Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. einstweiliger Rechtsschutz. Anordnungsgrund. Leistungen für die Vergangenheit nur ausnahmsweise bei Nachholbedarf. Krankengeld
Leitsatz (amtlich)
Werden durch eine einstweilige Anordnung Geldleistungen für die Vergangenheit (dh vor Eingang des Antrags bei Gericht) geltend gemacht, fehlt in aller Regel der Anordnungsgrund. Eine Ausnahme kommt nur bei einem Nachholbedarf in Betracht (vgl LSG Erfurt vom 7.5.2009 - L 9 AS 763/08 ER).
Tenor
Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Altenburg vom 14. Januar 2014 aufgehoben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.
Die Anschlussbeschwerde des Beschwerdegegners wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beschwerdegegner ab dem 11. November 2013 Anspruch auf Krankengeld hat.
Der 1982 geborene Beschwerdegegner bewohnt mit seiner Ehefrau und zwei gemeinsamen Kindern ein Haus in T., dessen Miteigentümer er ist. Er war selbständig tätig und gab nach einer Aktennotiz in einem Telefongespräch am 8. Januar 2014 gegenüber der Beschwerdeführerin an, dass sein Gewerbe bis Ende 2014 ruhe, Betriebsvermögen und Grundbesitz seien aber vorhanden. Er habe aus diesem Grund kein Arbeitslosengeld II beantragt.
Ab 2. September 2013 schloss er mit A. G., Inhaber der lederhosenreinigung.de, einen Arbeitsvertrag. Die Gemeinschaftspraxis Dipl.-Med. K. und Dr. R.-F. bestätigten am 27. September 2013 ab 13. September 2013 Arbeitsunfähigkeit. Die letzte Feststellung erstreckt sich bis 4. März 2014. Ab dann soll er zur weiteren Behandlung in das Bezirksklinikum R. für die Dauer von vier bis sechs Wochen eingewiesen werden.
Die Beschwerdeführerin stellte mit Bescheid vom 4. November 2013 fest, dass für den Beschwerdegegner ab 2. September 2013 Versicherungspflicht zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie zur Arbeitsförderung als Arbeitnehmer der lederhosenreinigung.de besteht. Mit Schreiben vom 5. November 2013 wies sie den Beschwerdegegner darauf hin, dass er nach dem Ende der gesetzlichen Entgeltfortzahlung für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit Entgeltersatzleistungen erhalten könne, die Auszahlscheine seien hierfür vorzulegen.
Die Beschwerdeführerin zahlte ab 11. November 2013 kein Krankengeld. Mit Schriftsatz vom 17. Dezember 2013, eingegangen am 19. Dezember 2013, hat der Beschwerdegegner beim Sozialgericht Altenburg im Wege der einstweiligen Anordnung beantragt, die Beschwerdeführerin zur Zahlung von Krankengeld ab dem 11. November 2013 zu verpflichten. Die Beschwerdeführerin hob mit Bescheid vom 20. Dezember 2013 den Bescheid vom 4. November 2013 hinsichtlich der Versicherungspflicht nach § 45 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) auf und lehnte die Zahlung von Krankengeld ab 11. November 2013 ab. Gleichzeitig hörte sie den Beschwerdegegner zur geplanten Aufhebung der Krankengeldbewilligung und Rückforderung für den Zeitraum 14. bis 29. September 2013 an. Sie gehe davon aus, dass es sich um einen Scheinarbeitsvertrag handle. Gegen diesen Bescheid legte der Beschwerdegegner unter dem 2. Januar 2014 Widerspruch ein, über den noch nicht entschieden wurde.
Das Sozialgericht hat die Beschwerdeführerin mit Beschluss vom 14. Januar 2014 für die Zeit vom 11. November 2013 bis 14. Januar 2014 im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, Krankengeld zu gewähren. Ein Anordnungsanspruch ergebe sich bereits daraus, dass die Beschwerdeführerin den Beschwerdegegner vor Erlass des Bescheides vom 20. Dezember 2013 nicht ordnungsgemäß angehört habe. Ein Anordnungsgrund liege vor, weil der Beschwerdegegner nicht auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende verwiesen werden könne.
Am 21. Januar 2014 hat die Beschwerdeführerin Beschwerde eingelegt. Sie ist der Ansicht, dass weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund gegeben sind. Sie habe den Beschwerdegegner auf dessen Wunsch per E-Mail am 9. Dezember 2013 angehört. Dieser habe einen Scheinarbeitsvertrag abgeschlossen nur um einen Krankengeldanspruch zu erlangen. Ein Anordnungsgrund bestehe keinesfalls für Zeiten vor Eingang des Antrags beim Sozialgericht; auch danach sei keine Eilbedürftigkeit gegeben, weil der Beschwerdegegner auf die vorhandenen finanziellen Mittel sowie das Vermögen verwiesen werden könne. Es sei im Übrigen allenfalls von einer Bedürftigkeit von 315,54 € auszugehen. Krankenversicherungsschutz sei über die Familienversicherung gewährleistet.
Die Beschwerdeführerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Altenburg vom 14. Januar 2014 aufzuheben und den Antrag des Beschwerdegegners auf Gewährung von Krankengeld vom 19. November 2013 bis zum 14. Januar 2014 abzulehnen, hilfsweise die Höhe der vorläufigen Krankengeldzahlung auf 315,54 € zu begrenzen und von einer Sicherheitsleistung abhängig machen.
Der Beschwerdegeg...