Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulassung der Berufung bei grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache bzw. bei Divergenz
Orientierungssatz
1. Die Berufung ist bei grundsätzlicher Bedeutung einer Rechtsfrage nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen. Hierzu ist die Klärungsbedürftigkeit und die Klärungsfähigkeit der Rechtsfrage in einem allgemeinen Interesse erforderlich. Ein Individualinteresse genügt nicht.
2. Rechtsgrundlage für den Vergütungsanspruch eines Heilmittelerbringers ist § 125 Abs. 2 S. 1 SGB 5 i. V. m. dem jeweiligen Rahmenvertrag einschließlich der geltenden Preisliste. Damit sind die grundsätzlichen Fragen der Vergütung geklärt. Ob eine entsprechende vertragsärztliche Verordnung vorliegt und die sonstigen Voraussetzungen erfüllt sind, ist dagegen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen und weder grundsätzlich klärungsfähig, noch klärungsbedürftig.
3. Der Zulassungsgrund der Divergenz nach § 144 Abs. 2 Nr. 2 liegt nur dann vor, wenn das Gericht einen abstrakten Rechtssatz aufgestellt hat, welcher der zum selben Gegenstand gemachten und fortbestehenden aktuellen abstrakten Aussage eines Obergerichts entgegensteht und dem erstinstanzlichen Urteil tragend zu Grunde liegt.
Tenor
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 30. März 2011 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 204,08 € festgesetzt.
Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Vergütung von fünf logopädischen Behandlungen.
Die Klägerin ist zugelassene Heilmittelerbringerin für logopädische Leistungen. Aufgrund vertragsärztlicher Verordnungen behandelte sie fünf Versicherte der Beklagten. Die jeweils geltend gemachte Vergütung wurde um den Betrag für die Erstbefundung gekürzt. Insoweit hat sie am 17. März 2008 Klage erhoben mit der Begründung, dass in allen Fällen von dem Vertragsarzt eine Erstverordnung mit einem anderen Indikationsschlüssel zu einer anderen Diagnosegruppe und folglich einer anderen Erkrankung ausgestellt worden sei. Die Behandlung dieser anderen Erkrankung erfordere einen anderen Behandlungsplan, andere Testverfahren bzw. andere Screenings und folglich andere Therapieinhalte. Dies beinhalte zwangsläufig eine Erstbefundung. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei der Vertragsarzt als Schlüsselfigur bei der Heil-, Hilfs- und Arzneimittelversorgung anzusehen. Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass ein Anspruch auf erneute Abrechnung der Positionsnummer X 3010 für eine Erstbefundung nicht bestanden habe. Nach § 11 Abs. 2 des Vertrages gemäß § 125 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) über die Versorgung mit stimmt, sprech- und sprachtherapeutischen Leistungen i.V.m der Vergütungsvereinbarung i.V.m. der Preisliste sei diese Position nur bei Behandlungsbeginn im Rahmen der ersten Verordnung einmal zusätzlich ohne gesonderte Verordnung abrechenbar. Den jeweils vorgelegten ärztlichen Verordnungen habe kein neuer Behandlungsfall zugrunde gelegen. Der Zusammenhang werde dadurch bestätigt, dass es sich bei der Behandlung der einzelnen Versicherten jeweils um dieselbe Grunderkrankung gehandelt habe. Allein der ggf. erforderliche Wechsel des Indikationsschlüssels bzw. der Diagnosegruppe führe bei gleichbleibender Grunderkrankung nicht zu einem Diagnosewechsel.
Mit Urteil vom 30. März 2011 hat das Sozialgericht (SG) die Klage abgewiesen und zur Begründung unter anderem ausgeführt, dass kein weiterer Anspruch auf Vergütung in Höhe von insgesamt 204,08 € auf der Grundlage des § 11 Abs. 2 des Vertrages gemäß § 125 SGB V über die Versorgung mit stimm-, sprech- und sprachtherapeutischen Leistungen i.V.m. der Vergütungsvereinbarung und der Preisliste von 1. September 2004 bestehe. Eine Erstbefundung entsprechend der Positionsnummer X 3010, welche für den Zeitraum bis 31. März 2008 mit 40,04 € vergütet worden sei, sei nur bei Behandlungsbeginn im Rahmen der ersten Verordnung einmal zusätzlich ohne gesonderte ärztliche Verordnung abrechenbar und vom Versicherten auf der Rückseite der Verordnung als Erstuntersuchung zu bestätigen. Folgeverordnungen würden regelmäßig keine Abrechnungsbefugnis für eine Erstbefundung geben. Dies gelte auch dann, wenn sich im Rahmen der Behandlung der Erkrankung die Leitsympthomatik ändere und unterschiedliche Heilmittel zur Anwendung gelangten. Ein neuer Regelfall, der zur erneuten Abrechnung einer Erstbefundung ermächtige, könne vorliegen, wenn eine rezidive oder eine neue Erkrankungsphase vorliege und nach einer Heilmittelanwendung ein behandlungsfreies Intervall von zwölf Wochen abgelaufen sei. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das SG unter Auswertung der vorliegenden ärztlichen Verordnungen jeweils festgestellt, dass eine neue Behandlung mit den jeweiligen Verordnungen nicht begonnen habe. Behandelt worden sei in allen Fällen dieselbe Grunderkrankung.