Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschäftigungszeiten nach dem AAÜG: Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz. Staatlicher Forstwirtschaftsbetrieb. Produktionsbetrieb. Auferlegung von Kosten
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei einem staatlichen Forstwirtschaftsbetrieb in der DDR handelte es sich weder um einen VEB noch war dessen Hauptzweck auf die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion von Sachgütern ausgerichtet.
2. Zu den im Rahmen des § 192 Abs. 1 S. 2 SGG zu berücksichtigenden Kosten des Gerichts zählen die allgemeinen Gerichtshaltungskosten. Der durchschnittliche Personal- und Materialaufwand für ein Verfahren der zweiten Instanz beträgt ca. 1.000 Euro.
Normenkette
AAÜG § 1 Abs. 1; SGG § 192
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nordhausen vom 9. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Der Kläger hat Gerichtskosten in Höhe von 600,00 Euro an die Staatskasse zu zahlen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte als Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme der Anlage 1 Nr. 1 bis 26 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) die Beschäftigungszeiten vom 1. August 1973 bis zum 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem und die in diesen Zeiten tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen hat.
Der 1949 geborene Kläger erwarb nach Abschluss seines Studiums an der Ingenieurschule für Forstwirtschaft S. die Berechtigung zur Führung des Titels “Forstingenieur„ (Ingenieururkunde vom 20. Juli 1973). Vom 1. August 1973 bis 30. Juni 1990 war er mit Unterbrechung durch seinen Wehrdienst bei der NVA (2. Mai 1974 bis 31. Oktober 1975) als Forstingenieur bzw. Revierförster im Staatlichen Forstwirtschaftsbetrieb Sn. tätig.
Eine Versorgungszusage erhielt der Kläger vor Schließung der Versorgungssysteme nicht; Beiträge zahlte er zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) nicht.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 16. November 2005 die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) u.a. mit der Begründung ab, der Staatliche Forstwirtschaftsbetrieb Sn. sei kein volkseigener oder diesem gleichgestellter Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 7. Februar 2006).
Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 9. Oktober 2006 abgewiesen.
Mit seiner Berufung trägt der Kläger vor, er habe einen Anspruch auf fiktive Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz nach Nr. 1 der Anlage 1 AAÜG, weil er die Voraussetzungen der Verordnung über die zusätzliche Alterversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (ZAVO-techInt, GBl. I Nr. 93, S. 844) bzw. der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24. Mai 1951 (nachfolgend: 2. DB z. ZAVO-techInt, GBl. Nr. 62, S. 487) erfülle. Das Sozialgericht habe verkannt, dass der Staatliche Forstwirtschaftbetrieb der DDR keine Verwaltungstätigkeit ausübte, sondern primär die Aufgabe hatte, die Industrie mit dem Rohstoff “Holz„ zu versorgen. Diese “Holzproduktion„ sei wesentliches Aufgabengebiet der Staatlichen Forstwirtschaftsbetriebe gewesen und in Form einer serienmäßigen Massenproduktion organisiert worden. Die Staatlichen Forstwirtschaftsbetriebe stellten neben der Rohholzproduktion in der Massenproduktion Holzhäuser vom Typ “Possen„ sowie Zaunmaterial her. Die Nichtberücksichtigung zu den den volkseigenen Produktionsbetrieben gleichgestellten Betrieben sei eine Verletzung des verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nordhausen vom 9. Oktober 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 16. November 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Februar 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Zeit vom 1. August 1973 bis 30. Juni 1990 als Zugehörigkeitszeit zu dem Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) und die während dessen erzielten Entgelte und sonstigen Sachverhalte im Sinne des AAÜG festzustellen und dem Rentenversicherungsträger mitzuteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf den Inhalt ihrer angefochtenen Bescheide sowie die Gründe des in erster Instanz ergangenen Urteils. Die betriebliche Voraussetzung für die fiktive Einbeziehung des Klägers in das Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz liege nicht vor, weil der Staatliche Forstwirtschaftsbetrieb Sn. zum Stichtag des 30. Juni 1990 kein VEB der industriellen Massenproduktion im Sinne der Rechtsprechung des Bunde...