Entscheidungsstichwort (Thema)
kein Anspruch auf Widerruf einer gutachterlichen Stellungnahme des Jugendamtes an das Familiengericht
Normenkette
VwGO § 123; SGB VIII § 50
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Tatbestand
I.
Die Antragstellerin begehrt den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den gegenüber dem Familiengericht … abgegebenen Bericht vom … März 2012 vorläufig zurückzuziehen.
Die drei ehelichen Kinder der Antragstellerin leben seit der Trennung der Antragstellerin von ihrem seit dem … 2009 von ihr geschiedenen Ehemann bei der Antragstellerin. Die elterliche Sorge steht beiden Elternteilen gemeinsam zu.
Am … Februar 2012 beantragte die Antragstellerin die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge sowie den Ausschluss des Umgangsrechts ihres geschiedenen Ehemannes mit seinen Kindern. Im Rahmen dieses Verfahrens wurde der Antragsgegner durch das Amtsgericht mit Schreiben vom …. Februar 2012 aufgefordert, eine Stellungnahme zur Regelung der elterlichen Sorge sowie der beantragten Umgangsaussetzung abzugeben. Diese wurde durch den Antragsgegner am … März 2012 an das Amtsgericht übersandt.
Am 12. Juni 2012 beantragte der Bevollmächtigte der Antragstellerin,
den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO zu verpflichten, den gegenüber dem Familiengericht … abgegebenen Bericht des Antragsgegners vom … März 2012 vorläufig zurückzuziehen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt:
Das Familiengericht … habe den Haupttermin schon für den … Juni 2012 festgesetzt. Am … März 2012 habe ein Treffen des Kindsvaters und einer Mitarbeiterin des Antragsgegners unter vier Augen in den Amtsräumen des Antragsgegners stattgefunden. Über dieses Treffen sei ein offizieller Bericht erstellt und an das Familiengericht … geschickt worden, der erst einen Monat später den Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin „aufgesperrt” worden sei. Die Mitarbeiterin des Antragsgegners habe in ihrer Zuschrift an das Gericht insbesondere hervorgehoben, dass die Antragstellerin angeschrieben und zu einem Termin mit ihren Kindern in das Jugendamt eingeladen worden sei. Sie sei indes nicht erschienen und habe den Gesprächstermin auch nicht abgesagt. Die Antragstellerin habe jedoch weder durch die Post noch durch einen Boten eine Einladung des Jugendamtes zu einem Gespräch am … März 2012 erhalten. In dem Bericht werde abschließend ausgeführt, dass ein Entzug des Sorgerechts des Vaters und die Verwehrung des Umganges hier nicht gerechtfertigt erscheine. Unter Hinweis auf § 17 SGB X habe die Antragstellerin mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom … Mai 2012 den Antragsgegner ersucht, den Bericht durch ein zweites Schreiben an das Familiengericht … bis spätestens … Mai 2012 zurückzuziehen. Mit E-Mail vom … Mai 2012 habe der Antragsgegner erklärt, dass keine Gründe ersichtlich seien, warum das dem Gericht vorgelegte Schreiben zurückgezogen werden sollte. Die Antragstellerin habe einen Rechtsanspruch darauf, dass die gänzlich einseitige, unzutreffende und unter eklatanter Verletzung ihres rechtlichen Gehörs zustandegekommene „Stellungnahme” der abgelehnten Mitarbeiterin des Antragsgegners vorläufig zurückgezogen werde.
Mit Schriftsatz vom 20. Juni 2012 beantragte der Antragsgegner
den Antrag abzulehnen.
Es sei keine Rechtsgrundlage ersichtlich, aus der sich ein im gerichtlichen Verfahren durchsetzbarer Rechtsanspruch der Antragstellerin ergeben könnte, die Stellungnahme, welche im Rahmen eines familiengerichtlichen Verfahrens abgegeben worden sei, zu widerrufen, zurückzunehmen oder sonst für unbrauchbar erklären zu lassen. Das Jugendamt unterstütze gemäß § 50 Abs. 1 SGB VIII das Familiengericht bei Entscheidungen zur Personensorge von Kindern und Jugendlichen. Hierzu gebe es in seinen Berichten gutachterliche Stellungnahmen nach § 50 Abs. 2 SGB VIII ab. Adressat dieser Stellungnahme sei ausschließlich das Gericht und nicht das Kind oder die Eltern, so dass sich diese gegen die Stellungnahme nicht gesondert auf den Verwaltungsrechtswege wehren könnten. Ob und in welchem Umfang die von der Fachbehörde vorgelegten Gutachten bei den Entscheidungen der Familiengerichte Verwendung fänden, sei ausschließlich im Verfahren vor diesen Gerichten zu klären. Die Verwaltungsgerichte seien nicht befugt, durch Verwertungsverbote von vorgelegten Jugendamtsberichten in die Entscheidungsfindung der Familiengerichte einzugreifen. Der verfassungsrechtlich nach Art. 19 Abs. 4 GG gebotene Rechtsschutz der Antragstellerin sei dadurch gewährleistet, dass sie – im Rahmen der jeweiligen Verfahrensordnung – Rechtsbehelfe gegen die Entscheidungen der Familiengerichte ergreifen könne.
Auch ein Anordnungsgrund bestehe nicht, da zwischenzeitlich der familiengerichtliche Termin vom … Juni 2012 aufgehoben worden sei. Hierzu legte der Antragsgegner die Aufhebungsanordnung des Amtsgerichts … vom … Juni 2012 vor.
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