebenen Stelle zu zahlen (Satz 2). Nach § 184 Abs. 1 S. 1 SGG haben Kläger und Beklagte, die nicht zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören, für jede Streitsache eine Gebühr zu entrichten. Nach § 183 S. 1 SGG sind Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger kosten-frei, sofern sie in dieser Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Die o.g. Berufungsverfahren waren selbständige gebührenpflichtige Streitsachen und der am Verfahren beteiligte Erinnerungsführer gehört nicht zum Personenkreis des § 183 S. 1 SGG.
Die Gebührenpflicht entfällt nicht nach § 184 Abs. 3 SGG. Danach ist § 2 GKG entsprechend anwendbar. Nach § 2 Abs. 1 S. 1 GKG sind in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit der Bund und die Länder sowie die nach Haushaltsplänen des Bundes oder eines Landes verwalteten öffentlichen Anstalten und Kassen von der Zahlung der Kosten befreit. Kommunale Gebietskörperschaften unterfallen - auch im übertragenen Wirkungskreis - diesem Befreiungstatbestand nicht (vgl. BSG, Beschluss vom 29. Mai 2013 - B 13 SF 1/13 S m.w.N., LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. Juni 2008 - L 7 SB 129/06, nach juris; Leit...