Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Berufung. fehlendes Rechtsschutzbedürfnis. Bagatellstreitwert. Grundsicherung für Arbeitsuchende. Verletzung der Rundungsregelungen gem § 41 Abs 2 SGB 2
Leitsatz (amtlich)
1. Einzelfall einer Berufung, mit der sich ein Jobcenter gegen eine Verurteilung zur Zahlung von weiteren 0,10 € SGB II-Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für einen Monat wandte.
2. In diesem Fall hat der Senat kein sachliches Bedürfnis für das Rechtsmittel gesehen, weil ein wirtschaftlich sinnvoller Vorteil des Beklagten nicht erkennbar ist. Das Kosteninteresse hat wegen § 144 Abs 4 SGG unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Einzelfalls außer Betracht zu bleiben.
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 14. Juni 2012 wird verworfen.
Der Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Beklagte wendet sich im Berufungsverfahren gegen das Urteil des Sozialgerichts, wonach er der Klägerin für den Monat August 2009 weitere Leistungen zur Grundsicherung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Höhe von 0,10 € gewähren soll.
Die Klägerin bezog auch im August 2009 vom Beklagten Grundsicherungsleistungen. Die Höhe der Leistungen im Bewilligungszeitraum 1. April 2009 bis 30. September 2009 war zwischen den Beteiligten streitig. In dem dazu geführten Rechtsstreit vor dem Sozialgericht Nordhausen ( Az.: S 28 AS 2583/09) schlossen die Beteiligten am 18. November 2010 einen Vergleich, in dem sich der Beklagte verpflichtete, die Leistungen für die Monate Juli 2009 bis März 2010 unter gewissen Vorgaben neu zu berechnen. In Ausführung dieses Vergleichs erließ der Beklagte am 14. April 2011 einen Änderungsbescheid für den Monat August 2009, in dem der Klägerin eine monatliche Leistung in Höhe von 132,90 € bewilligt wurde. Den dagegen gerichteten Widerspruch verwarf der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 3. Juni 2011 als unzulässig, weil aus seiner Sicht der Änderungsbescheid vom 14. April 2011 Gegenstand des durch den Vergleich beendeten Klageverfahrens geworden sei.
Mit ihrer Klage vor dem Sozialgericht Nordhausen wandte sich die Klägerin gegen diese Vorgehensweise und begehrte, ihr für den Monat August ,,Leistungen nach dem SGB II„ zu bewilligen, wobei sie die Rechtswidrigkeit des Änderungsbescheides vom 14. April 2011 mit der Nichtbeachtung der Rundungsregelung begründete. Außerdem beantragte die Klägerin im Klageverfahren die Kostenentscheidung des Widerspruchsbescheids abzuändern. Das Sozialgericht Nordhausen gab der Klage mit Urteil vom 14. Juni 2012 teilweise statt und verurteilte die Beklagte unter Beachtung der Rundungsregelung zur Zahlung von weiteren 0,10 €. Die darüber hinaus gehende Klage wurde abgewiesen.
Dagegen wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung. Er ist der Ansicht, dass bereits die Klage unzulässig gewesen sei, weil mangels Bevollmächtigung kein ordnungsgemäßes Vorverfahren durchgeführt worden sei. Darüber hinaus habe der Klage auch das Rechtsschutzbedürfnis gefehlt, weil allein die Verletzung der Rundungsregelung die Inanspruchnahme die gerichtlichen Rechtschutzes nicht rechtfertigen. Letztlich sei die Klägerin auch tatsächlich überzahlt gewesen, wenn man entgegen der Berechnung im Bescheid vom 14. April 2010 die Zahlung von 14,16 € monatlich in die Betriebliche Altersvorsorge nicht vorab vom Nettoeinkommen abziehe, sondern später als Absetzungsbetrag nach § 11 Abs. 2 SGB II berücksichtige.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 14. Juni 2012 abzuändern und die Klage auch im Übrigen abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Es bestehe ein Anspruch auf Rundung. Der Beklagte selbst sei im Widerspruchsverfahren von einer Bevollmächtigung ausgegangen und habe den Widerspruchsbescheid an den jetzigen Prozessbevollmächtigten übersandt. Etwaige Mängel der Vollmacht seien durch die Vorlage einer entsprechenden Vollmacht im Klageverfahren geheilt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Die Verwaltungsakte des Beklagten und die Gerichtsakte lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist unzulässig. Sie ist zwar statthaft, weil das Sozialgericht die Berufung zugelassen hat, doch obliegt es dem Berufungsgericht, die darüber hinaus gehenden Zulässigkeitsvoraussetzungen zu prüfen. Vorliegend fehlt dem Beklagten das Rechtsschutzinteresse. Auch für Rechtsmittel gilt der allgemeine Grundsatz, dass niemand die Gerichte grundlos oder für unlautere Zwecke in Anspruch nehmen darf (hierzu BSG, Urteil vom 8. Mai 2007, B 2 O 3/06 R). Das ist aber im Hinblick auf die vorliegende Berufung der Fall.
Zwar ist das Rechtschutzbedürfnis keine besondere Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels, sondern ergi...