Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankengeld. Anspruchshöchstdauer. "dieselbe Krankheit" iS von § 48 Abs 1 SGB 5
Orientierungssatz
Bei im Zeitablauf nacheinander auftretenden Erkrankungen handelt es sich im Rechtssinne um dieselbe Krankheit, wenn der regelwidrige Körper- oder Geisteszustand, der die Krankheitsursache bildet, auf ein medizinisch nicht ausgeheiltes Grundleiden zurückzuführen ist. Dies kann zum Beispiel bei wiederholt in unterschiedlicher Ausprägung auftretenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Fall sein. Hierbei ist eine stark verfeinernde, fachmedizinisch-diagnostische Sichtweise zu vermeiden, die die Gefahr begründet, dass dem Merkmal im Kontext letztlich gar keine eigenständige rechtliche Bedeutung mehr zukommt, obwohl das Gesetz damit gerade eine Einengung des zeitlichen Umfangs der Krankengeldgewährung bezweckt (vgl BSG vom 7.12.2004 - B 1 KR 10/03 R).
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 28. März 2011 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin für die Zeit vom 15. bis 30. Juli 2009 Anspruch auf Zahlung von Krankengeld hat.
Die 1951 geborene Klägerin ist seit 1. September 2006 bei der Beklagten pflichtversichert und war vom 15. Mai 2006 bis 9. Juni 2006 wegen “Kreuzschmerz„ arbeitsunfähig und bezog Krankengeld. Ab 21. November 2006 bezog sie Krankengeld aufgrund Arbeitsunfähigkeit wegen Somatisierungsstörung und Gonarthrose. Ab dem 27. November 2006 bestand zudem Arbeitsunfähigkeit wegen “Arthritis nicht näher bezeichnet, nicht näher bezeichnete Lokalisationen„, ab dem 9. März 2007 wegen degenerativer Veränderungen der Lendenwirbelsäule, Knie, Hüften, ab dem 19. November 2007 wegen Gelenkschmerz mehrere Lokalisationen. Sie bestanden neben weiteren Erkrankungen bis zum 19. April 2008 fort. Mit Bescheid vom 31. Januar 2008 teilte die Beklagte der Klägerin mit, der Anspruch auf Krankengeld ende am 24. April 2008. Wegen derselben Krankheit, die zurzeit Arbeitsunfähigkeit begründe, habe sie innerhalb der dreijährigen Rahmenfrist bereits vom 15. Mai 2006 bis 9. Juni 2006 Krankengeld (26 Tage) bezogen. Unter Anrechnung dieser Vorerkrankungszeiten bestehe ein Anspruch auf Krankengeld für 520 Tage ab Beginn der aktuellen Arbeitsunfähigkeit. Demnach könne das Krankengeld bis längstens zum 24. April 2008 gezahlt werden. Ab dem 20. April 2008 bezog die Klägerin Leistungen der Bundesagentur für Arbeit, ab dem 1. Juli 2008 in Höhe von 15,66 € täglich.
Ab 3. Juni 2009 war sie wegen “Sonstiger näher bezeichneter Arthrose und Coxarthrose„ arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte holte eine Auskunft der behandelnden Ärztin Dipl.-Med. L. vom 26. Juni 2009 ein, wonach es sich bei den Erkrankungen vom
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27. November 2006 - 20. April 2008 |
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Arthritis, nicht näher bezeichnet, nicht näher bezeichnete Lokalisationen |
9. März 2007 - 20. April 2008 |
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degenerative Veränderungen, LWS, Knie, Hüften |
19. November 2007 - 20. April 2008 |
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Gelenkschmerz mehrere Lokalisationen |
um dieselben Erkrankungen wie die der Arbeitsunfähigkeit ab 3. Juni 2009 zu Grunde liegenden Erkrankungen handelt.
Mit Bescheid vom 20. Juli 2009 teilte sie der Klägerin das Ende der Mitgliedschaft mit dem Ende der Leistungsfortzahlung durch die Bundesagentur für Arbeit am 14. Juli 2009 mit. Wegen derselben Krankheit, die zurzeit Arbeitsunfähigkeit begründe, habe sie innerhalb der dreijährigen Rahmenfrist bereits vom 27. November 2006 bis 20. April 2008 (richtig: 19. April 2008) Krankengeld bezogen.
Hiergegen erhob die Klägerin am 21. August 2009 Widerspruch mit der Begründung, ihre letzte Arbeitsunfähigkeit sei zum 19. April 2008 beendet worden, seit dem 20. April 2008 habe sie dem Arbeitsmarkt zur Verfügung gestanden. Sie verwies auf den Bescheid der Beklagten vom 31. Januar 2008. Demnach habe die erste Blockfrist habe am 15. Mai 2006 begonnen und am 14. Mai 2009 geendet, die zweite Blockfrist am 15. Mai 2009 begonnen und ende am 14. Mai 2012. Während der zweiten Blockfrist habe sie wieder Anspruch auf Krankengeld auf bis zu 78 Wochen, wenn die Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) erfüllt seien. Mit Schreiben vom 4. September 2009 teilte die Beklagte der Klägerin mit, der Dreijahreszeitraum für die Erkrankung “Coxarthrose„ laufe vom 27. November 2006 bis 26. November 2009. Vom 15. Mai bis 9. Juni 2006 sei sie mit der Diagnose “Kreuzschmerz„ arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Der Dreijahreszeitraum für die Erkrankungen “Kreuzschmerzen, Zervicobrachialsyndrom, Gonarthrose„ laufe vom 15. Mai 2006 bis 14. Mai 2009. Die Krankheit, die aktuell Arbeitsunfähigkeit begründe, sei bereits zu den Erkrankungen, die die Arbeitsunfähigkeit vom 21. November 2006 bis 20. April 2008 bedingten, am 27. November 2006 hinzugetreten. Die Dreijahresfrist beginne mit dem Tag des erstmaligen Eintritts der Arbeitsunfähigkeit am 27. November 2006. Mit Widerspru...