Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Vergütung von Krankenhausleistungen nach dem DRG-System. Geltung des Wirtschaftlichkeitsgebotes. Nachweis der Wirtschaftlichkeit. Erstattungsanspruch der Krankenkasse
Orientierungssatz
1. Ein Krankenhaus hat auch bei der Vergütung der Krankenhausbehandlung durch Fallpauschalen stets einen Vergütungsanspruch gegen einen Träger der gesetzlichen Krankenversicherung nur für eine erforderliche, wirtschaftliche Krankenhausbehandlung. Das Wirtschaftlichkeitsgebot zwingt auch Krankenhäuser bei der Behandlungsplanung, die Möglichkeit wirtschaftlichen Alternativverhaltens zu prüfen. Wählt das Krankenhaus einen unwirtschaftlichen Behandlungsweg, kann es allenfalls die Vergütung beanspruchen, die bei fiktivem wirtschaftlichem Alternativverhalten angefallen wäre (vgl BSG vom 1.7.2014 - B 1 KR 62/12 R = BSGE 116, 138 = SozR 4-2500 § 12 Nr 4).
2. Der Nachweis der Wirtschaftlichkeit erfordert, dass bei Existenz verschiedener gleich zweckmäßiger und notwendiger Behandlungsmöglichkeiten die Kosten für den gleichen zu erwartenden Erfolg geringer oder zumindest nicht höher sind. War aus medizinischen Gründen eine zweimalige stationäre Behandlung des Versicherten nicht erforderlich, so ist der dem Krankenhausträger zustehende Vergütungsanspruch entsprechend zu kürzen. Den überschießenden Betrag kann die Krankenkasse vom Krankenhausträger im Wege der Erstattung zurückfordern.
3. Zahlt eine Krankenkasse vorbehaltlos auf eine Krankenhausrechnung, kann sie mit der Rückforderung - und damit auch mit dem späteren Bestreiten ihrer Zahlungspflicht - ganz ausgeschlossen sein, wenn sie (positiv) gewusst hat, dass sie zur Leistung nicht verpflichtet war (vgl BSG vom 23.6.2015 - B 1 KR 13/14 R = SozR 4-5560 § 17b Nr 6).
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 8. Dezember 2011 geändert. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.345,64 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29. August 2007 zu zahlen. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt 6/10, die Klägerin 4/10 der Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Höhe der Krankenhausvergütung.
Die Klägerin betreibt ein nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) zugelassenes Krankenhaus, in dem die Versicherte der Beklagten J. H. (im Folgenden: Versicherte) zweimal stationär wegen einer Erkrankung der Gallenblase behandelt wurde. Während ihres ersten Aufenthalts (vom 18. bis 23. September 2006) mit der Aufnahmediagnose ICD-10-GM Version 2006 K80.60 "Gallenblasenstein ohne Cholezystitis ohne Angabe einer Gallenwegsobstruktion" und der Entlassungsdiagnose ICD-10-GM C23 "Bösartige Neubildung der Gallenblase" erfolgte u.a. die Entfernung der Gallenblase (Cholezystektomie) unter laparoskopischem Zugang. Bei ihrer Entlassung erhielt die Versicherte zur Nachresektion des Gallenblasenbettes einen Wiederaufnahmetermin für den 24. Oktober 2006 (Entlassungsbericht vom 27. September 2006). Während des zweiten Aufenthalts (vom 2. bis 14. November 2006) erfolgten u.a. einen Keilexzision von erkranktem Gewebe der Leber (atypische Leberresektion), eine regionale Lymphadenektomie und eine intensivmedizinische Komplexbehandlung. Als Entlassungsdiagnosen nannte die Klägerin die Hauptdiagnose ICD-10-GM C23 "Bösartige Neubildung der Gallenblase" und die Nebendiagnosen ICD-10-GM D50.8 (sonstige Eisenmangelanämien) und ICD-10-GM B95.2 (Streptokokken, Gruppe D, als Ursache von Krankheiten, die in anderen Kapiteln klassifiziert sind) sowie verschiedene Prozeduren.
Für die erste stationäre Behandlung der Versicherten setzte die Klägerin nach dem auf G-DRGs (diagnosebezogene Fallgruppen - deutsche Version) basierenden Fallpauschalen-Katalog der G-DRG-Version 2006 die G-DRG H08A (Laparoskopische Cholezystektomie mit sehr komplexer Diagnose) nebst Zuschlägen mit einer Vergütung von insgesamt 5.662,74 € (Rechnung vom 23. September 2006 und Schlussrechnung vom 10. Oktober 2006) an. Die Beklagte zahlte diesen Betrag und beauftragte am 13. Oktober 2006 den … (MDK) … e.V. mit der Prüfung der Plausibilität des Überschreitens der unteren Grenzverweildauer (GVD), der Plausibilität der Hauptdiagnose sowie der medizinischen Begründetheit der Verweildauer. Für die zweite stationäre Behandlung setzte die Klägerin die G-DRG H09A (Eingriffe an Pankreas und Leber und portosystemische Shunt-Operationen, ohne großen Eingriff, ohne Strahlentherapie, mit äußerst schweren CC) nebst Zuschlägen mit einer Vergütung von insgesamt 10.503,25 € an. Am 28. November 2006 beauftragte die Beklagte den MDK mit der Prüfung der Plausibilität der Nebendiagnose. Sie informierte die Klägerin dahingehend, dass sie den MDK mit der Prüfung der Notwendigkeit und Erforderlichkeit der stationären Behandlung ab dem 2. November 2006 beauftragt habe. Mit Schreiben vom 14. Juni 2007 teilte die Beklagte der Klägerin mit, da...