Orientierungssatz

1. Kein Anspruch einer Witwe aus dem Beitrittsgebiet auf Hinterbliebenenversorgung nach dem BVG unter Außerachtlassung der Minderung nach § 84a BVG in Höhe einer Versorgung, die Berechtigten aus den alten Bundesländern gezahlt wird.

2. Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung der Klägerin hinsichtlich des ihrer Witwenrente zugrundegelegten (und gegenüber dem "Westniveau") niedrigeren "Ostniveaus" liegt weder im Vergleich zu der Gruppe der Versorgungsberechtigten aus den alten Bundesländern noch im Vergleich der Grundrentenbezieher aus dem Beitrittsgebiet vor (Anschluss an BVerfG vom 14.3.2000 - 1 BvR 284/96 = SozR 3-3100 § 84a Nr 3 = BVerfGE 102, 41 ).

 

Verfahrensgang

SG Gotha (Urteil vom 14.03.2001; Aktenzeichen S 4 V 3153/00)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 12.06.2003; Aktenzeichen B 9 V 5/02 R)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom14. März 2001 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt eine Witwenversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) in Höhe einer Versorgung, die Berechtigten aus den alten Ländern gezahlt wird.

Die im Oktober 1921 geborene Klägerin war seit Mai 1955 mit dem am 20. April 1922 geborenen und am 24. Februar 1969 verstorbenen … (nachfolgend Verstorbener genannt) in erster Ehe verheiratet. Er war 1944 wegen einer Wehrdienstbeschädigung aus der Wehrmacht entlassen worden und bezog eine Versorgungsrente. An den Folgen dieser Wehrdienstbeschädigung ist er verstorben. In zweiter Ehe war die Klägerin mit dem am 1. November 1913 geborenen und am 11. September 1983 verstorbenen … verheiratet. Aus dessen Versicherung erhält sie eine Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung.

Auf ihren Antrag bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 11. Juli 1995 der Klägerin ab dem 1. April 1994 dem Grunde nach eine Witwenversorgung nach dem Verstorbenen nach § 44 Abs. 2 BVG. Mit Bescheid vom 13. September 1995 stellte der Beklagte Versorgungsbezüge in Höhe von 316,– DM fest. Anschließend wurde die Leistung ab 1. Januar 1996 (Bescheid vom 12. April 1996; DM 330,–), ab 1. Juli 1996 (Bescheid vom 11. Oktober 1996; 347,– DM), ab 1. Juli 1997 (Bescheid vom 25. September 1997; DM 364,–), ab 1. Juli 1998 (Bescheid vom 25. November 1998, 366,– DM) und ab 1. Juli 1999 (Bescheid vom 27. Oktober 1999, 376,– DM) erhöht.

Mit einem aus einer Zeitung ausgeschnittenen (vorformulierten) und auf den 8. Mai 2000 datierten Antrag begehrte die Klägerin „auf Grund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (…) die Neufeststellung meiner BVG-Grundrente ab dem 1. Januar 1999”.

Mit Bescheid vom 7. Juni 2000 lehnte der Beklagte eine Hinterbliebenenrente in Höhe des „Westniveaus” ab. Mit am 12. Juli 2000 eingegangenem Schreiben legte die Klägerin Widerspruch ein, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. November 2000 zurückwies. Die anschließend hiergegen von der Klägerin erhobene Klage hat das Sozialgericht Gotha mit Urteil vom 14. März 2001 abgewiesen. Die unterschiedliche Höhe der Hinterbliebenenrenten in den alten und neuen Bundesländern sei gesetzlich eindeutig und verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Während des Klageverfahrens hatte der Beklagte den Anspruch zum 1. Juli 2000 mit Bescheid vom 30. Oktober 2000 angepasst. Der Anspruch der Klägerin betrug danach 378,– DM.

Mit ihrer im Mai 2001 eingelegten Berufung macht die Klägerin geltend, dass die Höhe ihrer Rente gegen das Grundgesetz (GG) verstoße. Das Gleichbehandlungsgebot sei verletzt. Es müsse berücksichtigt werden, dass auch die Hinterbliebenenrenten Genugtuungsfunktion hätten. Daher sei die bereits erwähnte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auch in ihren Fall einschlägig. Sie verweist in diesem Zusammenhang insbesondere auf das schwere Schicksal der Frauen nach dem Krieg.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 14. März 2001 und den Bescheid des Beklagten vom 7. Juni 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. November 2000 aufzuheben, die Bescheide vom 30. Oktober 2000 und 12. September 2001 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, die Bescheide vom 25. November 1998 und 27. Oktober 1999 zurückzunehmen und der Klägerin ab dem 1. Januar 1999 eine Hinterbliebenenrente nach § 44 Abs. 2 BVG unter Außerachtlassung der Minderung nach § 84 a BVG zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er ist im Wesentlichen der Auffassung, dass die erstinstanzliche Entscheidung zutreffend sei.

Während des Berufungsverfahrens hat der Beklagte die Leistung zum 1. Juli 2001 angepasst (Bescheid vom 12. September 2001) und zahlt seitdem 387,– DM bzw. 197, 87 EUR.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen. Die Akte des Verstorbenen … lag vor und ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidung gewesen.

 

Entscheidungsgründe

Gegenstand des ...

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