Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Statthaftigkeit. Beschwerde. PKH-Ablehnung. Anwendbarkeit des § 127 Abs 2 S 2 Halbs 2 ZPO. persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse. einstweiliges Rechtsschutzverfahren

 

Orientierungssatz

1. Zur Anwendbarkeit des § 127 Abs 2 S 2 Halbs 2 ZPO im sozialgerichtlichen Verfahren.

2. Soweit § 172 Abs 3 Nr 2 SGG regelt, dass gegen die Ablehnung von PKH die Beschwerde ausgeschlossen ist, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die PKH verneint hat, so ist hierin keine abschließende Regelung für den Ausschluss von Beschwerden bei ablehnenden PKH-Entscheidungen zu sehen. Vielmehr stellt § 172 Abs 3 Nr 2 SGG klar, dass im sozialgerichtlichen Verfahren die Beschwerde zusätzlich zu den in § 127 Abs 2 S 2 ZPO geregelten Fällen auch in den Fällen ausgeschlossen ist, in denen PKH ausschließlich wegen der persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen abgelehnt worden ist.

3. Der zitierten Rechtsprechung folgt der Senat auch im Hinblick auf die Neufassung des § 172 Abs 3 Nr 1 SGG vom 5.8.2010 (so auch LSG Halle vom 13.12.2010 - L 5 AS 426/10 B.

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 31. Januar 2012 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Beschwerde richtet sich gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für die Durchführung eines Klageverfahrens vor dem Sozialgericht Nordhausen. In der Hauptsache streiten die Beteiligten um die Kosten eines Widerspruchsverfahrens.

Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 31. Januar 2012 den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wegen mangelnder Erfolgsaussichten abgelehnt und auf die Gründe des Gerichtsbescheids vom selben Tag Bezug genommen. Im Weiteren hat das Sozialgericht darauf hingewiesen, dass der Beschluss nicht mit der Beschwerde anfechtbar sei.

Der Kläger hat Beschwerde eingelegt und hält trotz Hinweis des Senats auf die nach seiner Rechtsprechung gegebene Unzulässigkeit daran fest.

Der Beklagte hat sich nicht geäußert.

Bezüglich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist unzulässig. Sie ist nach den §§ 172 Abs. 1, 73a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 127 Abs. 2 Satz 2 2. Halbs. Zivilprozessordnung (ZPO) nicht statthaft.

Gemäß § 172 Abs. 1 SGG findet gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist. Eine andere Bestimmung in diesem Sinne trifft § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG. Danach gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe entsprechend. Nach § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO findet gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nach dem 2. Halbsatz der Vorschrift nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den im § 511 ZPO genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe (PKH) verneint. Nach § 144 Abs. 1 SGG - der dem den Beschwerdewert der Berufung regelnden § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO entspricht - bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde der Zulassung durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro nicht übersteigt, soweit die Berufung nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (Satz 2).

Zwar ist umstritten, ob § 127 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz ZPO auf das sozialgerichtliche Verfahren anwendbar ist (vgl. bejahend LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 4. Juni 2009 - L 33 R 130/09 B PKH, Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 6. Juli 2009 - L 9 B 274/08 AS, LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 5. Dezember 2008 - L 8 AS 4968/08 PKH-B, verneinend LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 23. Februar 2009 - L 13 AS 3835/08 PKH-B, alle nach juris). Der Senat folgt aber der Auffassung, die die Vorschrift auch im sozialgerichtlichen Verfahren für anwendbar hält (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 25. November 2009 - 1 BvR 2515/09 - , in dem ein Verstoß gegen Verfassungsrecht durch die entsprechende Anwendung von § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO nicht festgestellt werden konnte). Mit der Neufassung des § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO soll erreicht werden, dass in Verfahren über die PKH nicht ein weitergehender Instanzenzug zur Verfügung steht, als in der Hauptsache. Außerdem soll der Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen begegnet werden, zu denen es käme, wenn das Beschwerdegericht die Erfolgsaussichten abweichend von dem in der Hauptsache abschließenden Gericht des ersten Rechtszugs beurteilt (vgl. Thüringer LSG, Beschlüsse vom 9. April 2009 - Az. L...

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