Zusammenfassung

 
Begriff

Im Verwaltungsverfahren prüft der Sozialversicherungsträger die Voraussetzungen einer Entscheidung, bereitet diese vor und trifft darüber eine Entscheidung (Verwaltungsakt). Das Verwaltungsverfahren wird vom Sozialversicherungsträger durchgeführt und hat einen oder mehrere Beteiligte. Der Beteiligte hat verschiedene Rechte und Pflichten, die zu beachten sind. Wenn die Beteiligtenrechte nicht beachtet werden, ist eine Entscheidung rechtswidrig. Das Verwaltungsverfahren ist für den Beteiligten kostenfrei.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Sozialversicherung: Das Verwaltungsverfahren ist in den §§ 1 bis 66 SGB X geregelt.

1 Beginn

Das Verwaltungsverfahren beginnt, wenn der Sozialversicherungsträger

  • Ermessen ausüben will und mit einer entsprechenden Mitteilung an den Beteiligten herantritt,
  • von Tatsachen erfährt, die ihn zur Einleitung des Verwaltungsverfahrens von Amts wegen veranlassen,

oder wenn beim Sozialversicherungsträger ein Antrag gestellt wird.[1]

 
Praxis-Beispiel

Einleitung eines Verwaltungsverfahrens

  • Ermessen wird ausgeübt, wenn über die Folgen einer unterlassenen Mitwirkung entschieden werden soll.[2]
  • Die Versicherungspflicht wird von Amts wegen festgestellt.[3]
  • Über Leistungsansprüche wird aufgrund eines Antrags entschieden.[4]

Damit entsteht zwischen dem Sozialversicherungsträger und dem Beteiligten ein Verfahrensrechtsverhältnis mit gegenseitigen Rechten und Pflichten.

 
Hinweis

Rechtsfolgen

Mit einem Verwaltungsverfahren können auch materiell-rechtliche Folgen verbunden sein (z. B. Ansprüche auf Vorschüsse, vorläufige Leistungen, Verzinsung oder Sonderrechtsnachfolge).

2 Durchführung

Das Verwaltungsverfahren wird einfach, zweckmäßig und zügig durchgeführt. Es ist nicht an bestimmte Formen gebunden. Ausnahmen sind zu beachten, wenn besondere Vorschriften eine bestimmte Form vorschreiben.

 
Praxis-Beispiel

Förmliches Verwaltungsverfahren

  • Versicherungsberechtigte erklären ihren Beitritt zur Krankenkasse schriftlich.[1]
  • Entscheidungen über Leistungen der Renten- oder Unfallversicherung werden schriftlich getroffen.[2]
  • Eine unterlassene Anhörung wird während des Verfahrens vor den Sozialgerichten durch ein förmliches Verwaltungsverfahren nachgeholt.[3]

Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt wird durch den Sozialversicherungsträger von Amts wegen ermittelt.[4] Dieser übt Ermessen über den Umfang der Ermittlungen aus. Der Beteiligte hat daran mitzuwirken.[5]

Beteiligte vertreten ihre Interessen selbst oder durch einen gesetzlichen Vertreter. Sie können sich auch durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen oder einen Beistand hinzuziehen.

 
Hinweis

Vertreter des Beteiligten

Wenn sich der Beteiligte nicht selbst vertritt, kann ein Vertreter durch das Betreuungsgericht bestellt werden.[6]

3 Abschluss

Das Verwaltungsverfahren wird abgeschlossen, indem ein Verwaltungsakt erlassen wird. Dieser muss inhaltlich hinreichend bestimmt und eindeutig sein. Über die Form (mündlich oder schriftlich) entscheidet der Sozialversicherungsträger. Ausnahmen gelten, wenn die Schriftform gesetzlich vorgeschrieben ist.

 
Hinweis

Formeller Verwaltungsakt

Willenserklärungen, die lediglich den Anschein vermitteln, es läge eine verbindliche Regelung des öffentlichen Rechts und damit ein Verwaltungsakt vor (z. B. durch die Überschrift als Bescheid, Hinweis auf Widerspruchsrecht in der Rechtsmittelbelehrung), sind der äußeren Form nach formelle Verwaltungsakte. Sie sind durch den Adressaten mit Rechtsmitteln angreifbar und durch die Behörde aufzuheben. Durch die Existenz eines solchen formellen Verwaltungsakts ist der Adressat mit dem Risiko behaftet, dass die Behörde in Zukunft insoweit auf einen "bestandskräftigen Verwaltungsakt" hinweist.[1]

4 Beteiligte

An Verwaltungsverfahren sind beteiligt[1]:

  • der Antragsteller,
  • der Antragsgegner,
  • der Adressat der Entscheidung und
  • die zum Verfahren hinzugezogenen Personen.

Ein Verwaltungsverfahren kann mehrere Beteiligte haben. Der Beteiligtenstatus setzt Beteiligungsfähigkeit voraus.

 
Praxis-Beispiel

Beteiligte

 
Begriff Erläuterung Beispiel Rechtsgrundlage
Antragsteller Ein Antragsteller wendet sich mit einer Willenserklärung an den Sozialversicherungsträger. Ein Versicherter beantragt Leistungen. § 19 Satz 1 SGB IV
Antragsgegner Antragsgegner ist derjenige, in dessen Rechte aufgrund eines Antrags eingegriffen werden soll. Ein Ehegatte beantragt, laufende Geldleistungen eines Versicherten abzuzweigen, weil die Unterhaltspflicht durch diesen verletzt wird. § 48 SGB I
Adressat der Entscheidung Wenn der Sozialversicherungsträger aufgrund eingeräumten Ermessens oder von Amts wegen entscheidet, ist der Adressat am Verwaltungsverfahren beteiligt. Eine Krankenkasse entscheidet über die Versicherungspflicht. § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV
Hin...

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