Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. haftungsbegründende Kausalität. Kreuzbandruptur. Innenbandläsion. Kniegelenkserguss. Knochenmarködem. arthroskopischer Befund. Beweislast

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zu den Voraussetzungen, unter denen eine Kreuzbandruptur mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf ein Unfallereignis zurückgeführt werden kann.

2. Ernsthafte Zweifel an einer unfallbedingten Verursachung einer Kreuzbandruptur können durch die fehlende zeitnahe Sicherung eines blutigen Kniegelenksergusses bei zusätzlich fehlendem Knochenmarködem und Nichtexistenz eines arthroskopischen Befundes begründet werden.

 

Orientierungssatz

Der Argumentation mit dem Fehlen einschlägiger Vorerkrankungen kommt nur dann zusätzliche Relevanz zu, wenn nach den übrigen Umständen des Einzelfalles erhebliche Gesichtspunkte für einen Unfallzusammenhang sprechen. Bezogen auf den Einzelfall ist zu beachten, dass Rupturen des Kreuzbandes mit einer Instabilität des Knies nach den nachvollziehbaren Ausführungen insbesondere des medizinischen Sachverständigen häufig nicht bemerkt werden.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 04.07.2017; Aktenzeichen B 2 U 94/17 B)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Meiningen vom 28. Februar 2013 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob als weitere Folge eines von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfalles vom 26. Oktober 2009 eine Ruptur des vorderen Kreuzbandes links anzuerkennen ist.

Der 1961 geborene Kläger war zum Zeitpunkt des Ereignisses als Forstarbeiter mit Baumfällarbeiten beschäftigt. Ausweislich des H-Arztberichtes vom 26. Oktober 2009 ist beim Baumfällen der Baum auf einen unten liegenden Ast gefallen. Dieser Ast ist dem Kläger an das linke Bein geschlagen. Der Kläger fiel zu Boden und klagte über Schmerzen und Bewegungseinschränkungen im linken Knie. Diagnostiziert wurde eine Prellung des linken Kniegelenks. In einem Fragebogen vom 10. Januar 2010 schilderte der Kläger den Hergang so, dass beim Aufschlagen die Krone der Fichte einen bereits links liegenden Stamm am dicken Ende getroffen habe. Der Stamm sei ausgehoben und die Spitze seitwärts auf ihn zugekommen. Er sei am linken Bein von der Spitze erfasst und nach rechts umgeworfen worden. Dabei sei das Bein nach vorn überstreckt worden. Der Kläger befand sich danach bei der behandelnden Ärztin wegen der Knieverletzung weiterhin in konservativer Behandlung. Ein Arbeitsversuch ab dem 14. Dezember 2009 wurde wegen Beschwerden am 17. Dezember 2009 abgebrochen. Eine MRT-Untersuchung des linken Kniegelenks vom 28. Dezember 2009 führte zu der Diagnose einer kompletten Ruptur des vorderen Kreuzbandes links, deren Alter nicht sicher zu bestimmen sei. Ein Knochenmarködem in den Gelenken konnte nicht gesichert werden. Die konservative Behandlung wurde fortgesetzt. Eine Arthroskopie wurde nicht vorgenommen. Der Kläger ist seit dieser Zeit im Innendienst des Forstamtes tätig.

Die Beklagte beauftragte nach Beiziehung einer Auskunft der … über Arbeitsunfähigkeitszeiten des Klägers wegen einer Kreuzbandruptur links Dr. W. mit der Erstellung eines Zusammenhangsgutachtens. Dieser führte in seinem Gutachten vom 11. Oktober 2010 aus, dass die Kreuzbandruptur links nicht auf das Unfallereignis zurückgeführt werden könne. Es fehle ein Knochenmarködem, welches für ein Trauma typisch sei. Dem Erstbefund ließen sich auch keine Angaben über eine Knieinstabilität entnehmen. Eine Punktion des linken Kniegelenks habe einen serösen Erguss, d.h. keine Blutbeimengungen, erbracht. Verschleißbedingte Veränderungen des linken Kniegelenks seien vorbestehend gewesen. Dies erkläre den längeren Heilungsverlauf. Unfallfolge sei daher allein eine Prellung des linken Kniegelenks.

Daraufhin erkannte die Beklagte mit Bescheid vom 9. November 2010 das Vorliegen eines Arbeitsunfalles mit der Folge einer Prellung des linken Kniegelenks an. Der Schaden des vorderen Kreuzbandes links sei nicht Folge des Arbeitsunfalles. Ein hiergegen gerichteter Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 10. März 2011 zurückgewiesen.

Hiergegen hat der Kläger am 8. April 2011 beim Sozialgericht Meiningen Klage erhoben. Er hat ein für seine private Unfallversicherung erstattetes Gutachten von Dr. U. vom 4. Januar 2011 zu den Akten gereicht. Darin bejaht dieser einen Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der vorderen Kreuzbandruptur links. Das Sozialgericht hat nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens von Dr. B. Dieser bejaht in seinem Gutachten vom 3. Mai 2012 einen Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der vorderen Kreuzbandruptur links. Eine die aktuellen Beschwerden begründende unfallunabhängige Vorerkrankung oder Instabilität des betroffenen Kniegelenkes sei nicht wahrscheinlich. Der Kläger habe glaubhaft versichert, zu...

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