Leitsatz (amtlich)

1. Eine Erkrankung der Menisken im Sinne der BK 2102 ist nur dann anzunehmen, wenn die bestehende Schädigung der Menisken als dem Lebensalter vorauseilend einzuschätzen ist.

2. Der für die Sicherung einer Meniskopathie im Sinne der BK 2102 erforderliche Nachweis einer dem Alter vorauseilenden Texturstörung kann nur makroskopisch geführt werden. Auch sonstige anzustellende Kausalitätserwägungen machen die Auswertung eines makroskopischen Befundes erforderlich.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Meiningen vom 23. März 2022 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2102 (Meniskopathie) der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) hinsichtlich des rechten Kniegelenks.

Der 1960 geborene Kläger arbeitete seit 1976 als Baufacharbeiter (vornehmlich als Fliesen-, Pflaster- und Plattenleger). Seit 2001 unterzog er sich wiederholt ärztlichen Behandlungen wegen Kniebeschwerden. Der behandelnde Arzt zeigte am 4. September 2017 gegenüber der Beklagten den Verdacht auf das Vorliegen einer Berufskrankheit Gonarthrose (BK 2112) an. Daraufhin zog die Beklagte diverse ärztliche Befundunterlagen der behandelnden Ärzte bei. Sie erweiterte das Prüfverfahren auf die Voraussetzungen einer BK 2102. Die Beratungsärztin der Beklagten H verneinte in einer Stellungnahme vom 9. Januar 2018 das Vorliegen einer signifikant altersvorauseilenden Gonarthrose. Bereits durch MRT vom 13. Oktober 2015 sei am linken Kniegelenk eine Innenmeniskushinterhorndegeneration festgestellt worden. An diesem Kniegelenk sei 2006 eine Meniskusteilresektion durchgeführt worden und nochmals im Januar 2013 eine Arthroskopie bei Korbhenkelriss medial. Eine Begutachtung zum Vorliegen der Voraussetzungen der BK 2102 werde empfohlen. Daraufhin lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 8. März 2018 die Anerkennung einer BK 2112 ab. Das Prüfverfahren bezüglich der BK 2102 wurde weitergeführt. Am 1. November 2018 führte eine Mitarbeiterin des Technischen Aufsichtsdienstes der Beklagten (TAD) ein Gespräch mit dem Kläger. Bezüglich des Gesprächsinhalts wurde ein Protokoll gefertigt und vom Kläger unterschrieben. In einer Stellungnahme zur Arbeitsplatzexposition vom 7. November 2018 führte der TAD aus, dass der Kläger während seiner beruflichen Tätigkeit zusammenfassend ca. 40 Jahre mit Unterbrechungen einer Meniskusbelastung von 5 bis 65 % Zeitanteil pro Arbeitsschicht teilweise ausgesetzt gewesen sei. Daraufhin beauftragte die Beklagte nach Anhörung des Klägers den Chefarzt der S1 Klinik S2 M mit der Erstellung eines orthopädisch-unfallchirurgischen Gutachtens. Das Gutachten vom 29. Mai 2019 wurde sowohl von M als auch dessen leitendem Oberarzt J unterzeichnet. Ausweislich des Gutachtens sind im Bereich des linken Kniegelenks die Voraussetzungen einer Meniskuserkrankung teilweise erfüllt. Eine Meniskusanomalie sowie eine Osteochondrosis dissecans seien zu verneinen, ebenso wie eine primäre Arthropathie oder eine Einklemmung von Synovialfalten. Für das rechte Kniegelenk könne nicht abschließend beurteilt werden, ob eine Meniskuserkrankung vorliege. Dies könne mangels bildgebender Befunde nur aufgrund des klinischen Untersuchungsbefunds gemutmaßt werden. Hier sei die Durchführung einer Kernspintomografie erforderlich. Zum jetzigen Zeitpunkt sei eine Meniskuserkrankung daher nur für das linke Kniegelenk vollbewiesen und für das rechte hingegen nicht.

Daraufhin erkannte die Beklagte durch Bescheid vom 24. Juli 2019 eine BK 2102 mit Eintritt des Versicherungsfalls am 2. Mai 2006 an. Als Folge der Berufskrankheit wurden anerkannt:

„Vorderhornlappenriss lateraler Meniskus mit beginnendem Korbhenkelriss, beginnendem Sandwichriss medialer Meniskus Pars intermedia links, Z. n. Arthroskopie vom 7. Januar 2013 mit geringgradigem Streckdefizit links, sowie mediale Gonarthrose Grad I - II und retropatellare Chondromalazie“.

Ausdrücklich nicht als Folge der Berufskrankheit wurden Kniegelenkbeschwerden rechts anerkannt. Ein Anspruch auf Rente wurde abgelehnt, da die Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht im rentenberechtigenden Umfang nachgewiesen sei. Hiergegen legte der Kläger fristgerecht Widerspruch ein. Durch Widerspruchsbescheid vom 12. August 2020 wies die Beklagte den eingelegten Widerspruch zurück. Hinsichtlich des rechten Kniegelenks habe ein primärer Meniskusschaden nicht im geforderten Vollbeweis gesichert werden können. Der durch den Gutachter geäußerte Verdacht auf eine rechtsseitige Innenmeniskusschädigung reiche hierfür nicht aus. Die empfohlene Kernspintomografie des rechten Kniegelenks sei allein nicht zielführend, da nach der unfallmedizinischen Literatur die bildtechnische Darstellung mittels Kernspintomografie nicht ausreiche, um die erforderliche primäre Meniskuserkrankung nachzuweisen. Hierfür wäre ein aussagekräftiger Arthroskopiebefund mit feingeweblicher Untersuchun...

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