Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankengeld. Bemessung bei hauptberuflich selbstständig Erwerbstätigen nach dem erzielten Arbeitseinkommen. Berücksichtigung des Arbeitseinkommens aus dem Einkommensteuerbescheid. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
Liegt der Beitragsbemessung eines hauptberuflich Selbständigen ein vom Finanzamt erlassener Einkommensteuerbescheid zu Grunde, ist die konkrete Höhe des Arbeitseinkommens diesem Bescheid zu entnehmen und zwar auch dann, wenn der Steuerbescheid nicht das Kalenderjahr betrifft, das dem Jahr, in dem die Arbeitsunfähigkeit eintritt, unmittelbar vorausgeht (vgl BSG vom 6.11.2008 - B 1 KR 28/07 R = SozR 4-2500 § 47 Nr 10).
Orientierungssatz
Ein Verstoß der Berechnung des Krankengeldes unter Berücksichtigung der durch den letzten Einkommenssteuerbescheid nachgewiesenen Einkünfte gegen Art 3 GG ist nicht ersichtlich (vgl BSG vom 6.11.2008 - B 1 KR 28/07 R aaO).
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Altenburg vom 5. Dezember 2007 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des an den Kläger vom 9. bis 30. April 2004, 12. bis 28. November 2004, 24. Juni bis 21. August 2005, 1. März bis 27. März 2006, 12. Mai bis 30. September 2006, 3. November 2006 bis 14. Januar 2007 gezahlten Krankengeldes sowie die Ablehnung der Zahlung von Krankengeld ab 30. Dezember 2005 bis 28. Februar 2006 streitig.
Der 1955 geborene Kläger ist seit 1. Mai 1993 bei der Beklagten aufgrund einer selbstständigen Tätigkeit mit Anspruch auf Krankengeld ab dem 15. Tag der Arbeitsunfähigkeit freiwillig versichert. Die Beitragsbemessung erfolgte in den hier streitigen Zeiträumen nach der jeweiligen Mindestbeitragsbemessungsgrenze entsprechend § 240 Abs. 4 Satz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V).
Im Jahr 2002 erzielte der Kläger laut Bescheid für 2002 über Einkommenssteuer Kirchensteuern und Solidaritätszuschlag vom 13. Oktober 2003 aus der selbständigen Tätigkeit Einkünfte in Höhe von 2.439 Euro. Im Jahr 2003 erzielte er laut Bescheid für 2003 über Einkommenssteuer Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag vom 9. März 2005 ein negatives Einkommen in Höhe von -318,00 Euro. Im Jahr 2004 erzielte der Kläger laut Bescheid für 2004 über Einkommenssteuer Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag vom 14. Februar 2006 Einkünfte in Höhe von 1.953,00 Euro.
Aufgrund des Eintritts von Arbeitsunfähigkeit am 26. März 2004 gewährte ihm die Beklagte ab 9. April 2004 Krankengeld in Höhe von 4,74 Euro täglich (Bescheid vom 25. Mai 2004). Mit der letzten Einkommensbefragung habe er Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit in Höhe von 203,25 Euro nachgewiesen. Die Mindestbeitragsbemessungsgrenze von 1.811,25 Euro, nach der er Beiträge zahle, sei keine geeignete Grundlage für die Berechnung des Krankengeldes, weil diese nicht die individuelle wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des selbstständig Tätigen widerspiegele. Der Kläger bezog Krankengeld bis 30. April 2004.
Aufgrund des Eintritts von Arbeitsunfähigkeit am 26. Oktober 2004 gewährte die Beklagte ihm ab dem 12. November 2004 Krankengeld in Höhe von 4,75 Euro täglich, wiederum aufgrund eines zuletzt nachgewiesenen Einkommens in Höhe von 203,25 Euro monatlich (Bescheid vom 25. November 2004). Der Kläger bezog Krankengeld bis 28. November 2004.
Gegen diese Bescheide erhob er am 29. Dezember 2004 Widerspruch. Grundlage für die Zahlung von Krankengeld müsste die der Berechnung der Beiträge zu Grunde liegende Bemessungsgrundlage in Höhe von 1.811,25 Euro sein. Mit Widerspruchsbescheid vom 14. April 2005 wies die Beklagte die Widersprüche unter Bezugnahme auf die Gründe im Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 30. März 2004 - Az.: B 1 KR 32/02 R zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 3. Mai 2005 (Az.: S 4 KR 1190/05) beim Sozialgericht (SG) Altenburg Klage erhoben.
Aufgrund einer erneuten Arbeitsunfähigkeit ab dem 10. Juni 2005 hat die Beklagte dem Kläger ab dem 24. Juni 2005 Krankengeld in Höhe von 4,75 Euro täglich unter Hinweis auf das zuletzt nachgewiesene Einkommen in Höhe von 203,25 Euro monatlich (Bescheid vom 29. Juni 2005) gewährt. Er hat Krankengeld bis 21. August 2005 bezogen. Mit Bescheiden vom 18. April 2006 und 16. Mai 2006 hat die Beklagte die Zahlung von Krankengeld ab 30. Dezember 2005 und ab 12. Mai 2006 nach erneut eingetretener Arbeitsunfähigkeit mit der Begründung abgelehnt, er habe mit der letzten Einkommensbefragung vor dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit negative Einkünfte aus der selbstständigen Tätigkeit nachgewiesen. Ein Anspruch auf ein Mindestkrankengeld auf Basis der Mindestbeitragsbemessungsgrenze bestehe nicht. Mit Widerspruchsbescheid vom 22. August 2006 hat sie die Widersprüche des Klägers gegen die Bescheide vom 29. Juni 2005, 18. April und 16. Mai 2006 zurückgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger am 22. September 2006 beim SG Altenburg (Az.: S 4 KR 2600/06) Klage erhoben.
Aufgrund ...